Neurodermitis führt zu GdB 50 und Schwerbehinderung durch Klage vor dem Sozialgericht

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Heute berichte ich über einen Fall, den ich bei dem Sozialgericht Hannover für einen Mandanten mit dem Ziel geführt habe, dass dieser als schwerbehinderter Mensch anerkannt wird. Die Anerkennung schwerbehinderter Menschen mit einem GdB von 50 führt zu einer Reihe von Nachteilsausgleichen die zum Beispiel dem Sonderkündigungsschutz, welcher dem Kläger besonders wichtig war. Außergerichtlich hatte der Kläger bereits einen gerade GdB von 40 erreicht. Erfahren Sie nachstehend, wie ich die Anerkennung der Schwerbehinderung für den Kläger durchgesetzt habe.

 

Widerspruchsbescheid gewährt Gesamt-GdB von 40

im Widerspruchsbescheid war dem Kläger ein Gesamt-GdB von 40 gewährt worden. Dieser Gesamt-GdB sollte sich nach der Begründung im Widerspruchsbescheid durch einen Einzel-GdB von 30 für die Hörminderung des Klägers zusammensetzen und einen Einzel-GdB von 20 für den Diabetes mellitus des Klägers. Als weitere Erkrankungen mit einem Einzel-GdB von jeweils 10 nannte das Beklagte Versorgungsamt die Hauterkrankung des Klägers, Asthma bronchiale, psychisches Leiden sowie eine umformende Wirbelsäulen - und Gelenksveränderungen. Zwar benötigte der Kläger nur die Erhöhung des Gesamt-GdB von 10, zeigt die Erfahrung im Schwerbehindertenrecht, dass dieser Sprung oft schwer ist.

 

Klage bei dem Sozialgericht: Höherbewertung von Depression und Hauterkrankung

Nach Prüfung der Attestlage des Klägers habe ich mit der Klage vor dem Sozialgericht vor allem eine höhere Bewertung der psychischen Erkrankung (Depression) und der Hauterkrankung (Neurodermitis) geltend gemacht. Hinsichtlich der psychischen Erkrankung gilt nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen, dass bei stärker bindenden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis - und Gestaltungsfähigkeit wie beispielsweise ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder atropische Störung, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen ein Einzel-GdB von 30-40 angemessen ist sowie bei schwereren Störungen mit mittelgradigen Anpassungsschwierigkeiten sogar ein Einzel-GdB von 50-70 festzustellen ist. Hier konnte ausgeführt werden, dass der Kläger langjährig depressiv erkrankt ist und insoweit auch in regelmäßiger ärztlicher Behandlung sich befand. Aus dem vorliegenden Attest ergab sich, dass der Kläger infolge der Depression antriebslos, erschöpft, lustlos und vermindert schwingungsfähig und belastbar war. Hinsichtlich der Hauterkrankung lagen aussagekräftige Atteste nicht vor. Das Sozialgericht nahm Amtsermittlung vor und schrieb die Ärzte des Klägers an. Im Rahmen der Amtsermittlungen ergab sich, dass die depressive Erkrankung sich gebessert hatte. Früher vormals vorhandene Panikattacken traten bei dem Kläger nicht mehr auf.

 

Sachverständigengutachten: Neurodermitis möglicherweise zu berücksichtigen

im Rahmen seiner weiteren Amtsermittlungspflicht  erließ das Sozialgericht einen Beweisbeschluss zur Einholung eines Sachverständigengutachtens. In diesem Rahmen ist der Kläger insbesondere Hals-Nasen-Ohren ärztlich untersucht worden. Diese bestätigte im Prinzip die durch die Beklagte gefundene Bewertung für die Hörminderung des Klägers. Da es sich um einen Hals-Nasen-Ohrenärztliches Gutachten handelte, konnten mögliche andere Erkrankungen des Klägers richtigerweise nicht durch diesen Gutachter bewertet werden. Der Sachverständige hat allerdings in dem Gutachten die Neurodermitis des Klägers mehrfach angesprochen und sogar ausgeführt, dass für diese ein Einzel-GdB zu bilden sei. Das Sozialgericht hat daraufhin aufgeführt, dass das Gutachten das Klagebegehren nicht stütze und insoweit angefragt, ob Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid besteht. Eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid kommt infrage, wenn die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Gegen dieses Vorhaben haben wir uns gewehrt.

 

Neurodermitis in den versorgungsmedizinischen Grundsätzen

Für den Kläger habe ich dann aufgeführt, dass bei atypischen Ekzemen und bei Neurodermitis nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen gilt, dass bei geringen Auswirkungen ein GdB von 10 zu geben ist, bei länger andauernden Beeinträchtigungen ein GdB von 20-30 und bei Gesichtbefall sogar ein GdB von 40 infrage kommt. Wir haben dem Gericht weiter vorgehalten, was in dem Sachverständigengutachten hinsichtlich der Neurodermitis ausgeführt worden ist. Zudem haben wir Fotos eingereicht, die schweren Neurodermitisbefall an Füßen, Gesicht und Kniekehle zeigten. Das Gericht hat daraufhin von einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung abgesehen.

 

Mündliche Verhandlung bei dem Sozialgericht führt zum Vergleich

Es gab dann einen Termin bei dem Sozialgericht, in dem wir die Beeinträchtigungen durch die Neurodermitis und den schubartigen Krankheitsverlauf darstellen konnten. Erheblich war für das Gericht auch, dass die Hauterkrankung den Kläger bei der Nutzung von Hörgeräten hinderte beeinträchtigte. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung kam dann ein Vergleich zustande, wonach dem Kläger nun zusätzlich ein Einzel-GdB für die Neurodermitis von 30 gewährt werden konnte, sodass dem Kläger ein Gesamt-GdB von 50 zugesprochen werden konnte und er damit als schwerbehinderter Mensch anerkannt wurde, sodass das Klageziel erreicht worden ist.

 

Rechtsanwalt benötigt Ablehnungsbescheid, Widerspruchsbescheid und Vollmacht

Befinden Sie sich auch gerade im Kampf mit ihrem Versorgungsamt um die Anerkennung ihrer Schwerbehinderung. Stehen Sie vor der Frage, ob Sie bei dem Sozialgericht eine Klage erheben sollen? Als Rechtsanwalt im Schwerbehindertenrecht setzen wir für Sie GdB und Merkzeichen bei dem Sozialgericht durch. Wir helfen Ihnen bundesweit und wenn wir uns mit ihrer Klage bei dem Sozialgericht beauftragen wollen, dann benötigen wir folgende Unterlagen von Ihnen:

  • Bescheid über die Ablehnung eines GdB bzw. Merkzeichen, Feststellungsbescheid, Entziehungsbescheid
  • ihren Widerspruch dagegen
  • Widerspruchsbescheid des Versorgungsamtes
  • Vollmacht
  • ärztliche Atteste, soweit vorhanden
  • Daten Ihrer Rechtsschutzversicherung

Klageverfahren bei dem Sozialgericht in Schwerbehindertenangelegenheiten sind sehr gut digital zu betreiben. Gerne können Sie Ihre Unterlagen als PDF per E-Mail übersenden und so unsere Tätigkeit veranlassen.


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