Klimaproteste der Letzten Generation. Ist das legal? Drohen Strafen?

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Farbe auf wertvollen Bilder im Museen spritzen. Festkleben an Gemälden oder auf Straßen.  

Mit solchen Aktionen versucht die Friday for Future Bewegung auf die Klimakrise aufmerksam zu machen.

Sind solche Protestaktionen legal? Gibt es ein Notwehrrecht der Klimaaktivisten? Welche Straftaten werden durch solche Aktionen verwirklicht? Welche Strafen können drohen?
 
Dies erfahrt ihr hier und in meinem Video.
 

Regelmäßig kommt es bei diesen Protesten zu Strafverfahren wegen Nötigung oder z. B.  Sachbeschädigung. Die von ihnen erhofften Freisprüche blieben bisher aus.
 
Bisher gab es über 200 Blockaden mit meist sieben bis zwölf beteiligten Personen. Die Strafverfolgung rollt, meist am Amtsgericht Berlin-Tiergarten. Die Blockierer erhalten zunächst Strafbefehle wegen (versuchter) Nötigung. Wenn sie dann Einspruch einlegen, kommt es zur mündlichen Verhandlung. Die ersten Strafurteile waren für dieses Delikt eher mild. Der Strafrahmen für Nötigung ist laut § 240 StGB bis zu 3 Jahre Haft.
 
Der 20-jährige Nils R. musste aber nur 60 Stunden Freizeitarbeit leisten. Der 22-jährige Henning Jeschke kam mit 200 Euro Geldstrafe (20 Tagessätze à 10 Euro) davon.
 
Drei Studenten in München kamen sogar nur mit einer Verwarnung davon. Bei jungen Erwachsenen bis 21 Jahren wird meist noch das Jugendstrafrecht angewandt.
 
Dennoch sind die Blockierer mit diesen Strafurteilen unzufrieden. Sie hatten Freisprüche erhofft und auch gefordert, weil die Blockaden nicht verwerflich und damit nicht strafbar seien. Wegen der Klimakrise liege angeblich ein „rechtfertigender Notstand“ vor.

 
Weshalb gab es dann dennoch keine Freisprüche, sondern Verurteilungen?
 
Ob sich jemand tatsächlich strafbar gemacht hat, hängt natürlich von den genauen Umständen des Einzelfalls ab. Aus Medienberichten lassen die sich meist nicht entnehmen.
 
Diese Entscheidung trifft am Ende der Hauptverhandlung nämlich einzig der entscheidende Strafrichter.
 
Wir schauen uns trotzdem hier mal an, welche  Straftaten vielleicht verwirklicht wurden und welche Konsequenzen daraus folgen.
 
 
Welche Straftaten kommen durch die Blockierer in Betracht?
 
1. Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte
 
Bei den meisten Protestaktionen liegt eine Strafbarkeit wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (hierfür droht in der Regel eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren) sowie wegen tätlicher Angriffe auf Vollstreckungsbeamte nahe.
 
Für tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte beläuft sich der Strafrahmen auf eine Freiheitsstrafe zwischen 3 Monaten und 5 Jahren. Bestraft wird hier, wer durch Gewalt oder Drohungen die Vollstreckung rechtmäßiger Diensthandlungen behindert.
 
Da kann schon genügen, wenn man sich körperlich gegen die Festnahme oder dem Wegtragen von der Straße wehrt.
 

2. Behinderung von hilfeleistenden Personen
 
Wenn Feuerwehr, Ärzte, Sanitäter oder auch Krankenwagen im Stau der blockierten Straßen betroffen waren, greift § 115 Abs.3 StGB. Dafür drohen ebenfalls bis 3 Jahre Haft. Lagen Tätlichkeiten vor, drohen Freiheitsstrafen zwischen 3 Monaten und 5 Jahren.
 
Gehindert werden zum Einsatzort zu gelangen, behindert die Hilfeleistung ebenso wie ein direktes Vorgehen vor Ort, sodass auch das Verhindern, dass z. B. hilfeleistende Personen überhaupt erst zu dem Unfallort gelangen können, strafbar sein kann.
 
Voraussetzung für eine Straftat ist aber immer der Nachweis, dass tatsächlich ein Einsatz behindert wurde.
 

3. Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr?
 
Mit Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren wird bedroht, wer die Sicherheit des Straßenverkehrs durch Bereiten eines Hindernisses zu gefährdet. Das ist in § 315b StGB geregelt.
 
Dafür muss aber ganz konkret das Leben oder die Gesundheit eines Menschen oder Sachen von bedeutendem Wert einer anderen Person gefährdet werden. Dass es zu einem Schaden kommt, hängt dann nur noch vom Zufall ab.
 
Wenn durch die Blockade der Autobahn zum Beispiel, Unfälle durch erzwungenes Bremsen verursacht werden oder verhindert wird, dass ein Krankenwagen zu einer Unfallstelle gelangt, kann eine Gefahr für denjenigen, zu dem der Krankenwagen gelangen will, darstellen und daher strafbar sein.
 
Aber auch der Versuch des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr genügt schon. Dafür genügt es, wenn der Blockierende vorsätzlich eine derartige Gefahrensituation herbeiführen wollte und unmittelbar dazu ansetzte.
 
Die Strafbarkeit geht aber noch weiter. Strafbar ist, wenn der Blockierer die Gefahr gar nicht herbeiführen wollte, sie aber dennoch eintritt und dies sowohl vorhersehbar, als auch vermeidbar war.
 
Und auch das kann strafbar als Fahrlässigkeit sein. Dafür drohen aber geringere Strafen.
 

4. Nötigung der Autofahrer?
 
Im Zentrum der Strafverfahren steht aber bisher die Nötigung. Bestraft wird hier jemand, der jemanden anderen zu etwas zwingt.
 
Die Blockierer zwingen die Autofahrer dazu, stehen zu bleiben. Genau dies wollen sie. Rein theoretisch können die Autofahrer ja weiterfahren. Sie entscheiden sich ja bewusst dagegen, um die Blockierer nicht zu verletzen.
 
Gewaltlos ist das bloße Sitzen aber auf der Autobahn keinesfalls.
 
 
5. Kann auch das Sitzen auf der Autobahn Gewalt sein?
 
Auch das bloße Sitzen auf der Autobahn kann Gewalt sein. Gewalt ist nämlich körperlicher Zwang, der auch körperlich bei der anderen Person wirkt. Dass eine Person auf der Autobahn sitzt, ist ein körperlicher Zustand.
 
Dass der Fahrer des Autos unmittelbar vor dem Protestierenden nicht weiter fährt liegt aber daran, dass der Fahrer nicht den Aktivisten überfahren will. Also keine körperliche Wirkung.
 
Das gilt aber nicht für die nachfolgenden Fahrer im Stau. Die können nicht weiter fahren, weil jeweils ein Auto vor ihnen steht. Hier haben wir eine körperliche Wirkung.
 
Und das nutzt der Blockierer. Er nutzt den ersten Autofahrer, um den anderen Autofahrern ein körperliches Hindernis zu bereiten und so dazu zu zwingen, stehen zu bleiben.
 
Damit setzt der Blockierer Gewalt zur Nötigung zu einem Dulden (das Stehenbleiben) ein.
 
Und das kann eine strafbare Nötigung sein.

 
6. Darf man all das, um so die Klimakrise aufzuhalten? Rechtfertigender Notstand?
 
Eine eigentlich strafbare Handlung ist dann rechtmäßig, wenn sie der Abwehr einer „nicht anders abzuwendenden“ Gefahr dient und das geschützte Rechtsgut wesentlich höher wiegt als das angegriffene Rechtsgut, wie in Paragraf 34 des Strafgesetzbuchs geregelt.
 
Der Schutz des Klimas und unserer Lebensgrundlagen wiegt sicherlich wesentlich höher als die Bewegungsfreiheit von Autofahrern. Doch ist die Gefahr wirklich „nicht anders abwendbar“ als durch Straßenblockaden?
 
Entscheidend ist hier, dass die Blockaden an sich in keiner Weise geeignet sind, die Erderwärmung aufzuhalten. Selbst wenn man die kommunikative Wirkung solcher Blockaden sieht, so bleibt völlig ungewiss, ob sie die Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen erhöhen oder nicht sogar eher mindern.
 
Auch die weiteren Forderungen der Blockierer, vom Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung bis zum 9-Euro-Ticket, leisten eigentlich keinen nennenswerten Beitrag zur Klimastabilität. Das ist bestenfalls der Tropfen auf dem heißen Stein.
 
 
Bei einem rechtfertigenden Notstand wird ein eigentlich illegales Verhalten ausnahmsweise rechtmäßig, weil man genau damit einigermaßen wahrscheinlich einen Schaden verhindern kann. Und die Betonung liegt auf GENAU.
 
Genau dies liegt aber nicht vor. Ein im Sinne des Strafrechts rechtfertigender Notstand liegt hier daher nicht vor.


Weitere Infos finden Sie unter:

GLÜCK - Kanzlei für Strafrecht

Foto(s): GLÜCK - Kanzlei für Strafrecht

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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