Krankenkasse lehnt häusliche Krankenpflege ab: Diese Tipps helfen Ihnen!

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Ablehnung häusliche Krankenpflege Krankenkasse

Damit die medizinische Behandlung auch zu Hause gesichert ist, können Ärzte ihren Patienten häusliche Krankenpflege verordnen. Ambulante Pflegedienste bzw. Sozialstationen übernehmen dann die notwendigen Maßnahmen. Zum Beispiel Blutzuckermessung, Medikamentengabe oder das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen. Die Kosten dafür zahlt die Krankenkasse. Aber nicht immer spielt die Kasse mit. Doch was können Sie tun, wenn die Kasse die Kostenübernahme ablehnt?

Darf die Krankenkasse eine ärztliche Verordnung in Frage stellen?

Was viele stutzig macht: Darf die Kasse eine ärztliche Verordnung überhaupt in Frage stellen und schließlich sogar die Kostenübernahme für die häusliche Krankenpflege verweigern? Die Kasse ist doch beispielsweise auch nicht berechtigt, die ärztliche Einweisung in ein Krankenhaus zu prüfen und es am Ende sogar abzulehnen, die Kosten zu tragen.

In der Tat: Es gibt etliche Maßnahmen, die von den Krankenkassen nicht überprüft werden dürfen. Bei der häuslichen Krankenpflege ist das jedoch anders. Das regelt § 37 des fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V). Die Kostenübernahme für die Verordnungen häuslicher Krankenpflege ist also immer davon abhängig, dass die Krankenkasse sie schließlich genehmigt.

Von der ärztlichen Verordnung bis zum Bescheid

Der Weg bis zum Bescheid der Kasse ist meist folgender: Der Arzt verordnet zunächst die häusliche Krankenpflege. Hat der Patient noch keinen Pflegedienst, dann sucht er sich einen. Dieser regelt dann alles Weitere. Auf jeden Fall muss der Patient auf der Rückseite der ärztlichen Verordnung einen Antrag auf Kostenübernahme stellen. Dort gibt es einen Vordruck, der nur noch ausgefüllt und unterschrieben werden muss. Weiter unten macht dann der Pflegedienst zusätzliche Angaben und unterschreibt ebenfalls.

Der ausgefüllte Vordruck wird nun vom Pflegedienst an die Kasse weitergeleitet. Der zuständige Sachbearbeiter schaltet dann meist den Medizinischen Dienst zur Prüfung ein. Ist alles geklärt, dann verfasst er den Bescheid und übersendet ihn an den Versicherten.

Der Sachbearbeiter hat mehrere Möglichkeiten, auf den Antrag zu reagieren: Er gibt ihm in vollem Umfang statt. Oder er genehmigt ihn nur teilweise. Oder er lehnt den Antrag vollständig ab. In den letzten beiden Fällen kann der Versicherte gegen den Bescheid Widerspruch einlegen.

Wer trägt die Kosten in der Übergangszeit?

Meist nimmt der Pflegedienst sogleich nach der ärztlichen Verordnung seine Tätigkeit auf. Es entstehen also Kosten. Viele fragen sich dann: Wenn die Kasse den Antrag auf häusliche Krankenpflege am Ende ablehnt, muss ich als Patient die bereits aufgelaufenen Kosten aus eigener Tasche bezahlen?

Eindeutig: Nein! Das ist in der (verbindlichen) Richtlinie zur häuslichen Krankenpflege geregelt: Die Krankenkasse muss die Kosten für die Zeit bis zur ablehnenden Entscheidung übernehmen. Allerdings nur dann, wenn die Verordnung spätestens am vierten Arbeitstag nach dem Tag, an dem die Verordnung ausgestellt wurde, bei der Krankenkasse vorliegt. Hier ist also vor allem der Pflegedienst gefragt: Er muss die ärztliche Verordnung zügig an die Kasse übersenden.

Darauf müssen Sie beim Widerspruch achten!

Nun aber zum Widerspruch. Dieser ist die einzige Möglichkeit, um sich gegen einen negativen Bescheid zu wehren. In der Praxis zeigt sich, dass ein Widerspruch sehr häufig zum Erfolg führt. Sie müssen allerdings am Ball bleiben. Und sich gegen die Tricks, manchmal sogar gegen Einschüchterungsversuche, der Kassen wapnnen. So sollten Sie zum Beispiel keinesfalls vorzeitig Ihren Widerspruch zurückziehen. Schon gar nicht, wenn Sie brieflich oder gar telefonisch dazu gedrängt werden.

Bevor es allerdings soweit kommen kann, müssen Sie zunächst einmal den Widerspruch ordnungsgemäß einlegen. Dazu folgende Tipps:

  1. Zunächst können Sie nur gegen den Bescheid der Krankenkasse Widerspruch einlegen. Nicht gegen das Gutachten des Medizinischen Dienstes. Dieser hat lediglich eine helfende Funktion für die Kassen.
  2. Achten Sie auf die Widerspruchsfrist von einem Monat (ab Bekanntgabe des Bescheids). Wenn der Bescheid keine Widerrufsbelehrung enthält, dann beträgt die Frist sogar ein ganzes Jahr.
  3. Legen Sie den Widerspruch schriftlich ein. Ein Widerspruch im Text einer E-Mail ist in der Regel nicht zulässig. Er wird von den Kassen mitunter aber anerkannt. Als Dateianhang zu einer E-Mail ist ein Widerspruch zwar möglich, aber zu unsicher. Eine zweite Möglichkeit: Sie können den Widerspruch auch mündlich einlegen. Das geht aber nur vor Ort bei der zuständigen Stelle. Dort nimmt ein Sachbearbeiter den Widerspruch auf („Widerspruch zur Niederschrift“). Telefonisch ist ein Widerspruch nicht möglich.
  4. Bestimmte inhaltliche Vorgaben müssen Sie nicht beachten. Hier ein Formulierungsvorschlag: „Sehr geehrte Damen und Herren, mit Bescheid vom … haben Sie meinen Antrag auf Übernahme der Kosten für die häusliche Krankenpflege (anteilig) abgelehnt. Gegen diese Entscheidung lege ich hiermit form- und fristgerecht Widerspruch ein. [Unterschrift]“
  5. Eine Begründung ist nicht unbedingt notwendig. Diese sollten Sie aber gleichwohl anfügen, zumindest nachreichen. Das erhöht die Erfolgsaussichten. Eine Frist für die Begründung ist gesetzlich nicht vorgesehen.
  6. Schließlich muss der Versicherte den Widerspruch selbst und handschriftlich unterschreiben. Das kann auch ein Vertreter übernehmen. Vor allem ein Bevollmächtigter (dann ist eine Vollmacht notwendig) oder ein (rechtlicher) Betreuer (dann muss ein gerichtlicher Betreuungsbeschluss vorliegen). Unterschreibt ein Vertreter, dann sollte dem Widerspruch die Vollmacht oder der Betreuerausweis (in Kopie) beigelegt werden. Ein Pflegedienst kann keinen Widerspruch einlegen. Er kann den Widerspruch zwar vorbereiten, unterschreiben muss aber immer der Versicherte bzw. sein Vertreter.

Und schließlich: Lesen Sie vor dem Verfassen und Absenden des Widerspruchs immer die Rechtsbehelfsbelehrung durch. Diese steht am Ende des Bescheids. Dadurch erfahren Sie zum Beispiel auch, an welche Adresse Sie den Widerspruch senden müssen.

Wie geht es nach einem Widerspruch weiter?

Nach Eingang des Widerspruchs bei der Kasse prüft der zuständige Sachbearbeiter den Widerspruch. Möglicherweise schaltet er dazu nochmals den Medizinischen Dienst ein. Schließlich kann er dem Widerspruch stattgeben. Dann erlässt er einen Abhilfebescheid. Hält er den Widerspruch nicht für berechtigt, dann muss er die Angelegenheit an den Widerspruchsausschuss weiterleiten. Er selbst darf den Widerspruch nicht ablehnen.

Nun entscheidet der Widerspruchsausschuss und erlässt schließlich einen Widerspruchsbescheid. Der Ausschuss hat dabei alle Freiheiten: Er kann dem Widerspruch (teilweise) stattgeben oder ihn ablehnen.

Dazu zwei Tipps:

  1. Wenn der Abhilfebescheid ihrem Widerspruch nicht vollständig stattgibt und Sie weiterhin auf der vollen Leistung bestehen, dann teilen Sie das der Kasse mit und fordern Sie dazu auf, die Angelegenheit an den Widerspruchsausschuss weiterzuleiten.
  2. Haben Sie einen Widerspruchsbescheid erhalten, dann ist das Prüfverfahren bei der Kasse abgeschlossen. Wenn Sie mit dem Bescheid nicht zufrieden sind, dann können Sie Klage einreichen. Lesen Sie dazu unbedingt die Rechtsbehelfsbelehrung durch. Achten Sie vor allem auf die Klagefrist von einem Monat.

Nun sind Sie schon einmal gut gerüstet für den Fall, dass die Kasse die Kostenübernahme für die häusliche Krankenpflege ablehnt. Wenn Sie weitere Beratung benötigen, sei es für ein Widerspruchs- oder auch für ein Klageverfahren, dann stehe ich Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.

Und noch ein Tipp zum Schluss: Das Widerspruchsverfahren ist immer kostenlos für Sie. Hinzukommt: Wenn Sie einen Rechtsanwalt eingeschaltet haben und den Widerspruch gewinnen, dann müssen Ihnen die Anwaltskosten von der Kasse erstattet werden.

Rechtsanwalt Thorsten Siefarth

www.ra-siefarth.de

Foto(s): ©Adobe Stock/Viacheslav Yakobchuk

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