Kündigung wegen Corona-Quarantäne im Kleinbetrieb unwirksam

  • 3 Minuten Lesezeit

Normalerweise haben Mitarbeiter in Betrieben, die regelmäßig zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigen, keinen oder jedenfalls einen wesentlich verminderten Kündigungsschutz. Denn das Kündigungsschutzgesetz greift erst ab dem Schwellenwert von mehr als zehn Arbeitnehmern ein, sodass auch erst dann eine Kündigung sozial gerechtfertigt werden muss.Dass Mitarbeiter dennoch nicht vollkommen schutzlos sind, zeigt eine jetzt veröffentlichte Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln, Urteil vom 15.4.2021, Az. 8 Ca 7334/20.

Was war passiert? Der klagende Arbeitnehmer war in einem Dachdeckerunternehmen angestellt, das regelmäßig weniger als 10 Arbeitnehmer beschäftigte und daher nicht dem Kündigungsschutz unterfällt. Das ist auch unstreitig. 

Das Gesundheitsamt hatte telefonisch gegenüber dem Kläger eine häusliche Quarantäne angeordnet, weil er als Kontaktperson einer positiv Getesteten angegeben wurde. Der Kläger hat dies seinem Arbeitgeber mitgeteilt. Der forderte unverzüglich die Vorlage der Quarantäneanordnung des Gesundheitsamts. Der Kläger bemühte sich um die Anordnung, bekam sie jedoch nicht und konnte sie folgerichtig nicht vorlegen. Dies nahm der Beklagte zum Anlass, dass Arbeitsverhältnis nach langen Diskussionen über einen Messengerdienst zu kündigen. 

Gegen die Kündigung erhob der Kläger Kündigungsschutzklage. 

Die Klage hatte Erfolg. Das ArbG Köln führte aus, dass in Kleinbetrieben kein besonderer Kündigungsschutz gelte, dass die Mitarbeiter dennoch nicht vollständig schutzlos sind. Zwar gebe es für Coronaerkrankungen oder Quarantänen anders als in anderen Fällen kein ausdrückliches Kündigungsverbot, jedoch kann eine Kündigung dennoch gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) oder Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen.

Dies sah das Gericht hier als gegeben an. Denn der Arbeitgeber habe gerade eine Drucksituation geschaffen, dass der Arbeitnehmer wählen sollte, ob er der behördlichen Anordnung folgen solle oder zur Erhaltung seines Arbeitsplatzes gegen die Quarantäneanordnung verstößt und zur Arbeit geht. 

Das Gericht sah in dieser Situation in der Kündigung eine willkürliche Kündigung aus sachfremden Motiven. 

Hinzu kam, dass der Beklagte den Kläger nach Eindruck des Gerichts im Rahmen der Kommunikation bewusst demütigen wollte, um ihm seine Überlegenheit als Arbeitgeber zu demonstrieren. Auch diese Erniedrigung allein könnte unter gewissen Voraussetzungen eine Unwirksamkeit der Kündigung nach sich ziehen.

Schließlich hatte das Gericht den Eindruck, dass der Beklagte an dem Kläger ein Exempel statuieren wollte, um den übrigen Arbeitnehmern zu verdeutlichen, was im Falle einer Krankheit geschehen würde. 

Die Kündigung war somit unwirksam und das Arbeitsverhältnis besteht weiter. 

Das Urteil ist eines der wenigen, dass sich positiv mit der Unwirksamkeit einer Kündigung im Kleinbetrieb auseinandersetzt. Zwar ist allgemein anerkannt, dass auch im Kleinbetrieb ein wenn auch verringerter Kündigungsschutz greift, jedoch sind die Fälle, in denen dies nach einem Gericht gegeben war, rar gesäht. 

Die Überlegungen des Gerichts bilden jedoch einen für die Praxis sehr brauchbaren Ansatz ab. Denn dem Beklagten wurde zum Verhängnis, dass er offenbar seine Rolle als Arbeitgeber überinterpretierte und den Arbeitnehmer letztendlich zu einer Straftat aufforderte, wenn er seinen Arbeitsplatz behalten wollte. 

Insofern war jedoch auch hilfreich, dass die recht offene Korrespondenz zwischen den Parteien vorgelegt werden konnte. Dies wird in den letzten Jahren immer relevanter, denn die Korrespondenz in Sozialen Netzwerken ist wesentlich weniger formal als im normalen Briefverkehr, weshalb die wahren Motive der Kündigenden häufiger zu Tage treten. 

Sollten Sie zu dem Urteil oder der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses Fragen haben, so stehe ich natürlich zur Verfügung.

Heiko Effelsberg, LL.M.

Rechtsanwalt


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Heiko Effelsberg LL.M.

Beiträge zum Thema