Kündigung wegen Corona: Rechtlich möglich oder Panik hierbei unbegründet?

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Kündigung wegen Corona: Rechtlich möglich oder Panik hierbei unbegründet?


Aufgrund sämtlicher Betriebsschließungen und fatalen Umsatzeinbußen infolge der Corona-Pandemie müssen sich damit einhergehend auch Arbeitnehmer aktuell um ihre Arbeitsplätze fürchten. Die Zahl der ausgesprochenen Kündigungen steigt stetig. Parallel dazu hat sich jüngst zunehmend der Irrglaube verbreitet, dass die aktuelle Corona-Krise automatisch einen Kündigungsgrund begründe und dementsprechend der Arbeitgeber zur Kündigung der Arbeitnehmer berechtigt sei. 

Das stimmt so aber nicht! Rechtlich betrachtet existiert nämlich keine solche „Kündigung wegen Covid-19“. Vielmehr beschränkt sich das Kündigungsrecht des Arbeitgebers lediglich auf die im Gesetz verankerten Kündigungsgründe. Daher ist bei einer solch ausgesprochenen Kündigung dringend aktives Handeln geboten, um sich gezielt und fristgemäß gegen eine Kündigung mittels Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht zu wehren. Die Kündigung sollte daher keineswegs einfach so hingenommen werden. Wann eine Kündigung wegen Corona rechtliche Wirksamkeit entfalten kann und welche Möglichkeiten Arbeitgebern hierbei zustehen, bildet den Gegenstand des vorliegenden Beitrages.


Wann kann ein Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem Corona-Virus kündigen?


Sofern das jeweilige Arbeitsverhältnis unter das Kündigungsschutzgesetz fällt, genießt der Arbeitnehmer allgemeinen Kündigungsschutz. Dies ist im Regelfall anzunehmen, denn hierfür wird verlangt, dass man mindestens sechs Monate in einem Betrieb tätig ist und mehr als zehn Mitarbeiter im Betrieb beschäftigt sind. Dieser besondere Schutz besteht darin, dass der Arbeitgeber nun auch für eine ordentliche Kündigung einen hinreichend bestimmten Grund braucht, damit die Kündigung gegen den Arbeitnehmer rechtliche Wirkung entfalten kann. Nur dann kann erst nach dem Regelungswerk des Kündigungsschutzgesetzes eine Kündigung erfolgen. Die Kündigung muss aber zwingend auf Gründe gestützt werden, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen oder wenn dringende betriebliche Erfordernisse dies verlangen, § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG.


Kündigung aus betrieblichen Gründen


Die betriebsbedingte Kündigung wird der Regelfall der coronabedingten Kündigung sein. Diese zeichnet sich grundsätzlich darin aus, dass dem Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht möglich ist. Paradebeispiel hierfür ist etwa die Kündigung bei Betriebsstillegung infolge einer Insolvenz.

Nun mögen Arbeitgeber ihrerseits anführen, dass die Geschäftstätigkeit des Betriebs infolge der Corona-Krise einbricht und die Einstellung oder Verkleinerung des Betriebs zu dessen Aufrechterhaltung zwingend erforderlich ist.

Zu beachten ist hierbei allerdings, dass bloß der alleinige Umsatzeinbruch nicht ausreicht, um eine betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen. Es bedarf vielmehr, dass der Arbeitsplatz dauerhaft wegfällt und nicht mehr benötigt wird. Das ist bei einem bloß vorübergehenden Umsatzeinbruch regelmäßig nicht der Fall. Diesen Aspekt muss der Arbeitgeber anhand seiner Auftrags- und Personalplanung im Einzelnen darlegen können, weshalb nicht nur eine kurzfristige Auftragsschwankung vorliegt, sondern vielmehr ein dauerhafter Auftragsrückgang zu erwarten ist. Dies wird dem Arbeitgeber aber schlichtweg nicht gelingen. Auch wenn sich der weitere Verlauf des Corona-Virus nicht vorhersehen lässt, ist dieser gerade mal erst seit kurzer Zeit im Umlauf und die staatlichen Schließungsmaßnahmen sind jeweils nur auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt, als dass man von einem dauerhaften und grundlegenden Auftragsrückgang sprechen könnte.

Stattdessen stehen dem Arbeitgeber vielmehr sämtliche mildere Mittel zur Verfügung, um den Arbeitsplatz des Arbeitnehmers aufrechtzuerhalten. Dies hat der Arbeitgeber unter dem Gesichtspunkt des sogenannten Ultima-Ratio-Prinzips des Arbeitsrechts zu berücksichtigen. Das Prinzip besagt, dass die Kündigung aufgrund der schwerwiegenden Konsequenzen für die Betroffenen immer das letzte Mittel nach sonstigen Maßnahmen (beispielsweise nach einer Abmahnung oder Versetzung) sein muss. So könnte der Arbeitgeber durchaus durch die Anordnung von Kurzarbeit oder durch Reduzierung der Arbeitszeiten den Erhalt des Arbeitsplatzes ermöglichen – wenn auch nur auf beschränkte Art und Weise.

Neben diesen Erwägungen sind aber noch weitere Anforderungen für die Wirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung zu berücksichtigen. Abgesehen von der fehlenden Möglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz, dürfen dem Arbeitgeber aber auch keine Fehler bezüglich der Sozialauswahl unterlaufen. Der Grundsatz der Sozialauswahl sieht vor, dass nur diejenigen Arbeitnehmer gekündigt werden können, die sozial am wenigstens schutzbedürftig sind. Das sind häufig junge Personen, die kurz beschäftigt sind, keine Unterhaltspflichten erfüllen müssen und die keine Schwerbehinderung aufweisen. Gerade hierbei unterlaufen Arbeitgebern häufig Fehler bezüglich ihrer Kündigung, indem sie meist zunächst teurere Arbeitnehmer kündigen.


Personenbedingte Kündigung


Dagegen sind ausgesprochene personenbedingte Kündigungen wie etwa die Kündigung aufgrund der Infizierung mit dem Corona-Virus oder weil man sich in Quarantäne begeben muss, in der Regel unwirksam. Bei einer Viruserkrankung wie Corona kommt es lediglich zu einer vorübergehenden und nicht dauerhaften Abwesenheit des Arbeitnehmers. Es ist hierbei auch nicht zu erwarten, dass der Arbeitnehmer infolgedessen für einen langen Zeitraum leistungsunfähig ist und keine Besserung zu erwarten ist. 

Auch im Quarantänefall beschränkt sich die Ausfallzeit lediglich auf 14 Tage - zumal abgesehen davon oftmals die Möglichkeit besteht, Arbeitsleistungen im Home-Office zu verrichten. Da die personenbedingte Kündigung an recht hohe Voraussetzungen geknüpft ist, lohnt sich auch hier eine Überprüfung in jedem Fall.


Verhaltensbedingte Kündigung


Eine verhaltensbedingte Kündigung käme allenfalls in denjenigen Fällen in Betracht, in denen ein infizierter Mitarbeiter ohne auf seine Erkrankung hinzuweisen zur Arbeit erscheint. Hierin könnte unter Umständen ein schuldhafter Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten zu sehen sein. Allerdings greift selbst in diesen Fällen der Ultima-Ratio-Grundsatz. Somit ist eine Kündigung erst nach einer Abmahnung und wiederholtem Fehlverhalten möglich. Auch bei der verhaltensbedingten Kündigung bestehen deutlich hohen Hürden für den Arbeitgeber. Er kann nur dann die Kündigung aussprechen, wenn gegen eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis in der Weise verstoßen wurde, dass für diesen ein Festhalten am Vertrag nicht zumutbar ist.


Welche Optionen können Sie als Arbeitnehmer ergreifen?


In der Tat kann man gegen Kündigungen wegen Corona vorgehen. Es besteht die Möglichkeit innerhalb von drei Wochen ab Erhalt der Kündigung eine Kündigungsschutzklage zu erheben. Dabei ist es zwingend erforderlich, dass Arbeitnehmer die Frist zur Klageerhebung innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung beachten, da nach dem Ablauf der Frist die Kündigung endgültig wirksam wird – und das unabhängig davon, ob sie tatsächlich die rechtlichen Voraussetzungen für eine Kündigung erfüllt oder nicht! Daher sollten Sie keineswegs untätig bleiben und in jedem Fall in Ihrem eigenen Interesse eine coronabedingt ausgesprochene Kündigung auf ihre Wirksamkeit hin hinterfragen und überprüfen lassen. Ratsam ist daher die Einholung umfassenden Rechtsrats, welcher Ihnen letztlich Aufschluss über Ihre Rechte und Möglichkeiten geben wird. Zudem würden hierdurch Ihre Erfolgsaussichten hinsichtlich einer entsprechenden Abfindung oder aber auch des Arbeitsplatzerhalts erheblich erhöht werden.

Foto(s): Rechtsanwalt Patrick Baumfalk

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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