Landgericht Darmstadt: Ido Verband nicht aktivlegitimiert | Landgericht Bielefeld attestiert IDO Rechtsmissbrauch

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Update 09.12.2022: OLG Köln hebt Urteile des LG Köln auf

Ich hatte darüber berichtet, dass das Landgericht Köln den IDO Verband zu Schadensersatz verurteilt hat. In 20 Fällen hatte der IDO Verband Berufung gegen die Entscheidung des Landgerichts Köln eingelegt. Am 18.11.2022 waren die Berufungsverhandlungen vor dem OLG Köln. Die Berufung des IDO war erfolgreich. Das OLG Köln hat zugunsten des IDO entschieden und die Urteile des LG Köln aufgehoben. Es wurde die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen.

Mit der Frage des Rechtsmissbrauchs meinte das OLG Köln sich gar nicht befassen zu müssen, weil nach Ansicht des Senats bereits die Voraussetzungen der denkbaren Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt seien.

Durch die geführten Verfahren sind sehr viele Informationen den Rechtsmissbrauch betreffend bekannt geworden.



Landgericht Darmstadt

Ein weiteres Gericht hat die Aktivlegitimation des IDO verneint: LG Darmstadt, Urteil vom 21.01.2021, Az. 15 O 14/20 (nicht rechtskräftig). In der Verfahren hatte der IDO Verband einen Händler wegen fehlendem Grundpreis verklagt. Das LG Darmstadt ist der Rechtsauffassung, dass es beim IDO vorliegend an der Aktivlegitimation fehlt. 

 

Es geht dem IDO darum, lukrative Einnahmen zu erzielen.

„Nach dem Gesamtbild der Abmahntätigkeit des Klägers kann nicht davon ausgegangen werden, dass es dem Kläger tatsächlich um die Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher lnteressen geht. Aufgrund der umfangreichen Abmahntätigkeit des Klägers, die auch beim hiesigen Gericht bekannt ist, muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass die vorgenommene Tätigkeit vorrangig dazu dient, Abmahnungen auszusprechen, um über die Geltendmachung von Abmahnkosten und später auch über die Geltendmachung von Vertragsstrafenansprüchen Einnahmen zu generieren, die lediglich einer geringen Anzahl der für den Verein Tätigen zu Gute kommen. Bei dem Kläger handelt es sich seiner Struktur nach um ein reines Wirtschaftsunternehmen, mit dem diese wenigen dort Tätigen unter dem Vorwand, den Wettbewerb fördern zu wollen, lukrative Einnahmen erzielen.

Dass es dem Kläger vorrangig um die Generierung von Einnahmen für einige wenige für ihn Tätige geht, als um faire Wettbewerbsverhältnisse, ergibt sich auch aus dem Umstand, dass er keinen substantiierten Vortrag hält, welche Mitglieder welche konkreten Wettbewerbsverstöße angezeigt haben. Da der Kläger für den Nachweis der Wettbewerbsverletzung der Beklagten lediglich seinen Mitarbeiter Sven Boelke als Zeugen benannt hat, muss davon ausgegangen werden, dass dieser den Verstoß der Beklagten auch recherchiert und entdeckt hat und dass der Kläger nicht aufgrund eines Hinweises eines Mitbewerbers der Beklagten tätig geworden ist.“

 

Wer ist der Zeuge Sven Boelke?

Sven Boelke ist Rechtsanwalt, seine Ehefrau Iris Boelke ebenfalls. Beide betreiben eine Kanzlei unter der Anschrift Horbeller Str. 31, 50858 Köln. Sven Boelke ist seit dem 01.09.2005 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, Frau Rechtsanwältin Iris Boelke seit dem 31.07.1999. Beide haben unter der Anschrift Hauptstr. 72, 53819 Neunkirchen-Seelscheid eine Zweigstelle.

 

Am Standort der Zweigstelle in Neunkirchen-Seelscheid hat auch Rechtsanwalt Guido Vierkötter, LL.M. seine Kanzlei, nämlich in der Hauptstraße 1, 53819 Neunkirchen-Seelscheid.

 

Rechtsanwalt Guido Vierkötter ist in Bürogemeinschaft mit Thorsten Krain, LL.M., dem Steuerberater des IDO-Verbandes.

 

Möge sich die Öffentlichkeit zu dieser Personenkonstellation ihre eigene Meinung bilden.

 

IDO Mitarbeiter verdienen gut

„Stundenlöhne von 60,00 € und mehr können als Entgelt für Vereinstätigkeiten, die ihren Mitgliedern, aber auch der Allgemeinheit nutzen sollen, grundsätzlich nicht als angemessen angesehen werden, sondern sprechen auch für die reine Geschäftstätigkeit des Klägers, der Gewinne für die wenigen für ihn Tätigen generieren möchte.“

Das Landgericht Darmstadt ist der Ansicht, dass Stundenlöhne von mehr als 60 EUR unangemessen sind und für eine Gewinnerzielungsabsicht sprechen.


Landgericht Bielefeld

Das Landgericht Bielefeld folgt in einem Urteil vom 26.01.2021, Az.: 15 O 26/19 (nicht rechtskräftig) der Rechtsansicht des LG Heilbronn und OLG Rostock und attestiert dem IDO Verband Rechtsmissbrauch wegen einer systematischen Verschonung seiner eigenen Mitglieder.

 

Das Landgericht Bielefeld äußert sich wie folgt:

„Im Übrigen geht die Kammer nach dem beiderseitigen Vorbringen der Parteien von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Beklagten aus (§ 8 Abs. 4 UWG). Der Beklagte behandelt seine eigenen Mitglieder hinsichtlich tatsächlicher oder vermeintlicher Verstöße nicht in gleicher Weise wie Nichtmitglieder. Dem dementsprechenden Vorbringen der Klägerin, die insbesondere mit dem Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom […] beispielhaft einige Mitglieder des Beklagten und deren Umgang mit ihrer Information über die Garantiebedingungen aufzeigt, ist der Beklagte zu keinem Zeitpunkt substantiiert entgegengetreten. Dies geschieht auch nicht auf breiteres detailliertes Vorbringen der Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom […].

 

Die Darlegung des Beklagten, wie er im Einzelnen seinen Informationsdienst gegenüber den Mitgliedern gestaltet, reicht nicht. Insoweit ist bereits zweifelhaft, ob diese Informationen die Mitglieder überhaupt erreichen, diese tatsächlich im Log-In-Bereich nachlesen bzw. die ihnen übermittelten E-Mails zur Kenntnis nehmen. Sicherlich ist von dem Beklagten keine systematische Überprüfung aller seiner Mitglieder zu verlangen. Allerdings fällt hier auf, dass offensichtlich nicht einmal vorgetragen werden kann, dass und wie der Beklagte gegen die von ihm im Rahmen dieses Rechtsstreits von der Klägerin namentlich bezeichneten Mitglieder vorgegangen worden ist.

 

Der Beklagte bezieht sich insoweit in dem Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom […] auf fas Zeugnis der Frau […], ohne diese Vortrag weiter zu erläutern. Dem Beweisantritt war nicht nachzugehen, weil dies auf einen Ausforschungsbeweis hinaus gelaufen wäre. Im Übrigen lässt es der Beklagte nur bei der Vorlage zweier Abmahn-E-Mails gegen die Mitglieder […] und […] sowie bei auszugsweisen Zitaten mehrerer Gerichtsentscheidungen, bei denen nicht zu erkennen ist, welche Mitglieder betroffen sind, bewenden. Dieser Vortrag genügt nicht, um ein gezieltes Einwirken des Beklagten auf seine Mitglieder feststellen [zu können].“


Keine Aktivlegitimation des IDO e.V.

Das Landgericht Bielefeld hat neben Rechtsmissbrauch zudem die Aktivlegitimation des IDO verneint. So heißt es:

 

„Es lässt sich, selbst nach seinem eigenen Vorbringen, nicht feststellen, dass der Beklagte gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG über eine erhebliche Zahl von Mitgliedern verfügt, die Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt wie die Klägerin vertreiben.

 

In Betracht kommen insoweit nur Unternehmen aus dem Kreis der Mitbewerber auf dem relevanten Markt, die nach Anzahl und/oder Größe Marktbedeutung oder wirtschaftlichem Gewicht in der Weise durch den Beklagten repräsentativ vertreten sind, das ein missbräuchliches Vorgehen des Beklagten ausgeschlossen werden kann. Dabei muss auch eine Gewichtung dahingehend erfolgen, dass Mitgliedern mit stationärem Ladengeschäft, die schon länger am Markt tätig sind, größeres Gewicht zukommt als Mitgliedern mit Klein-Online-Shops.

 

Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat einen diesen Anforderungen entsprechenden Mitgliederbestand nicht zur Überzeugung des Gerichts darzulegen vermocht. Die vorgelegten und teilanonymisierten Mitgliederlisten vermögen keinen Aufschluss zu erbringen. Das Vorbringen des Beklagten verhält sich stattdessen im Allgemeinen. Es hätte vielmehr einer detaillierten und spezifizierten Darlegung bedurft, inwieweit dem wirtschaftlichen Wirken der entsprechenden Mitglieder aus den streitgegenständlichen Branchenbereichen erhebliche Bedeutung zukommt. Insbesondere mit dem wiederholten Einwand der Klägerin, sie unterhalte im Gegensatz zu vielen der Beklagten Mitglieder zusätzlich zu ihren Online-Shops auch ein Ladenlokal, setzt sich der Beklagte nicht einmal ansatzweise auseinander. Auch soweit die Klägerin namentlich Mitglieder des Beklagten benennt, ist der Beklagte offensichtlich außerstande, in den Schriftsätzen seiner Bevollmächtigten […] im Einzelnen vorzutragen, ob diese Mitglieder von ihrem Geschäftsaufkommen eine entsprechende Bedeutung aufweisen und auch im stationären Handel tätig sind […].

 

Es drängt sich der Eindruck auf, dass dem Beklagten weder konkret bekannt ist, welchen Umfang die geschäftlichen Aktivitäten diese Mitglieder im Einzelnen haben, noch dass er sich insoweit im Einzelnen kundig gemacht hätte. Dies gilt auch für das Vorbringen im Schriftsatz vom […], der zwar eine numerische Zusammenfassung der Anzahl der Mitglieder in den einzelnen von dem Beklagten aufgerufenen Geschäftsbereichen beinhaltet, allerdings jede qualitativ konkrete Angabe zu den einzelnen Mitgliedern vermissen lässt. In zahlreichen von dem Beklagtenbevollmächtigten zitierten Gerichtsentscheidungen lassen jede Einordnung vermissen, inwieweit diese auf einem Sachverhalt beruhen, der dem hier zu beurteilenden Lebenssachverhalt vergleichbar sind.“

Urteil nicht rechtskräftig

Der IDO e.V. könnte gegen das Urteil des Landgericht Bielefeld Berufung einlegen. Dann müsste das OLG Hamm über die Sache entscheiden.


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Ihr
Rechtsanwalt Andreas Gerstel
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht


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