Landgericht München II: Klage gegen Finanzvermittler wegen Kapitalanlage Gold-Standard BWF-Stiftung

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Herr Rechtsanwalt Dr. Jürgen Klass hat im Namen eines privaten Kleinanlegers Klage zum Landgericht München II erhoben und verlangt Schadensersatz wegen des Erwerbs von zweifelhaften Goldprodukten.

Im Einzelnen:

Von einem Kapitalanlagevermittler aus Murnau wird die Zahlung eines Betrages von 35.000,00 € verlangt. Geltend gemacht werden in verschiedener Hinsicht Informationspflichtverletzungen. Zuständig für den Fall ist die 3. Zivilkammer; der Termin zur mündlichen Verhandlung wird im August 2018 stattfinden.

Vorgeworfen wird dem Anlagevermittler insbesondere, dass jegliche Schlüssigkeits- und Plausibilitätskontrolle des BWF-Geschäftskonzeptes unterblieb. Außerdem wurde das vorgegebene Anlageziel des Kunden missachtet; eine bedarfsorientierte Produktvorstellung und -empfehlung fand nicht statt.

Das Schadensersatzverlangen des Klägers stützt sich auf eine ganze Reihe von gerichtlichen Entscheidungen, die in BWF-Parallelfällen zugunsten der Anleger und zu Lasten der Finanzvermittler ergangen sind (z. B. Landgericht München II, Urteil vom 25.01.2017).

Hintergrund: Die Berliner Wirtschafts- und Finanzstiftung (BWF) bot interessierten Anlegern ab 2011 den Kauf von Gold an. Für eine bestimmte Kaufsumme versprach die BWF-Stiftung, physisches Gold für den Anleger zu erwerben und dieses einzulagern. Die auch unter dem Namen "Bund Deutscher Treuhandstiftungen" bekannt gewordene Gesellschaft stellte zugleich in Aussicht, mittels einer cleveren Geschäftsstrategie eine attraktive Rendite zu erwirtschaften.

Anfang 2015 berichtete die Zeitschrift „Finanztest“ über die BWF-Goldanlage und äußerte schwerwiegende Bedenken gegen das Management und den Vertrieb. Im gleichen Jahr untersagte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht der BWF-Stiftung den Geschäftsbetrieb, weil es sich bei dem Goldverkauf an die Kunden um ein verbotenes Bankeinlagengeschäft handelt. 

Im Strafprozess hat das Landgericht Berlin am 25.07.2017 die vier Hauptangeklagten zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Heraus kam, dass die BWF-Stiftung mehrere tausend Anleger um ihre Ersparnisse gebracht hatte; das Anlegergeld war nicht in Goldbarren geflossen, sondern in die Taschen der Stiftungsgründer, teils auch in hohe Provisionen für den Vertrieb. Bei der Kundengewinnung hatten sich die BWF-Verantwortlichen insoweit der Dienste freier Vermittler und Berater bedient, die bis zu 20 Prozent der Anlagesumme als Provision erhielten.

Vor dem Landgericht München II wird jetzt die Klage eines betroffenen Kleinanlegers öffentlich verhandelt. Von haftungsrechtlicher Relevanz ist insbesondere der Umstand, dass das Geschäftsmodell und die Gewinnzusage der BWF-Stiftung niemals plausibel waren. Im Rahmen einer sogenannten Plausibilitätsprüfung, die ein Vermittler/Berater vorzunehmen hat, bevor er ein Anlageprodukt einem Kunden empfiehlt, hätte diese fehlende Plausibilität erkannt und der Kunde dann darüber informiert werden müssen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind Kapitalanlagenvermittler verpflichtet, die Plausibilität eines angebotenen Kapitalanlagenmodells auf Herz und Nieren zu überprüfen und die Angaben des Produktgebers zu hinterfragen. Das Konzept muss auf seine wirtschaftliche Tragfähigkeit hin überprüft werden; außerdem muss der Vermittler, wenn er die Anlage anhand eines Prospekts vertreibt, seiner Auskunftspflicht nachkommen und im Rahmen der geschuldeten Plausibilitätsprüfung den Prospekt darauf überprüfen, ob er ein schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen sachlich richtig und vollständig sind. Unterlässt er diese Prüfung, hat er den Interessenten darauf hinzuweisen.

Die Einhaltung des garantierten Rückkaufsversprechens durch die BWF-Stiftung war aber vollkommen unplausibel. Bei einer ordnungsgemäß durchgeführten Plausibilitätsprüfung hätte jedem Vermittler auffallen müssen, dass das Modell ein unrealistisches Finanzmärchen ist. Es ist auch nicht im Ansatz nachvollziehbar, wie die BWF-Stiftung die versprochenen Renditen erwirtschaften wollte.

Eine Verletzung der dem Vermittler obliegenden Plausibilitätsprüfung lässt sich mithin feststellen. Sowohl bei einem Auskunfts- als auch bei einem Beratungsvertrag besteht eine Pflicht zur Plausibilitätsprüfung (LG Dortmund, Urteil vom 10. Februar 2017).

Rechtsanwalt Dr. Klass: Die Empfehlung der Graumarktanlage „BWF Gold Standard“ war unter Zugrundelegung von Anlageziel, Wissensstand und Risikobereitschaft meines Mandanten und unter Einbeziehung der speziellen und allgemeinen Risiken des Produktes, über die nicht hinreichend aufgeklärt wurde, obwohl dies nach dem Anlagehorizont des Kunden zwingend geboten gewesen wäre, nicht vertretbar. Überdies erfolgte seitens des Vermittlers keine Plausibilitätskontrolle des undurchsichtigen und unseriösen Geschäftskonzeptes. Der Vermittler haftet deshalb auf vollen Schadensersatz.



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