LArbG M-V: Benachteiligung wegen Behinderung durch Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch

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Das LarbG Rostock hat mit Urteil vom 30.7.2019 entschieden, dass das beklagte Land als öffentlicher Auftraggeber gem. § 71 Abs. 3 SGB IX (jetzt § 154 Abs. 2 SGB IX) dem mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 als Schwerbehinderter i. S. d. § 2 Abs. 2 SGB IX anerkannten Kläger wegen Diskriminierung aufgrund dieser Behinderung eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu zahlen hat (vgl. Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 30. Juli 2019 – 5 Sa 82/18 –, juris; s.a. Sieper, jurisPR-SozR 22/2019 Anm. 2). 

Dies, nachdem das Land es unterlassen hatte, die Schwerbehindertenvertretung über die Bewerbung des Klägers auf eine extern ausgeschriebene Stellenanzeige zu informieren und diesen nicht zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen hatte, obwohl er für die ausgeschriebene Anstellung nicht als offensichtlich fachlich ungeeignet anzusehen gewesen war (a.a.O.).

Zu Grunde lag die Bewerbung des als Schwerbehinderter i. S. d. § 2 Abs. 2 SGB IX mit einem GdB von 50 anerkannten Klägers (a.a.O.). Insoweit hatte das beklagte Land für das Sekretariat des Innen- und Europaausschusses eine in einem (zunächst bis 31.12.2017 befristeten) Anstellungsverhältnis zu vergebende Stelle für eine Volljuristin bzw. einen Volljuristen öffentlich ausgeschrieben (a.a.O.). Erstes und zweites Staatsexamens wurden „möglichst mit Prädikat“ erwartet (a.a.O.). 

In fachlicher Hinsicht wurden vertiefte Kenntnisse im Verfassungs- und Verwaltungsrecht sowie insbesondere im Europarecht vorausgesetzt (a.a.O.). Ferner wurde die Fähigkeit zur schnellen Einarbeitung in unterschiedliche Rechtsgebiete verlangt (a.a.O.). Erfahrungen im Parlamentsrecht wurden als Vorteilhaft bezeichnet (a.a.O.).

Auf seine Bewerbung teilte das beklagte Land dem Kläger mit, sich im Ergebnis des Auswahlverfahrens für einen anderen Bewerber entschieden zu haben und sandte ihm die Bewerbungsunterlagen zurück (a.a.O.). Eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erhielt der Kläger nicht (a.a.O.). Die Schwerbehindertenvertretung wurde ebenfalls nicht beteiligt (a.a.O.).

Der Kläger hat daraufhin wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot i. S. d. AGG Klage auf Zahlung einer Entschädigung i. H. v. 10.500 € erhoben (a.a.O.). Im Klageverfahren hatte sich das Land darauf zurückgezogen, dass dem Kläger offensichtlich die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle fehle (a.a.O.). 

Er verfüge nicht über die zwingend erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen im Europarecht und habe diese in der Bewerbung jedenfalls nicht mitgeteilt (a.a.O.). Das ArbG Schwerin hat daraufhin eine Entschädigung i. H. v. 3.000 € wegen Diskriminierung gemäß § 15 Abs. 2 AGG zugesprochen (a.a.O.).

Auf die von beiden Parteien hin erhobene Berufung hat das Landesarbeitsgericht Rostock die Berufung jeweils zurückgewiesen (a.a.O.). Demnach sei „offensichtlich“ fachlich nicht geeignet nur, wer unzweifelhaft nicht dem Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle entspreche (a.a.O.). 

Bloße Zweifel an der fachlichen Eignung rechtfertigten es nicht, von einer Einladung abzusehen, weil sich evtl. Zweifel im Vorstellungsgespräch ausräumen lassen könnten (a.a.O.). Der schwerbehinderte Mensch solle gem. § 82 Satz 2 SGB IX (nun § 165 Satz 3 SGB IX) die Chance haben, sich in einem Vorstellungsgespräch zu präsentieren und den öffentlichen Arbeitgeber von seiner Eignung zu überzeugen (a.a.O.). 

Zudem könne eine Entschädigung in Höhe von 0,75 eines Monatsgehalts nach § 15 Abs. 2 AGG angemessen sein, wenn es sich nicht um einen schweren Verstoß des Arbeitgebers handele und eine –wie hier- befristete Beschäftigung für zunächst ein Dreivierteljahr ausgeschrieben war (a.a.O.).

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