Lkw-Kartell, Schadensersatz, konservatives Vorgehen

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BEMK Rechtsanwälte vertreten Personen und Unternehmen, die durch das sog. LKW-Kartell geschädigt wurden, bei Regressverhandlungen. Dabei setzen wir auf gebündelte, vernünftige, außergerichtliche Lösungen. Wir gehen davon aus, dass dies auch der Planung der betroffenen Hersteller entspricht und den gleichsam kostengünstigsten wie schnellsten Weg zum Schadensersatz darstellt.

I. Hintergrund

Gegen Daimler, DAF, Volvo/Renault und Iveco wurde von der EU-Kommission am 19. Juli 2016 wegen unerlaubter Preisabsprachen die Rekord-Geldbuße von rund 2,93 Milliarden Euro verhängt. Bei Daimler betrug die Buße rund eine Milliarde Euro, bei DAF rund 752 Millionen Euro, bei Volvo/Renault rund 670 Millionen Euro, bei IVECO rund 495 Millionen Euro. Auch MAN war beteiligt, war aber als Kronzeuge von der Sanktion zu 100 % ausgenommen (Volvo/Renault zu 40 %, Daimler zu 30 %, Iveco zu 10 %). Darüber hinaus ermäßigte sich bei den Beteiligten die jeweilige Geldbuße um 10 % aufgrund der Teilnahme am Vergleichsverfahren. Dabei erkannten die Unternehmen an, dass sie an einem Kartell beteiligt waren, und übernehmen die Verantwortung dafür. SCANIA gab eine Kartellbeteiligung nicht zu; insoweit wird das reguläre Kartellverfahren weitergeführt.

Die EU-Kommission nahm nicht hin, dass die Kartellanten, die zusammen die allermeisten der in Europa produzierten mittelschweren und schweren Lkw stellten, untereinander Bruttolistenpreise absprachen und sich auch beim Zeitplan für die Einführung von Technologien zur Minderung schädlicher Emissionen verständigten, anstatt miteinander zu konkurrieren. Der Zeitraum der Vorwürfe beläuft sich auf die Jahre 1997 bis 2011. Seit 2011 läuft die Untersuchung.

Unabhängig von den verhängten Geldbußen können alle Personen und Unternehmen, die durch das wettbewerbswidrige Verhalten der Kartellbeteiligten geschädigt wurden, vor den nationalen Gerichten Schadensersatz einklagen. Wie die EU-Kommission mitteilt, gelten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und der Verordnung 1/2003 des Rates Kommissionsbeschlüsse in Gerichtsverfahren vor einzelstaatlichen Gerichten als rechtskräftiger Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und gegen geltendes Recht verstieß.

Die von der Kommission verhängte Geldbuße wird dabei nicht mindernd angerechnet.

II. Rechtliche Besonderheiten, Verjährung droht

Als Geschädigte kommen nicht nur Käufer von Lkw, sondern auch Leasingnehmer in Betracht, da überhöhte Kaufpreise auch überhöhte Leasingraten bedingen. Auch Verwalter mittlerweile insolventer Geschädigter sollten Ansprüche auf Schadensersatz überprüfen.

Die Schadensersatzpflicht ergibt sich nach deutschem Recht aus 33 Abs. 3 S. 1 GWB. Einige haben seit 2011 indes die betreffenden LKW weiterveräußert. Jedoch besteht auch im Fall der Weiterveräußerung grundsätzlich die Möglichkeit des Schadensersatzes, § 33 Abs. 3 S. 2 GWB.

Aus § 33 Abs. 4 S. 1 GWB ergibt sich, dass das Gericht, vor welchem der Schadensersatz geltend gemacht wird, an die Feststellung der EU-Kommission zur Beteiligung am Lkw-Kartell gebunden ist. Über den Verstoß bzw. Schadensgrund muss in tatsächlicher Hinsicht vor den Zivilgerichten also nicht mehr diskutiert werden.

Allerdings ist der Geschädigte hinsichtlich der individuellen Schadenshöhe darlegungs- und beweisbelastet. Letztlich ist dafür das Gutachten eines Sachverständigen erforderlich. Hierzu hat das Bundeswirtschaftsministerium einen ersten Gesetzentwurf vorgelegt, die Beweiserleichterungen bringen soll. Die entsprechende EU-Richtlinien soll bis zum Jahresende umgesetzt werden.

Aus § 33 Abs. 5 GWB ergibt sich, das durch die Ermittlungen der EU-Kommission der Ablauf der Verjährungsfrist auch für die zivilrechtlichen Ansprüche gehemmt wurde. Die Hemmung endet allerdings sechs Monate nach Erlass eines rechtskräftigen Bußgeldbescheides.

Geschädigte sollten daher umgehend prüfen lassen, ob Ansprüche geltend gemacht werden können und ob weitere verjährungshemmende Maßnahmen zu veranlassen sind (wie etwa die Aufnahme von Vergleichsverhandlungen, Mahnbescheide, Klagen).

III. Empfehlung

Auch den Kartellanten und ihren Rechtsberatern sind die vorbezeichneten Erwägungen bekannt. Spätestens bei Abschluss des Vergleichsverfahrens dürften die drohenden Regressforderungen für den jeweiligen Lkw-Hersteller strategisch eingeplant gewesen sein. Es werden auch längst entsprechende Rückstellungen gebildet worden sein. Es entspräche nur der Vernunft, wenn dort nun einerseits abgewartet wird, wie viele Geschädigte überhaupt Ansprüche (richtig) stellen, und andererseits auf den Ablauf der Verjährung gesetzt wird. Des Weiteren wird im Rahmen der Coporate Social Responsibility sicherlich das die öffentliche Betrachtung der Schadensregulierung für den jeweiligen Lkw-Hersteller wichtig sein. Unter Umständen wollen also – in einer gewissen Weise – Geschädigte und Schädiger dasselbe.

Zitat Rechtsanwalt Blazek: „Aus meiner Sicht machen konfrontative Prozesse für die Geschädigten nur als letztes Mittel Sinn. Ich bevorzuge vernünftige Verhandlungslösungen. Andernfalls dauert die Rechtsklarheit auf allen Seiten länger und wird teurer.“

Deshalb bietet sich auch ein gebündeltes Vorgehen von Geschädigten an. Wer ggf. die Hilfe eines Prozesskostenfinanzierers in Anspruch nehmen will, kann dies gerne mitteilen. BEMK Rechtsanwälte stehen hierzu mit einer Gesellschaft in Verbindung. Dies ist eine Frage des Einzelfalls und bietet sich u.U. bei hohen Schadensersatzforderungen an.

BEMK Rechtsanwälte, August 2016.


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