Mercedes muss wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen über 100.000 Diesel zurückrufen

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Erneut ordnet das KBA im Abgasskandal einen Pflicht-Rückruf bei Mercedes an. Dieses Mal sind mindestens 100.000 Fahrzeuge betroffen. Die genaue Anzahl der betroffenen Fahrzeuge ist noch nicht bekannt. Mercedes selbst spricht von einer unteren sechsstelligen Zahl - es könnten also durchaus auch mehrere hunderttausend Fahrzeuge betroffen sein. 

In der Rückruf-Datenbank des KBA findet sich diese Maßnahme noch nicht. So ist auch noch nicht bekannt, welche Modelle involviert sind. Lediglich vom Mercedes E 350 BlueTEC weiß man, dass das Modell betroffen ist.

Mercedes E 350 BlueTEC enthält 3 unzulässige Abschalteinrichtungen

Im September war bekannt geworden, dass das KBA den E 350 untersucht und dabei gleich drei unzulässige beziehungsweise kritische Abschalteinrichtungen gefunden hatte. Darunter das Thermofenster und die AdBlue-Dosierstrategie. Die dritte Strategie sorgt dafür, dass die Wirksamkeit des SCR-Katalysators abhängig von der Temperatur der Ansaugluft reduziert wird. Mercedes war in dem Schreiben aufgefordert worden, genauere Angaben zu den Fahrzeugen zu machen, die diese Funktionen nutzen und Abhilfemaßnahmen zu entwickeln. Das KBA droht bei Nichtbefolgen damit, die örtlichen Zulassungsbehörden zu informieren, damit eine Betriebsuntersagung geprüft werden könne.

Nun folgte der offizielle Rückruf, zunächst nur aufgrund des Thermofensters. Zu den beiden weiteren Abschalteinrichtungen ist das KBA offenbar noch zu keiner Entscheidung gekommen.

Laut Mercedes selbst betrifft die Anordnung

„verschiedene Mercedes-Benz Diesel-Modelle der Abgasnorm Euro 5 und Euro 6b“.

Mercedes Diesel müssen fragwürdiges Software-Update bekommen – Stilllegung droht

Die Fahrzeuge müssen in die Werkstatt gebracht werden, um dort ein Software-Update zu erhalten. Mögliche Folgen eines Diesel-Updates können sein:

  • Fahrzeugbrand-Risiko
  • erhöhter Spritverbrauch
  • erhöhter AdBlue-Verbrauch
  • Versottung des Motors
  • kaputte AGR-Ventile
  • nachlassende Leistung
  • Motorschaden

Mercedes wird die betroffenen Halter nun anschreiben. Da es sich um einen vom KBA angeordneten Pflicht-Rückruf handelt, müssen Autofahrer diesem nachkommen. Andernfalls droht die Stilllegung. Das einzige bisher bekannte betroffene Modell – der Mercedes E 350 BlueTEC – ist bereits seit 2019 Teil einer freiwilligen Rückrufmaßnahme. 

Das Thermofenster im Mercedes Diesel

Alle Diesel von Mercedes mit der Abgasnorm Euro 5 und Euro 6 nutzen das Thermofenster. Bei Modellen mit AdBlue beginnt das Thermofenster bei niedrigen Plus-Temperaturen. Fallen die Temperaturen darunter, funktioniert die Abgasreinigung nicht mehr ordnungsgemäß. Bei älteren Fahrzeugen, die statt AdBlue die Abgasrückführung nutzen, beginnt das Thermofenster sogar schon bei noch höheren Temperaturen.

Angesichts der in Deutschland herrschenden Temperaturen zeigt dies, dass die Abgasreinigung in Mercedes Dieseln nur selten so wie auf dem Prüfstand funktioniert. Die meiste Zeit über stoßen die Fahrzeuge daher viel mehr Stickoxid aus als erlaubt.

Thermofenster vorhanden? Entschädigung bekommen!

Wenn auch Sie einen Mercedes mit Thermofenster fahren, können Sie sich gegen die Manipulation wehren und eine Entschädigung fordern. Der BGH hat im Juni 2023 geurteilt, dass schon durch den fahrlässigen Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung ein Anspruch auf Schadensersatz gegeben sein kann. Spätestens mit diesem Pflicht-Rückruf ist klar, dass sich in weiteren mindestens 100.000 Mercedes Dieseln eine solche unzulässige Abschalteinrichtung befindet und die Käufer deshalb eine Entschädigung bekommen können. Diese kann auf bis zu fünfstellige Beträge lauten.

Der BGH folgte mit seiner Entscheidung dem Europäischen Gerichtshof, der kurz zuvor deutlich gemacht hatte, dass Kläger nicht mehr nachweisen müssen, dass sie der Hersteller vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat, um einen Anspruch auf Schadensersatz zu haben.

Gerichte sprechen nach neuer Rechtsprechung Entschädigung bei Mercedes Dieseln zu

Die neue BGH Rechtsprechung wird von Landes- und Oberlandesgerichten umgesetzt. So verurteilte ausgerechnet das Landgericht Stuttgart am Stammsitz des Herstellers Mercedes bereits mehrfach zu Schadensersatz. Die erfolgreichen Kläger können das Fahrzeug auch behalten und eine Entschädigungszahlung erhalten, weil das Fahrzeug wegen der unzulässigen Abschalteinrichtungen einen geringeren Wert hatte als der Kaufpreis. 

HAHN Rechtsanwälte konnte sogar schon Verurteilungen vor Oberlandesgerichten erreichen. 

Wir prüfen gern kostenfrei, ob sich auch in Ihrem Mercedes ein Thermofenster oder eine andere unzulässige Abschalteinrichtung (wie die AdBlue-Dosierstrategie oder die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung) befindet!


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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