Mieterselbstauskunft: Nicht jede falsche Antwort berechtigt den Vermieter zur Kündigung oder Anfechtung

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Grundsatz: Zulässige Fragen müssen wahrheitsgemäß beantwortet werden


Vermieter dürfen vor Abschluss des Mietvertrages Informationen abfragen, an denen sie ein berechtigtes Interesse haben. Rechtlich wird unterschieden zwischen zulässige und unzulässige Fragen. Beantwortet der Mieter eine zulässige Frage wahrheitswidrig, dann kann der Vermieter den Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten und sogar fristlos kündigen.


Von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen


So entschied das AG-Gießen am 23.3.2022. Obwohl die Mieter falsche Angaben über ihre Einkommensverhältnisse in der Mieterselbstauskunft angaben, war die fristlose Kündigung unwirksam. Grundsätzlich sind Mieter verpflichtet, Fragen zu Einkommens-, Vermögens-, Familien- oder sonstige Verhältnisse, wahrheitsgemäß zu beantworten. Machen sie falsche Angaben, stellt dies eine erhebliche Vertragsverletzung dar. Insbesondere ist die wahrheitswidrige Angabe zu Einkommensverhältnissen prinzipiell eine erhebliche Vertragsverletzung des Mieters, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Es kommt jedoch immer auf den konkreten Einzelfall an. 

ABER, jeder Grundsatz hat Ausnahmen und das Amtsgericht Gießen sah eine Ausnahme im folgenden Fall:


Der Fall


Ein Paar mit Kind hatte eine Wohnung gemietet, zu einer monatlichen Kaltmiete von 1.250 € mit Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 250 €. In diesem Mietvertrag war die ordentliche Kündigung für fünf Jahre ausgeschlossen. Mieter 2 gab in seiner Selbstauskunft an, dass sein monatliches Nettoeinkommen bei der Firma W, 1.300 € betragen würde. Dieses Arbeitsverhältnis war jedoch zwei Monate vor Abschluss des Mietvertrages beendet. Seine Frau, Mieterin 1, hatte in ihrer korrekten Selbstauskunft ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit angegeben, mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.900 €. Der Vermieter kündigte daraufhin wegen falscher Selbstauskunft des Mieters 2 und hat zusätzlich das Mietverhältnis wegen arglistiger Täuschung angefochten. Er behauptete, er hätte das Mietverhältnis nicht abgeschlossen, hätte er gewusst, dass der Mieter 2 erwerbslos war.


Die Mieter trugen vor, sie hätten den Vermieter mündlich davon informiert und er sagte, das sei „kein Problem“. Diese Aussage konnten sie jedoch nicht beweisen. Während des anhängigen gerichtlichen Verfahrens konnte der Mieter 2 erneut ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis nachweisen.


In diesem Fall entschied das Amtsgericht Gießen, völlig zu Recht, zugunsten der Mieter und verneinte den Anspruch des Vermieters auf Räumung der Wohnung. Es gebe zwar den Grundsatz, dass jede Falschaussage betreffend Vermögensverhältnissen zu einer fristlosen Kündigung führen kann. Allerdings sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere das Verschulden der Vertragsparteien, gegeneinander abzuwägen. Es kommt darauf an, ob dem Vermieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses zugemutet werden kann oder nicht. Im vorliegenden Fall ist die berufliche Situation des Mieters 2 nicht von erheblicher Bedeutung. Schließlich hätte die Mieterin 1 aus ihrem Nettoeinkommen in Höhe von 3.900 € die Miete allein erbringen können. 


Sinn und Zweck der Frage


Die Frage nach dem Einkommen hat nur den Sinn und Zweck, sich abzusichern, ob die Mieter die Miete werden erbringen können. Das war im vorliegenden Fall allein durch die Einnahmen der Mieterin zu 1 möglich. Insoweit kommt es auf die falsche Angabe des Mieters 2 nicht mehr an. Jeder Grundsatz hat Ausnahmen und eine solche Ausnahme ist in diesem Fall zu berücksichtigen. Die Verletzung der Aufklärungspflicht hat sich nicht auf das Mietverhältnis ausgewirkt.






Foto(s): angelika sworski

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