Mindestanforderungen an ein Testament

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Möchte jemand sein eigenes Testament verfassen, sind strikte Formalitäten zu beachten. Die Verfügung muss vollständig von Hand geschrieben, mit Angabe von Ort und Datum versehen und mit Vor- und Nachnamen unterzeichnet sein. Bei Nichtbeachtung dieser Formalitäten besteht die Gefahr, dass das Testament insgesamt unwirksam ist. Dies hätte zur Folge, dass entweder der Inhalt eines zuvor rechtskräftigen Testaments oder, sofern keine andere rechtskräftige letztwillige Verfügung vorliegt, die gesetzliche Erbfolge gemäß dem Bürgerlichen Gesetzbuch greift.

Die Frage zum Besipiel, ob ein auf einem kleinen Notizzettel verfasstes Testament wirksam sein kann, beschäftigte das Oberlandesgericht Braunschweig (OLG). Eine Frau hatte auf einem undatierten, wenige Zentimeter großen Zettel in Handschrift Folgendes niedergeschrieben:

"Wenn sich jemand findet, der sich um mich kümmert und mich nicht in ein Pflegeheim steckt, soll er mein Haus und mein gesamtes Vermögen erben.

[Vor- und Nachname]

Nach dem Ableben der Frau reichte die Klägerin diesen Zettel beim Nachlassgericht ein und beantragte einen Erbschein, der sie als alleinige Erbin auswies. Sie argumentierte, dass der Zettel den letzten Willen der Verstorbenen wirksam widerspiegele, da sie beabsichtigt hatte, die Klägerin als Alleinerbin einzusetzen.

Die eindeutige Festlegung der Erben

Das OLG vertrat jedoch eine andere Meinung und schloss sich der Entscheidung des Nachlassgerichts an, das zuvor den Antrag der Klägerin abgelehnt hatte (OLG Braunschweig, Az.: 1 W 42/17). Es war jedoch nicht die Tatsache, dass die Erblasserin ihren letzten Willen auf einem Notizzettel niedergeschrieben hatte, die das Problem darstellte. Das Gericht betonte ausdrücklich in seinen Leitsätzen, dass ein Testament wirksam sein kann, wenn es auf einem winzigen Notizzettel verfasst wird. Diese Rechtsauffassung hatte bereits das OLG Schleswig im Jahr 2015 bestätigt (Az. 3 Wx 53/15). Wenn jedoch die äußere Form ungewöhnlich ist und Zweifel an der Wirksamkeit aufkommen können, ist es umso wichtiger, dass zumindest die übrigen Formvorschriften eingehalten werden. Im vorliegenden Fall fehlten die Orts- und Datumsangabe, wodurch unklar war, wann die Erblasserin ihren letzten Willen niedergeschrieben hatte. Darüber hinaus hatte sie keinen Erben namentlich benannt. Dies allein muss nicht zwangsläufig zur Unwirksamkeit des Testaments führen. Es ist jedoch von entscheidender Bedeutung, dass der begünstigte Erbe eindeutig identifiziert werden kann. Die Formulierung der Erblasserin in Bezug auf "kümmern" und "nicht ins Pflegeheim stecken" war jedoch unklar. Es ließ sich nicht eindeutig feststellen, ob damit regelmäßige Besuche, Nachfragen nach ihrem Wohlbefinden, die Pflege oder Unterstützung gemeint waren. Das Gericht kam daher zu dem Schluss, dass die Ernennung des Erben zu unbestimmt war und somit das gesamte Testament unwirksam war.

Strenge Einhaltung der Formalitäten

Immer wieder müssen Gerichte über die Wirksamkeit von Testamenten entscheiden, bei denen es an äußerlichen Formen mangelt oder der Inhalt unklar ist.Die Testierenden haben oft keine Vorstellung davon, welche Unsicherheiten und Interpretationsspielräume sie ihren zukünftigen Erben mit vagen, auslegungsbedürftigen Verfügungen hinterlassen.

Unklare Formulierungen mit Zweifeln lösen häufig langwierige Rechtsstreitigkeiten zwischen den Erben aus, was gerade durch das Testament vermieden werden sollte. Wer glaubt, sein Testament ohne professionelle Hilfe verfassen zu können, sollte zumindest eine umfassende Information einholen.

Es sollte jedoch gut überlegt sein, ganz auf ein Testament zu verzichten. In diesem Fall gelten die gesetzlichen Erbregeln. Doch möchten Sie wirklich dem Gesetzgeber von 1900 vertrauen, der diese Regeln im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert hat?

Daher der Ratschlag: Regeln Sie Ihren Nachlass selbst, aber idealerweise nicht ohne professionelle Unterstützung. Denn das Erbrecht ist komplexer, als viele denken. Ohne fachkundige Hilfe besteht die Gefahr, dass Sie im schlimmsten Fall Erben benannt haben, die Sie eigentlich nicht bedenken wollten.

Foto(s): www.kanzlei-steinwachs.de

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