MyRight unterliegt in Braunschweig – VW-Kunden bundesweit oft erfolgreich

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Der Rechtsdienstleister MyRight muss eine Niederlage hinnehmen: Das Oberlandesgericht Braunschweig hat die Klage eines VW-Fahrers gegen den Wolfsburger Autobauer abgewiesen. Eine Vorentscheidung im Dieselskandal? Keineswegs, denn die Tendenzen in der Rechtsprechung sind bundesweit überwiegend verbraucherfreundlich.

In Braunschweig haben VW-Kunden einen schweren Stand. Klagen von VW-Kunden werden vom dortigen Landgericht (LG) regelmäßig abgewiesen. Auch im aktuell vom dortigen Oberlandesgericht (OLG) entschiedenen Fall hatte das LG erstinstanzlich bereits zu Ungunsten des VW-Kunden entschieden. Der Rechtsdienstleister MyRight war in Berufung gegangen, das OLG bestätigte nun das Urteil. Jetzt will MyRight in die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) gehen.

Häufig andere Gerichte zuständig – und verbraucherfreundlicher

In fast allen Fällen haben VW-Kunden die Wahl zwischen mehreren Gerichtsorten. Mit dem räumlichen Abstand zur Konzernzentrale nimmt dabei auch die Verbraucherfreundlichkeit der Rechtsprechung zu. Andere Landgerichte haben den Einbau einer manipulativen Motorsteuerungssoftware als System zur planmäßigen Verschleierung der wahren Abgasemissionen gegenüber Behörden und Verbrauchern eingestuft – und damit als sittenwidrige Schädigung der Käufer (LG Kiel, Urteil v. 18.05.2018, 12 O 371/17; LG Arnsberg, Urteil v. 14.06.2017, 1 O 227/16; LG Offenburg, Urteil v. 12.05.2017, 6 O 119/16; LG Kleve, Urteil v. 31.03.2017, 3 O 252/16; LG Hildesheim, Urteil v. 17.01.2017, 3 O 139/16; LG Krefeld, Urteil v. 28.02.2018, 7 O 10/17).

Auch andere Oberlandesgerichte haben ebenfalls erheblich verbraucherfreundlichere Ansichten. In Köln ergingen bereits für die Kläger positive Urteile. Das dortige OLG stufte den Einbau der Software, die die Einhaltung der nach der Betriebserlaubnis vorausgesetzten Abgasnorm nur auf dem Rollenprüfstand erfüllt, nicht aber im realen Fahrbetrieb, als Fahrzeugmangel ein (Beschluss v. 28.05.2018, 27 U 13/17). Nach einer weiteren Entscheidung muss Volkswagen dem Käufer eines gebrauchten Audi A4 (Euro 5) Schadensersatz zahlen. In dem dortigen Fall hatte zunächst das Landgericht Köln Volkswagen zum Schadensersatz verurteilt. Diese Entscheidung wurde nun vom OLG Köln bestätigt. Volkswagen habe mit der Softwaremanipulation den Tatbestand der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung gemäß § 826 BGB erfüllt (Beschl. v. 03.01.2019, Az. 18 U 70/18).

Besonders Bremer Umland verbraucherfreundlich

Bei der Beurteilung des Abgasskandals finden gerade Gerichte in Bremen und im Bremer Umland teilweise deutliche Worte. So verurteilte das LG Verden Volkswagen bereits zu Schadensersatz wegen Betruges. Das LG Oldenburg warf dem Wolfsburger Autobauer in Hinweisen ein arglistiges Inverkehrbringen eines mangelhaften Fahrzeugs beziehungsweise Motors vor, dessen Typgenehmigung durch gezielte Manipulation erschlichen worden sei. Aktuell gab das Bremer Landgericht der Klage eines Tiguan-Fahrers statt, der sein Fahrzeug jetzt zurückgeben kann und den Kaufpreis – abzüglich einer Nutzungsentschädigung – erstattet bekommt (LG Bremen, Az. 8 O 584/17). Zuvor hatten Bremer Richter schon sehr deutlich darauf hingewiesen, dass Schadensersatzansprüche von VW-Kunden aus § 826 BGB wegen sittenwidriger Schädigung bestehen dürften. Dieser Haftungsgrund wird damit bundesweit immer wieder bestätigt.

Individualklagen haben immer noch gute Chancen

Es zeigt sich also, dass individuelle Klagen im Abgasskandal in vielen Fällen erfolgreich für die Verbraucher ausgehen – abgesehen vom Gerichtsort Braunschweig. Besitzer abgasmanipulierter VW-Diesel haben deshalb durchaus gute Chancen, Schadensersatz einzuklagen. Obwohl die Kläger aus dem Verfahren vor dem OLG Braunschweig bereits angekündigt haben, vor den BGH zu ziehen, könnte dieser wahrscheinlich frühestens im Herbst darüber verhandeln. Wird auch hier die Klage abgewiesen, will MyRight schließlich den Europäischen Gerichtshof (EuGH) anrufen. Eine rechtskräftige Entscheidung zum Braunschweiger Verfahren ist also noch lange nicht zu erwarten. Bis dahin sind betroffene VW-Kunden gut beraten, wenn sie jetzt individuell die verbraucherfreundliche Rechtsprechung nutzen, um ihren Schummel-Diesel loszuwerden.

Verjährung gegen Volkswagen erst zum 31.12.2019

Für Klagen ist zumeist noch Zeit, denn in vielen Fällen ist die Verjährungsfrist nicht im Dezember 2018 abgelaufen. Die dreijährige Verjährungsfrist knüpft nämlich an die Kenntnis des Betroffenen an. Viele Dieselbesitzer erfuhren aber erst durch einen offiziellen Rückruf von Volkswagen im Jahr 2016, dass ihr Fahrzeug tatsächlich vom Dieselskandal betroffen ist. Daraus folgt für den manipulierten Motortyp EA 189 eine Verjährung zum 31. Dezember 2019. Kundenansprüche bei anderen Fahrzeugen des Konzerns bzw. von anderen Herstellern sind ohnehin noch nicht verjährt.


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