Nach BGH-Urteil für Bausparer: Noch vor Jahresende Entgelte von der Bausparkasse zurückfordern! (mit Musterbrief)

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Da hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) mal wieder ganze Arbeit geleistet und stellvertretend für alle Bausparer erfolgreich gegen die BHW Bausparkasse geklagt. Nach der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 2017 geurteilt hatte, dass jährliche Kontogebühren in der sogenannten Darlehensphase beim Bausparen unzulässig sind, entschied das höchste deutsche Zivilgericht nun auch endlich, dass die Bausparkasse auch während der Sparphase kein sogenanntes Jahresentgelt vom Bausparer verlangen darf (BGH, Urteil vom 15.11.2022 - XI ZR 551/21 - und vom 9.5.2017 - XI ZR 308/15). Was die Rechtsprechung für Verbraucher bedeutet, welche Gelder von der Bausparkasse zurückgefordert werden können und warum betroffene Bausparer noch vor Jahresende aktiv werden müssen, erfahren Sie hier.

Bausparverträge sind bei deutschen Anlegern seit Jahrzehnten sehr beliebt. Das Prinzip des Bausparens ist einfach: Der Kunde schließt mit der Bausparkasse einen Bausparvertrag ab und zahlt regelmäßig Geld auf ein Bausparkonto ein. Ziel ist es, Eigenkapital für den Kauf oder Bau einer eigenen Immobilie aufzubauen. Dabei sind Bausparverträge steuerlich gefördert. Erreicht der Bausparer schließlich nach jahrelanger Einzahlung das vertraglich festgelegte Sparziel beim Sparguthaben, hat er einen Rechtsanspruch auf Zuteilung einer Baufinanzierung mit sicheren Zinsen. Der Bausparvertrag wird dementsprechend untergliedert in zwei Phasen: Zunächst befindet sich der Vertrag in der Ansparphase. Wird dann nach Erreichen der Mindestansparsumme die Baufinanzierung gewährt (sogenannte Zuteilung) und der Kredit ausgezahlt, geht der Vertrag in die Darlehensphase über. Der Bausparer muss dann den Kredit tilgen.

"Die Bausparkasse berechnet während der Sparphase jeweils bei Jahresbeginn – bei nicht vollständigen Kalenderjahren anteilig – für jedes Konto des Bausparers ein Jahresentgelt von 12 EUR p.a. "

So hatte es die BHW Bausparkasse in ihren Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge formuliert und entsprechend jährlich für jedes Bausparkonto ein Jahresentgelt von 12,- Euro berechnet. Für den einzelnen Bausparer ist das zwar nur ein geringer Betrag, der kaum ins Gewicht fällt, doch in der Summe lohnt es sich für die Bausparkassen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen sah in der Entgeltberechnung jedoch eine unangemessene Benachteiligung der Bausparkunden und klagte mit Erfolg bis zum BGH. Der Bundesgerichthof urteilte eindeutig zugunsten der Verbraucher. Er entschied, dass die von der Bausparkasse verwendete Klausel eine sogenannte Preisnebenabrede darstelle und damit der Inhaltskontrolle nach AGB-Recht unterfalle. Das von der Bausparkasse erhobene Entgelt ist nach dem Urteil des BGH aber keine Gegenleistung für eine vertragliche Hauptleistung und auch kein Entgelt für eine Sonderleistung der Bausparkasse. Die Einzelheiten sind juristisch kompliziert. Für Verbraucher und Bausparer genügt es zu wissen, dass die von der Bausparkasse verwendete Klausel im Ergebnis unzulässig ist, "weil die Erhebung des Jahresentgelts in der Ansparphase eines Bausparvertrags mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist und die Bausparer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Denn mit dem Jahresentgelt werden Kosten für Verwaltungstätigkeiten auf die Bausparer abgewälzt, welche die Bausparkasse aufgrund einer eigenen gesetzlichen Verpflichtung zu erbringen hat.", so der BGH wortwörtlich in seiner Pressemitteilung zum Urteil vom 15. November 2022 - XI ZR 551/21.

Alle Bausparverträge betroffen

Zwar hat der BGH nur über eine von der BHW Bausparkasse verwendete Klausel geurteilt, die Entscheidung hat aber Signalwirkung und gilt grundsätzlich für alle Bausparkassen gleichermaßen, wenn sie identische oder nahezu gleiche Entgelte von ihren Kunden verlangen. Der vzbv hat die Bausparkasse bereits aufgefordert, von sich aus auf die Bausparkunden zuzugehen wegen der Erstattung von Entgelten, die zu Unrecht berechnet wurden. Ob und welche Bausparkassen diesem Aufruf folgen werden, ist unklar.

Bausparer sollten noch vor Jahresende Entgelte zurückfordern

Das BGH-Urteil hat massive Auswirkungen für betroffene Verbraucher, denn ihnen steht nun ein Rückforderungsanspruch gegen ihre Bausparkasse zu, wenn ihnen jahrelange die unzulässigen Entgelte berechnet wurden. Dabei müssen Verbraucher jedoch unbedingt die Verjährungsfristen im Blick haben. Für die letzten drei Jahre (ab 2019) können die zu Unrecht gezahlte Entgelte in jedem Fall zurückgeholt werden. Die gesetzliche Regelverjährung beträgt drei Jahre und endet immer am Ende eines jeden Jahres. Deshalb sollten betroffene Bausparer unbedingt noch vor Jahresende aktiv werden. Der erste Schritt ist die Bausparkasse zur Erstattung schriftlich aufzufordern. Finanztip stellt für Verbraucher ein Musterschreiben kostenlos zur Verfügung. Für eine Verjährungshemmung genügt ein solcher außergerichtlicher Brief jedoch nicht. Betroffene Bausparer müssten beispielsweise ein Mahnverfahren gegen die Bausparkasse einleiten.

Verlängerung der Verjährungsfrist auf bis zu 10 Jahre?

Rechtlich unklar ist derzeit noch, Hintergrund ist, dass zur Frage der Verjährung bereits der Europäische Gerichtshof im vergangenen Jahr entschieden hatte, dass diese Erstattungsansprüche nicht verjähren dürfen, solange der Verbraucher nicht erkennen konnte, dass er ein Recht auf Erstattung hat. Für Bausparkunden könnte dies bedeuten, dass sie erst frühestens mit Bekanntwerden des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 15.11.2022 Kenntnis von der Unwirksamkeit der Entgeltklausel hatten und dann die 10jährige Höchstverjährungsfrist nach dem BGB gilt. Betroffene Bausparer können versuchen, die Entgelte für die letzten zehn Jahre zurückzufordern. Wie die Bausparkassen darauf reagieren, ist im Moment aber nicht absehbar. Vermutlich wird sich der BGH auch mit der Frage der Verjährung in diesen Fällen in nächster Zeit noch befassen müssen, wenn die Bausparkassen nicht freiwillig die Entgelte für zehn Jahre erstatten.

Foto(s): Bild von Frauke Riether auf Pixabay

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