Nachtrag im Bauvertrag - der Weg über die Bedenkenanzeige! KG vom 07.09.2021 - 21 U 86/21

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KG Berlin - Urteil vom 07.09.2021 - 21 U 86/21

Die Bedeutung einer ordnungsgemäßen und vollständigen Bedenkenanzeige auch für die erfolgreiche Durchsetzung von Ansprüchen auf Nachtragsvergütung, ist nicht zu unterschätzen.

Häufig entstehen Meinungsverschiedenheiten deswegen, weil sich bei der Besichtigung der Baustelle bzw. im Bauverlauf herausstellt, dass aufgrund der konkreten Gestaltung des Bauwerks nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik Maßnahmen erforderlich sind, welche der Unternehmer bei der Erstellung seines Angebotes nicht für nötig hielt und deswegen auch nicht kalkulierte.

Ein grober Fehler wäre es, sich dann lediglich in Diskussionen mit dem Auftraggeber auszutauschen, wenn nicht ohne weiteres eine Nachtragsvereinbarung zu erreichen ist.

Der richtige Weg führt in diesem Fall stets und von Anfang an über eine an den Auftraggeber adressierte schriftliche, konkrete und ausführliche Bedenkenanmeldung, in welcher ganz genau dargestellt wird, welche Bedenken bestehen und welche Folgen drohen, wenn unverändert nach den Vorgaben des Auftraggebers ausgeführt werden würde.

Grundsätzlich sollte man dem Auftraggeber dann mitteilen, dass man entsprechend dieser Vorgaben ausführen wird, wenn nicht innerhalb einer bestimmten, angemessenen Frist eine andere Weisung des Auftraggebers erfolgt. Selbstverständlich ist es von erheblicher Bedeutung, gleichzeitig dafür zu sorgen, dass der Zugang der Bedenkenanmeldung nachweisbar ist.

In der Regel wird der Auftraggeber auf eine solche Bedenkenanmeldung auch reagieren, weil er anderenfalls riskiert, dass an seinem Bauwerk Mängel entstehen, für welche er niemanden verantwortlich machen kann. 

Häufig versuchen Auftraggeber dann jedoch einem Vergütungsanspruch zu entgehen, indem sie keine konkrete Anordnung treffen, sondern auf einer Ausführung nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik bestehen und gleichzeitig darauf hinweisen, keine Mehrvergütung zahlen zu wollen. Sie behaupten dann, wenn Leistungen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erforderlich wären, wären sie schon Inhalt des ursprünglichen Vertrages. 

Der Unternehmer sieht sich dann dem Problem ausgesetzt, einerseits nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik ausführen zu müssen, andererseits aber zu riskieren, dass keine Nachtragsvergütung gezahlt wird. Hätte eine solche "Rosinenpickerei" der Auftraggeberseite Erfolg, wäre das fatal.

Glücklicherweise hat das KG (Berlin) in einem einstweiligen Verfügungsverfahren am 7. September 2021 (Az. 21 U 86/21) entschieden, dass der Auftraggeber damit keinen Erfolg hat, wenn die Leistung objektiv nötig, aber objektiv nicht im ursprünglichen Vertrag enthalten war. Dann besteht auch der Anspruch auf die Nachtragsvergütung, denn aus objektiver Sicht verhält sich der Auftraggeber dann widersprüchlich. Das verstößt gegen das bauvertragliche Kooperationsverbot. 

Entscheidet sich der Unternehmer in dieser Situation, die Werkleistung geändert auszuführen, kann sich der Besteller wegen seines eigenen Kooperationsverstoßes nicht darauf berufen, eine dahingehende Leistungsänderung weder begehrt noch angeordnet zu haben. 


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