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Negative Hotelbewertungen – Bewertungsportal muss Kundenkotakt nachweisen

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Am 09.08.2022 entschied der Bundesgerichtshof (BGH) durch Urteil, dass sich Hotelbetreiber künftig gegen negative Bewertungen wehren können, indem sie den Kundenkontakt bestreiten.

Das Bewertungsportal, auf welchem die streitgegenständliche Bewertung hinterlassen wurde, trifft dann die Pflicht zu prüfen, ob der beanstandeten Bewertung ein Gästekontakt zugrunde liegt oder nicht.

Eine solche Prüfpflicht besteht nicht, wenn die Identität des Verfassers der Bewertung offenkundig ist oder wenn ein Rechtsmissbrauch vorliegt.

(Urt. v. 09.08.2022, Az. VI ZR 1244/20)

Mit diesem Urteil stärkt der BGH die Rechte der Unternehmen.

Es gibt viele Portale im Internet, auf denen man die Möglichkeit hat, eine Bewertung abzugeben.

Leider gibt es Menschen, die grundlos negative Bewertungen hinterlassen, obwohl sie nie Gast in dem in Rede stehenden Hotel waren.

Um gegen solche unbegründeten rufschädigenden Bewertungen vorgehen zu können, soll es für Hotelbetreiber in Zukunft ausreichen, den Gastkontakt zu bestreiten.

Das Bestreiten des Kundenkontakts löst die Beweispflicht des Bewertungsportals aus.

Es muss nachweisen, ob der Verfasser der Bewertung tatsächlich Gast in dem betreffenden Hotel war.

Ist es dem Bewertungsportal nicht möglich, den Kundenkontakt nachzuweisen, muss die Bewertung gelöscht werden.


Ausgangslage: Betreiberin eines Ferienparks wehrt sich gegen negative Bewertungen 

Auslöser dieses Rechtsstreits war, dass sich die Klägerin, eine Betreiberin eines Ferienparks, gegen mehrere negativen Bewertungen wehren wollte, mit der Behauptung, die Rezensenten seien keine Gäste in der Freizeiteinrichtung gewesen.

Die Beklagte betreibt im Internet ein Online-Reiseportal, über das die Nutzer unter anderem Hotels buchen und bewerten können.

Als Anreiz für die Abgabe einer Bewertung erhalten die Nutzer Flugmeilen als Prämie. 

Die Richtlinien zur Nutzung des Portals sehen vor, dass ein Hotel nur dann bewertet werden darf, wenn der Nutzer dort auch zu Gast war, also die zu bewertende Leistung in Anspruch genommen hat.

Das Problem bestand darin, dass die Bewertungen unter dem vom Nutzer angegebenen Namen veröffentlich wurden, was zur Folge hatte, dass die Verfasser nur ihren Vornamen oder ihre Initialen angaben, was es dem Hotelbetreiber unmöglich machte zu überprüfen, ob die Verfasser der Rezension tatsächlich Gäste des Hotels waren.

Die Klägerin begehrt die Unterlassung der Verbreitung der streitigen Bewertungen auf der Internetseite.

In erster Instanz blieb die Klage vor dem Landgericht erfolglos.

Das Oberlandesgericht hingegen hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, die Bewertungen teilweise zu verbreiten.

Die Beklagte legte daraufhin Revision ein und beantragte, die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Nun hatte der BGH zu entscheiden.


Das Unternehmenspersönlichkeitsrecht schützt den Ruf eines Unternehmens

Das Unternehmenspersönlichkeitsrecht schützt das gesellschaftliche Ansehen und den Ruf eines Unternehmens, insbesondere schützt es vor rufschädigenden Äußerungen.

Es ist nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, ergibt sich aber aus Art. 2 Abs.1 in Verbindung mit Art. 19 Abs.3 GG.

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Unternehmenspersönlichkeitsrecht ist, dass dieses Grundrecht „seinem Wesen nach“ auf das Unternehmen anwendbar ist. 

Da sich Unternehmen aber bewusst am öffentlichen Marktgeschehen beteiligen, müssen sie sich in der öffentlichen Diskussion auch vermehrt Kritik gefallen lassen. Der Schutz ist daher schwächer als bei natürlichen Personen.

Überwiegend Anwendung findet dieses Recht in den Fällen negativer Äußerungen.

Gegen solche Äußerungen kann sich das Unternehmen wehren, wenn ihr Unternehmenspersönlichkeitsrecht das Recht auf Meinungsfreiheit des Äußernden überwiegt.

Ist das der Fall steht dem Unternehmen ein Unterlassungsanspruch gegen den Äußernden zu.

Vorliegend wurden in den beanstandeten Bewertungen unter anderem die Sauberkeit der Zimmer, der Service und der Zustand der Freizeitanlage kritisiert.

Diese Bewertungen sind geeignet, den Ruf des Klägers zu beeinträchtigen, da sie dazu führen könnten, dass potenzielle Kunden durch die Bewertungen davon abgehalten werden, die Dienstleistungen des Klägers in Anspruch zu nehmen.

Durch die beanstandeten negativen Bewertungen beeinträchtigen die Verfasser die Klägerin in ihrem sozialen Geltungsanspruch als Wirtschaftsunternehmen.

Die Bewertungen greifen somit in den Schutzbereich des allgemeinen

Unternehmenspersönlichkeitsrechts der Klägerin ein.


Rufschädigung von Unternehmen

- Unterlassungsanspruch wegen der angegriffenen Bewertungen gegenüber dem Äußernden

Ein Unterlassungsanspruch der Betreiberin des Ferienparks gegen die negativen Bewertungen ergibt sich vorliegend aus § 1004 Abs.1 S.2 BGB analog i.V.m. § 823 Abs.1 BGB, Art. 2 Abs.1, Art. 19 Abs.3 GG.

Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist, dass der Anspruchsgegner, hier der Äußernde, als Störer ein durch § 823 Abs.1 BGB geschütztes Rechtsgut oder Recht des Klägers beeinträchtigt, dass keine Verpflichtung des Klägers besteht, dies zu dulden, und dass weitere Beeinträchtigungen zu befürchten sind.

Wie bereits oben ausgeführt greifen die beanstandeten negativen Bewertungen in das Unternehmenspersönlichkeitsrechts der Klägerin ein.

Dieses Recht wird als sonstiges Recht von § 823 Abs.1 BGB erfasst.

Ob der Eingriff rechtswidrig ist, hängt davon ab, ob das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Interessen der anderen Seite überwiegt.

Dementsprechend ist eine Abwägung zwischen dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht des Klägers und der Meinungsfreiheit der Nutzer, der Informationsfreiheit der passiven Nutzer und der Kommunikationsfreiheit der Beklagten sowie dem Schutz der Geschäftstätigkeit der Beklagten vorzunehmen.

Sollte die Behauptung des Klägers zutreffen, dass die angegriffenen Bewertungen nicht auf Gastkontakten beruhen, so ergibt diese Abwägung, dass die geschützten Interessen des Klägers gegenüber denen von der Beklagten und den Portalnutzern überwiegen.

Wenn eine rechtswidrige Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts vorliegt, besteht eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr.

Die erforderliche Wiederholungsgefahr wäre dann zu bejahen.

Ob die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs erfüllt sind, hängt also davon ab, ob das Gericht davon überzeugt ist, dass den beanstandeten Bewertungen kein Gästekontakt zugrunde liegen.


Haftungsbeschränkung des § 10 S.1 TMG 

– Beklagte ist nicht von der Verantwortlichkeit für den Inhalt, der von ihr betriebenen Website befreit

Ob die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs erfüllt sind, könnte dahinstehen, wenn die Beklagten ohnehin nicht für die beanstandeten Bewertungen verantwortlich ist.

Im vorliegenden Fall betreibt die Beklagte ein Internetportal und speichert dort unter anderem Bewertungen von Nutzern zum Zwecke des Abrufs.

Sie ist also eine Dienstanbieterin im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG, auch Hostprovider genannt, da sie Telemedien zur Nutzung im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 TMG bereithält.

Folglich kommt eine Haftungsbeschränkung des § 10 S.1 TMG in Betracht, wonach die Portalbetreiberin für die Informationen, die sie für einen Nutzer speichert, nicht verantwortlich wäre.

Vorliegend geht es jedoch um einen Unterlassungsanspruch, der seine Grundlage in einer vorangegangenen Rechtsverletzung hat.

Für solche Ansprüche gilt die Haftungsbeschränkung des § 10 S.1 TMG aber nicht.

Die Beklagte ist daher nicht von der Haftung für den Inhalt, der von ihr betriebenen Website befreit.


Prüfungsumfang des Hostprovider als unmittelbarer Störerin

Vorliegend haftet die Beklagte als mittelbare Störerin, da sie die Bewertungen nicht kontrolliert oder inhaltlich verändert oder sich sonst zu eigen gemacht hat.

Sie trifft somit nur eine eingeschränkte Verantwortlichkeit für die von der Klägerin beanstandeten Bewertungen.

Die Beklagte ist als Hostprovider ab dem Zeitpunkt verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellte Beiträge auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen, sobald sie Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt.

Der Umfang der Prüfung muss dem Umstand Rechnung tragen, dass Bewertungsportale eine von der Rechtsordnung anerkannte und von der Gesellschaft gewünschte Funktion erfüllen.

Daher darf der vom Hostprovider zu leistende Prüfungsaufwand den Betrieb seines Portals weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren.

Andererseits kann nicht außer Acht gelassen werden, dass der Betrieb eines Portals mit der Möglichkeit Bewertungen zu hinterlassen von vornherein ein erhöhtes Risiko für Persönlichkeitsrechtsverletzungen mit sich bringt.

Der Portalbetreiber muss daher von vornherein mit entsprechenden Beschwerden rechnen.

Zudem muss der Umstand Beachtung finden, dass Nutzer die Möglichkeit haben Bewertungen anonym abgeben zu können, was es dem Betroffenen erschwert, direkt gegen den Verfasser der Bewertung vorzugehen.

Liegt demnach ein konkreter Hinweis auf einen Rechtsverstoß vor, der sich anhand der Aussage des Betroffenen leicht bestätigen lässt, muss der Hostprovider diese Beschwerde an den für den Inhalt Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterleiten.

Erfolgt innerhalb einer den Umständen nach angemessener Frist keine Stellungnahme, so wird davon ausgegangen, dass die Beanstandung berechtigt ist, und der beanstandete Eintrag wird gelöscht.


Entscheidung des BGH 

– rechtswidriger Eingriff in das Unternehmerpersönlichkeitsrecht

Im vorliegenden Fall löste die Beanstandung des Klägers, dass die Bewertungen nicht auf einem Gästekontakt beruhen, eine Prüfpflicht des Bewertungsportals aus.

Da die Beklagte der Prüfpflicht nicht nachkam, entschied das Gericht zugunsten des Klägers, dass die Beanstandungen zutreffend waren und der Bewertung kein Gästekontakt zugrunde lag.

Die Klägerin war auch nicht verpflichtet, die Beanstandung weiter zu begründen.

Dazu wäre sie nur verpflichtet gewesen, wenn der Verdacht bestünde, dass die Klägerin die Beschwerde rechtsmissbräuchlich erhoben hat. Dies sah das Gericht jedoch nicht so.

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass das Unternehmenspersönlichkeitsrecht des Klägers die Interessen der Beklagten und der Nutzer überwiegt.

Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch waren daher gegeben, und die beanstandeten negativen Bewertungen zu löschen.


Fazit 

- die einfache Rüge des Gästekontakts reicht künftig aus

Die Beanstandung, einer Bewertung liege kein Gästekontakt zugrunde, reicht aus, um eine Prüfpflicht des Bewertungsportals auszulösen.

Eine einfache Rüge ist dafür ausreichend. Das Unternehmen ist nicht verpflichtet, die Beschwerde weiter zu begründen. Dies gilt auch für den Fall, dass entsprechende Informationen vorliegen, die für einen Gästekontakt sprechen würden.

Dies liegt daran, dass der Hotelbetreiber aufgrund der Möglichkeit anonymer Bewertungen regelmäßig nicht nachprüfen kann, ob die Bewertung auf einem Gästekontakt beruht.

Einer näheren Begründung ist nur dann erforderlich, wenn die Identität des Bewertenden für den Bewerteten aus der Bewertung ohne weiteres ersichtlich ist oder die Möglichkeit eines Rechtsmissbrauchs besteht.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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