Neue Entwicklung im Abgasskandal – auch die Hersteller haften auf Rückabwicklung

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Zwischenzeitlich liegen zahlreiche gut begründete Entscheidungen u. a. vom Landgericht Würzburg und vom Landgericht Nürnberg vor, in denen neben dem Vertragshändler auch die Fahrzeughersteller verurteilt wurden, das „manipulierte“ Fahrzeug jeweils zurückzunehmen. 

Die Gerichte argumentieren, dass der Kunde gegen den Hersteller einen Anspruch auf Schadloshaltung gemäß §§ 826, 249 BGB und § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV hat. 

Der Hersteller eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs ist dem Erwerber für die Erteilung einer unrichtigen Übereinstimmungsbescheinigung zum Schadensersatz verpflichtet. 

Als Inhaber von Typengenehmigungen für die mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeuge haben Hersteller wie z. B. die VW AG unrichtige Übereinstimmungsbescheinigungen ausgestellt. Diese unrichtigen Übereinstimmungsbescheinigungen sind Grundlage für die Erteilung einer Betriebserlaubnis für die einzelnen Fahrzeuge geworden. 

Nach § 27 Abs. 1 EG-FGV dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr neue Fahrzeuge nur angeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen sind. 

Nach § 6 der EG-FGV hat der Inhaber der EG-Typengenehmigung für jedes dem genehmigten Typ entsprechende Fahrzeug eine Übereinstimmungsbescheinigung nach Art. 18 in Verbindung mit dem Anhang IX der Richtlinie 2007/46/EG auszustellen und dem Fahrzeug beizufügen. 

Mit dieser Übereinstimmungsbescheinigung erklärt der Hersteller des Fahrzeugs als Inhaber der entsprechenden Typengenehmigung, dass das Fahrzeug im Zeitpunkt seiner Herstellung allen einschlägigen Rechtsakten entspricht. 

Nach sich jetzt durchsetzender Rechtsprechung ist in der gezielten Manipulation der Abgaswerte durch eine manipulierte Software ein Verstoß gegen das Verbot der Inverkehrgabe und Handel ohne gültige Bescheinigung nach § 27 Abs. 1 EG-FGV gegeben. Darüber hinaus liegt ein Verstoß gegen die Pflicht zur Erteilung einer gültigen Bescheinigung gem. § 6 Abs. 1 EG-FGV vor. 

Beide genannten Vorschriften sind rechtlich als Verbotsgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zu qualifizieren. Vor diesem Hintergrund haftet der Hersteller, der gezielt unzulässige Abschalteinrichtungen in die Fahrzeuge eingebaut hat unter deliktsrechtlichen Gesichtspunkten, sodass der Hersteller – hier insbesondere die VW AG – direkt auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann. 

Die Rechtsprechung argumentiert hier zutreffend, dass es sich um eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung handelt. Kein normaler Kunde hätte ein manipuliertes Fahrzeug erworben, wenn er im Vorfeld des Vertragsschlusses darauf hingewiesen worden wäre, dass die Software nicht gesetzeskonform sei, sondern vielmehr an dem Fahrzeug eine gezielte Manipulation durchgeführt wurde, um bei der Messung auf dem Prüfstand die Stickoxidwerte zu optimieren, um die geltenden Abgasnormen zu umgehen. Durch diese Manipulation wurden die Fahrzeuge in vielen Fällen in die Schadstoffklasse Euro 5 eingruppiert, obwohl tatsächlich ohne die Manipulation diese Grenzwerte nicht eingehalten worden wären. 

Nur aufgrund der Vorgaben des Bundeskraftfahrbundesamtes – hier wurden dem Unternehmen VW durch Bescheid Auflagen erteilt – wurde das Erlöschen der Betriebserlaubnis vermieden. 

Nach zutreffender Auffassung der Instanzgerichte haften auch die Vertragshändler auf Rückabwicklung, da die manipulierten Fahrzeuge in technischer Hinsicht von der vertraglich vorausgesetzten üblichen Beschaffenheit abweichen. Das Fahrzeug entsprach im Zeitpunkt der Übergabe nicht den gesetzlichen Vorschriften und war mangels Einhaltung der Euro-5-Norm nicht zur vorausgesetzten Verwendung geeignet. 

Auf eine Nachbesserung muss sich der Käufer nicht einlassen, diese ist unzumutbar. Dies vor allem vor dem Hintergrund des betrügerischen Verhaltens des Herstellers, der gezielt die Abgaswerte manipuliert hat und damit den Käufer getäuscht hat. Keinem Käufer ist es zumutbar die technisch ungewisse Nachbesserung zu akzeptieren. 

Schließlich war es der Hersteller, der gezielt die Abgaswerte manipulierte und gezielt täuschte. Insoweit leuchtet es jedem ein, dass man sich auf eine Korrektur des Täuschenden mit ungewissem technischen Ausgang nicht einlassen muss. 

Vor diesem Hintergrund und der zutreffenden Entwicklung in der Rechtsprechung – die sich nunmehr verfestigt – bestehen hinreichende Erfolgsaussichten neben dem Vertragshändler als Verkäufer direkt den Hersteller auf Schadensersatz in Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises und weiteren Schadensersatz Zug um Zug gegen Rücknahme des Fahrzeuges zu nehmen. 



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