Notarielle Räumungsunterwerfung

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Notarielle Räumungsunterwerfung 

Räumungsverfahren im Gewerberaummietrecht können bereits in erster Instanz 1–2 Jahre dauern. Dies regelmäßig, wenn der Mieter Mängel behauptet, welche zur Minderung berechtigen sollen. Dann ist es für Richter oft schwer, schnelle Entscheidungen zu treffen. Dies gilt für den Mietzins und für die Räumung. Als Mieter kann man sich auch eine zusätzliche Sicherheit schaffen, um im Rahmen der Zwangsversteigerung oder eines Insolvenzverfahrens des Mieters gewappnet zu sein. Dies erläutern wir Ihnen nachfolgend

Die Unterwerfungserklärung bietet dem Vermieter keine zusätzliche Zugriffsmöglichkeit wie etwa eine dingliche Sicherheit (Barkaution, verpfändetes Sparbuch) oder die Bürgschaft eines Dritten.

Sie enthebt den Vermieter jedoch zumindest von der Notwendigkeit, sich vor der Zwangsvollstreckung einen Titel gegen den Mieter zu beschaffen und spart Zeit und Kosten.

Anwendbarkeit und Unterscheidung zwischen Vollstreckungsunterwerfung- Räumungsunterwerfung

Vollstreckungsunterwerfung sind sowohl bei Wohnraum- als auch bei Geschäftsraummiet-verhältnissen zulässig. Zu differenzieren ist bezüglich der Anwendbarkeit jedoch zur Räumungsunterwerfung: Die Vollstreckungsunterwerfung darf bei Wohnmietverträgen nur über konkret bezeichnete, nicht den Bestand eines Mietverhältnisses betreffende Ansprüche, nämlich die laufenden Mieten für das Mietobjekt -innerhalb von Wohnraummietverhältnissen- vereinbart werden darf.

Im Rahmen von Gewerbemietverträgen sind die Einschränkungen nicht vorhanden. Hier ist insbesondere auch eine Räumungsunterwerfung möglich.

Wirksamkeitshindernisse

Die Vollstreckungsunterwerfung darf im konkreten Fall nicht gem. § 138 BGB sittenwidrig sein. Das wäre z.B. der Fall, wenn die Mieter sich in einer Zwangslage befinden oder so geschäftsunerfahren sind, daß sie die Folgen der Vollstreckungsunterwerfung nicht überblicken.

Eine formularmäßige Verpflichtung des Mieters im Mietvertrag zur Abgabe einer notariellen Vollstreckungsunterwerfung kann nach § 307 BGB unwirksam ist, wenn die Verpflichtung nicht individuell vereinbart worden ist.

Die Vereinbarung einer Vollstreckungsunterwerfung im Mietvertrag wird damit vor allem im Rahmen von Gewerberaummietverträgen von Bedeutung sein, die im Einzelnen zwischen den Parteien ausgehandelt werden.

Konkretisierungsgebot: Räumliche Bestimmtheit

Der -spätere- Gerichtsvollzieher muß die exakte Lage des zu räumenden Mietobjektes definieren können und zwar ausschließlich mit Hilfe des Titels und dessen Anlagen. Hierzu reicht die reine Anschrift ggf. nicht, ebenfalls nicht die zusätzliche Nennung des Geschosses

das Landgericht Heidelberg führte in seiner Entscheidung vom 02.08.2019- 5 T 39/19 wie folgt aus::

„…Wenn der Räumungs-Vergleich die Lage der zu räumenden Wohnung allein nach dem Stockwerk, in dem sie liegt, bezeichnet; es dort aber zwei (hier: unterschiedlich große) Wohnungen gibt, ist der Inhalt des Vergleichs insoweit nicht zweifelsfrei. Auch das Vorhandensein eines mit dem Namen der Schuldnerin beschrifteten Klingelschilds genügt nicht, um die Wohnung der Schuldnerin ausreichend bestimmbar zu machen. Denn der Name am Klingelschild kann beliebig verändert, beseitigt oder an anderer Stelle angebracht werde….“

Daher wird im Ergebnis eine möglichst präzise Beschreibung der Mietsache durch Beifügung des Mietvertrages nebst Plan oder die genaue Bezeichnung Strasse, Nummer, Geschoss, Seite, Wohnung  (inklusive Nebengebäude; Keller) gefordert, um eine vollständige Räumung zu erzielen.

Möchte der Mieter sich dagegen wehren, muss er seinerseits Vollstreckungsabwehrklage erheben. Dort kann er seine Einwände vorbringen. Hält das Gericht diese für berechtigt, wird es in der Regel nur gegen Leistung einer erheblichen Sicherheit die Vollstreckung aus der notariellen Räumungsunterwerfungserklärung einstellen.

Damit ist der Vermieter abgesichert. Der Mieter hat zwar typischerweise kein Interesse daran, entsprechende Erklärungen abzugeben; dennoch kann einem unwilligen Mieter stets entgegengehalten werden, dass dieser sich bei Vertragstreue keine Sorgen zu machen braucht. Weiterhin ist in solchen Fällen keine hohe Sicherheit erforderlich, was dem Mieter typischerweise zugute kommt, weil die Mietsicherheit meist totes Kapital ist.

Sonderproblem Mischmietverhältnis:

Aus einer notariellen Urkunde kann vollstreckt werden, wenn der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Jedoch sind Ansprüche, die „den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum“ betreffen, vom Anwendungsbereich der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen.

Betrifft also der Räumungsanspruch ein sog. Mischmietverhältnis, dessen Schwerpunkt auf der Gewerbemiete liegt ist fraglich, ob die Titulierung des Räumungsanspruchs durch eine notarielle Urkunde bereits dann ausscheidet, wenn hiervon auch Wohnraum betroffen ist, oder ob sich die Behandlung eines Mischmietverhältnisses nach der sog. Schwerpunkttheorie richtet.

Zwar habe der Schwerpunkt des Mietverhältnisses im gewerblichen Teil gelegen; die notarielle Urkunde sei aber gleichwohl unwirksam, weil § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO auch dann gelte, wenn der Vollstreckungsanspruch sich auch nur teilweise auf Wohnraum beziehe. Das Vollstreckungsrecht solle nämlich den Mieter vor einem kurzfristigen Verlust der Wohnung und der damit verbundenen Gefahr der Obdachlosigkeit schützen.

Es ergibt sich folgende Lösung:

Denkbar ist ein notarielles Räumungsanerkenntnis nur hinsichtlich der vermieteten Gewerberäume errichten und einer klare Abtrennung von Wohn- und Gewerbebereich definieren/ vereinbaren/ dokumentieren!



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