OLG Köln, FernUSG und das Coaching

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Das OLG Köln hat ein wegweisendes Urteil zum Thema Coaching Vertrag und FernUSG erlassen. Als Anwälte für IT-Recht sind wir umfangreich mit der Gestaltung von Coaching Verträgen befasst:

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Hier nun zum Urteil des OLG Köln zum FernUSG:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch

keinen Erfolg.

1.

Das Landgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Klägerin gegenüber

der Beklagten gemäß § 611 BGB aus dem am 24.03.2021 geschlossenen Vertrag

ein Anspruch auf Zahlung von vier monatliche Raten zu je 4.165 € brutto für die Zeit

vom 12.11.2022 bis 12.02.2022 zusteht.

Mittlerweile ist zwischen den Parteien unstreitig, dass es am 24.03.2021 zu einer

vertraglichen Vereinbarung gekommen ist. Ebenso unstreitig ist, dass eine

Vertragsdauer von zwölf Monaten vereinbart wurde und ab dem 00.00.2021

monatliche Raten von 3.500 € netto zu zahlen waren.

a) Der Vertrag ist entgegen der Einschätzung der Beklagten auch nicht als nichtig

nach § 7 Abs. 1 FernUSG anzusehen, weil die Klägerin nicht über die nach § 12 Abs.

1 FernUSG erforderliche Zulassung verfügt. Dabei handelt es sich bei dem

Vorbringen der Beklagten zum FernUSG - entgegen der Auffassung der Klägerin -

nicht um neuen Tatsachenvortrag, sondern um Rechtsausführungen, die an die

entscheidungserheblichen Tatsachen zum Vertragsschluss und den

Vertragsinhalten, die bereits in erster Instanz unter Bezugnahme auf den

Videomitschnitt übereinstimmend vorgetragen worden sind, anknüpfen.

(1) Zunächst stellt sich die Frage der Anwendbarkeit des FernUSG, da vorliegend

unstreitig kein Verbrauchervertrag gegeben ist.

Für eine Anwendung des FernUSG nur auf Verbraucherverträge spricht allerdings,

wie die Klägerin zu Recht eingewandt hat, die Gesetzesbegründung zum FernUSG

(BT-Drs. 7/4245, S. 13). Danach sollen die Teilnehmer am Fernunterricht unter dem

Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes geschützt werden und das Gesetz solle sich

"einreihen" in die Bemühungen zum Schutz der Verbraucher. Hierfür spricht auch § 4

FernUSG, da dort auf § 355 BGB verwiesen wird, der den Verbraucherwiderruf

normiert. Auch in § 7 FernUSG wird mehrfach das Widerrufsrecht angesprochen.

Zudem verweist die Klägerin zutreffend darauf, dass im Allgemeinen Unternehmer

von Gesetzes wegen als weniger schutzwürdig angesehen werden als Verbraucher.

Das Oberlandesgericht Celle hat demgegenüber in seinem Urteil vom 01.03.2023 (3

U 85/22, BeckRS 2023, 2794) ausgeführt, dass das FernUSG sowohl auf

Verbraucher als auch auf Unternehmer Anwendung finde. Gegen eine Anwendung

nur auf Verbraucher spreche u. a., dass das FernUSG abgesehen von der Regelung

des § 3 Abs. 3 FernUSG den Begriff des Verbrauchers nicht verwende. Soweit

jedoch § 3 Abs. 3 FernUSG eine gesonderte Belehrung für Verbraucher vorsehe, sei

dies nur der Umsetzung des Verbraucherschutzes geschuldet. Es gäbe aber -

anders als z.B. in § 1 Absatz 1 VerbrKrG a. F. oder § 6 Nr. 1 HWiG a.F. - keine

gesonderte Vorschrift, die die Anwendung des Gesetzes im Ergebnis explizit nur für

Verbraucherverträge vorschreibe. Im Übrigen spreche für eine Anwendung des

Gesetzes auf Unternehmer das Verständnis der Praxis (vgl. OLG Celle a.a.O.).

Weiter könnte - wie die Beklagte zu Recht ausführt - auch der historische Kontext

des FernUSG gegen eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des FernUSG

auf Verbraucher sprechen. Die "verbraucherschützende" gesetzgeberische

Zielsetzung des FernUSG datiert von 1975 und damit vor der Einführung des

modernen Verbraucherschutzrechts. Die Legaldefinition des Verbrauchers in §13

BGBwurde erst im Zuge der europarechtlichen Harmonisierung durch Art. 2 des

Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts

sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27.06.2000 (BGBl I 2000,

S. 897) in das BGB eingefügt. Die ersten wesentlichen europäischen Vorschriften

wie die Haustürgeschäftswiderrufs-Richtlinie (ABl. EG Nr. L 372 vom 31.12.1985,

S. 31) datieren aus den 1980er Jahren. So gesehen könnte der "Verbraucher",

den das FernUSG schützen will, nicht gleichzusetzen sein mit dem Verbraucher

i.S.d. §13BGBa.F. Vielmehr könnte der historische Gesetzgeber damit auch

jeden Kunden eines Fernunterrichtslehrgangs gemeint haben. Diesen

Anwendungsbereich hat der Gesetzgeber im Zuge der vielfältigen Novellen des

Verbraucherschutzrechts zumindest im Gesetzeswortlaut im Wesentlichen auch

nie angepasst (vgl. hierzu auch Lach, jurisPR-ITR 12/2023, Anm. zu OLG Celle 3

U 85/22).

Der Senat kann die Entscheidung der Frage, ob das FernUSG auch auf Verträge

zwischen Unternehmern Anwendung finden kann, allerdings dahin stehen lassen, da

im vorliegenden Fall jedenfalls die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 FernUSG nicht

erfüllt sind.

Ausweislich § 1 Abs. 1 FernUSG ist Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieses

Gesetzes, dass es sich um einen Vertrag handelt, der die entgeltliche Vermittlung

von Kenntnissen und Fähigkeiten zum Gegenstand hat, bei der der Lehrende und

der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und der

Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen.

(2) Der streitgegenständliche Vertrag hat zwar zumindest auch die Vermittlung von

Kenntnissen und Fähigkeiten zum Gegenstand. Nach dem Inhalt des klägerischen

Programmes sollte - im Wesentlichen mittels Videos, Worksheets, Templates und

Skripten - Wissensvermittlung zur Unternehmensorganisation, zum Marketing und

zum Vertrieb erfolgen. Der Kontakt zwischen der Klägerin und der Beklagten dürfte

auch ganz überwiegend räumlich getrennt erfolgt sein. Die Klägerin hat zwar geltend

macht, die Kommunikation sei ganz überwiegend synchron erfolgt und zwar zu ca.

88 %. Demgegenüber haben die Beklagten jedoch zutreffend eingewandt, dass die

Seminare zumindest zusätzlich zur Wiederholung von den Teilnehmern abgerufen

werden konnten, was für eine räumliche Trennung spricht.

(3) In jedem Fall fehlt es aber an einer vertraglich vereinbarten Überwachung des

Lernerfolges.

Dieses Tatbestandsmerkmal ist zwar - nach der Rechtsprechung des

Bundesgerichtshofs - weit auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 15.10.2009, III ZR

310/08, NJW 2010, 608). Begründet hat der Bundesgerichtshof diese Auslegung

damit, dass der Gesetzgeber wegen eines gestiegenen Interesses an

Fernlehrgängen den Verbraucherschutz in diesem Bereich habe stärken wollen.

Insbesondere seien Mängel beim Angebot von Fernlehrgängen dergestalt festgestellt

worden, dass Angebote von geringer methodischer und fachlicher Qualität

angeboten worden seien, die nicht geeignet seien, das in der Werbung genannte

Lehrgangsziel zu erreichen. Die bislang geltenden Rechtsvorschriften seien daher

als nicht hinreichend angesehen worden, da sie nicht die besondere Situation eines

Fernunterrichtsinteressenten berücksichtigten, der immer Schwierigkeiten haben

werde, seine eigenen Fähigkeiten, die Qualität des angebotenen Fernlehrgangs und

dessen Eignung für seine Bedürfnisse einzuschätzen. Insofern sei auch eine

einmalige Überwachung des Lernerfolges als ausreichend anzusehen. Insgesamt sei

eine Überwachung des Lernerfolges nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG bereits dann

gegeben, wenn der Lernende nach dem Vertrag den Anspruch habe, z.B. in einer

begleitenden Unterrichtsveranstaltung durch mündliche Fragen zum erlangten Stoff

eine individuelle Kontrolle des Lernerfolges durch den Lehrenden oder seinen

Beauftragten zu erhalten (vgl. BGH a.a.O.).

In dem streitgegenständlichen Vertrag wird eine Lernkontrolle nicht ausdrücklich

erwähnt. Es ist nicht vereinbart worden, dass die Beklagte irgendwelche

Prüfungsaufgaben erhalten sollte oder die Gelegenheit gehabt hätte, sich über ihren

Lernerfolg bei der Klägerin rückzuversichern.

Soweit der Bundesgerichtshof (a.a.O.) insoweit darauf abgestellt hat, dass durch

Begriffe wie "Studium" oder "Lehrgang" oder auch "Absolvent" und "Zertifikat"

deutlich werde, dass eine Wissensvermittlung stattfinde, die den Teilnehmer weiter

qualifiziert und dass ein Studium oder ein Lehrgang untrennbar mit Lernkontrollen

verbunden seien, fehlt es dem streitgegenständlichen Vertrag an entsprechenden

Formulierungen. Das vorliegende Online-Coaching ist weder als Lehrgang oder

Studium oder eine ähnliche Ausbildung bezeichnet worden noch sollte irgendein

Abschluss erworben werden.

Sofern die Beklagte darauf verweist, aus der Rechtsprechung werde deutlich, dass

auch Fragen zum eigenen Verständnis des bisher Erlernten an den jeweiligen

Dozenten ausreichen können, um eine persönliche Lernkontrolle durchzuführen, ob

nämlich das bisher Erlernte richtig verstanden worden sei, verkennt sie, dass die

Kontrolle des Lernerfolges, gleichgültig ob mündlich oder schriftlich nicht als

Selbstkontrolle zu verstehen ist, sondern nicht zuletzt nach dem Gesetzeswortlaut

als Kontrolle durch den Lehrenden oder seinen Beauftragten.

Nichts Anderes führt der Bundesgerichtshof in seiner oben aufgeführten

Entscheidung oder auch das Oberlandesgericht Celle in seinem Urteil vom

01.03.2023 (3 U 85/22, BeckRS 2023, 2794) aus. Das Oberlandesgericht Celle hat

die Kontrolle des Lernerfolges in dem von ihm konkret zu entscheidenden Fall zwar

auch bei einer mündlichen Kontrolle bejaht. In diesem Fall sind aber in der

Auftragsbestätigung nicht nur ein WhatsApp-Support, in dem Fragen gestellt werden

konnten, bzw. Videos und Dokumente erwähnt, sondern auch Checklisten und

Prüfungen, woraufhin eine Überwachung des Lernerfolges bejaht wurde.

Soweit bei den vorliegenden Vertragsverhandlungen davon die Rede war, in der

WhatsApp Gruppe bestünde eine "absolute Fragenflatrate", sollte dies ausdrücklich

nicht der Kontrolle eines Lernerfolges oder der Kontrolle von erworbenem Wissen

dienen, sondern der Lösung einzelner Problemstellungen, die sich im Vertrieb hätten

ergeben können. Insoweit ist der Beklagten angeboten worden, dass die Mitarbeiter

der Klägerin für Fragen zur Lösung von Alltagsproblemen zur Verfügung stünden.

Ferner hat der Mitarbeiter der Klägerin in dem Vertragsgespräch zu den Live-Calls

zwar hervorgehoben, dass die Mitarbeiter der Beklagten Fragen stellen könnten,

allerdings unter Hinweis darauf, dass die Teilnehmer normalerweise durch das

Zuhören "lernen" würden - was sicher auch nicht auf eine Kontrolle hinweist.

Dementsprechend sollten auch im Rahmen der Facebook-Gruppe lediglich ein

Austausch und das Bilden von Netzwerken erfolgen.

Im Ergebnis ging es der Beklagten ausweislich der Vertragsverhandlungen nicht

darum, für ihre Mitarbeiter besondere Qualifikationen zu erwerben, sondern vielmehr

diese zu befähigen, den (rückläufigen) Umsatz zu steigern. Insofern hat die Beklagte

in ihrer Berufungsbegründung auch nicht mangelnde Lernerfolge geltend gemacht,

sondern dass es an einer individuellen Unternehmensberatung gefehlt habe.

b) Wegen der weiteren mit der Berufungsbegründung erhobenen Einwendungen

kann die Berufung aus den bereits mit Hinweisbeschluss vom 16.06.2023

dargestellten Gründen keinen Erfolg haben:

Soweit die Beklagte mit ihrer Berufung erneut die Auffassung vertritt, Gegenstand

des Vertrages sei eine konkrete Unternehmensberatung gewesen, vermag sie nicht

durchzudringen. Die Kammer hat vielmehr zutreffend ausgeführt, dass ausweislich

der Videoaufzeichnung (Anl. K2; Zugang Bl. 58 d. A.) - aber auch ausweislich der der

Gesprächswiedergabe (Anl. B1, Bl. 137 ff. d. A.) - die Leistung der Klägerin aus

einem Coaching-Programm mit acht Modulen zum Coaching in Gestalt von "Videos,

Worksheets, Templates und Skripten", aus einer Betreuung in einer WhatsApp

Gruppe mit Teilnahme an sogenannten "live Calls", sowie aus einer Facebook

Gruppe zum Erfahrungsaustausch und darüberhinaus fünf "Tickets" für die

Teilnahme an einem sogenannten "Coaching Consulting Day" bestehen sollte.

Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden

Ausführungen in dem angegriffenen Urteil Bezug genommen. Die Beklagte verkennt

demgegenüber, dass allein aus der Werbung oder Bezeichnung der Klägerin als

Unternehmensberatung und Coachinganbieter nicht folgt, dass jeder Vertrag auch

ein Beratervertrag ist. Vielmehr ist maßgebend, was die Parteien konkret vereinbart

haben. Insoweit ist aber auch unter Berücksichtigung der Zitate der Beklagten aus

dem Vertragsgespräch lediglich ein Coachingvertrag anzunehmen. Die von der

Beklagten angeführten Beispiele, es seien Leistungen zur "Skalierung und

Optimierung" versprochen worden, es sei um die Verbesserung der Zahlen der

Beklagten gegangen bzw. die Klägerin habe die Beklagte "branden und

positionieren" wollen, lassen - unabhängig davon, dass sie eigentlich nur das

Vorgespräch und nicht den konkreten Vertragsgegenstand betroffen haben - keine

konkrete Beraterleistung, die die Klägerin hätte erbringen sollen, erkennen. Vielmehr

handelt es sich lediglich um allgemeine Angaben, wofür die Online-Module, Live-

Calls und Ähnliches von den Mitarbeitern der Beklagten im Ergebnis genutzt werden

können. Auch die vereinbarte Vergütung von 42.000 € für ein ganzes Jahr spricht

eher gegen die Verpflichtung eines oder mehrerer Berater.

(1) Zutreffend hat die Kammer eine wirksame Kündigung des Vertrages durch die

Beklagte am 18.11.2021 bzw. 06.01.2022 verneint. Entgegen der Auffassung der

Beklagten bestand kein Kündigungsrecht nach § 627 Abs. 1 BGB. Von § 627 BGB ist

nicht jedes Dienstverhältnis erfasst, sondern nur eines, das Dienste höherer Art zum

Gegenstand hat, die im Allgemeinen aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu

werden pflegen. Dienste höherer Art sind solche Dienste, die ein

überdurchschnittliches Maß an Fachkenntnis, Kunstfertigkeit oder wissenschaftlicher

Bildung, eine große geistige Fantasie oder Flexibilität voraussetzen und dem

Dienstverpflichteten eine herausgehobene Stellung verleihen. Gleichzeitig muss es

sich um Dienste handeln, die typischerweise auf der Grundlage besonderen

Vertrauens zwischen den Parteien wahrgenommen werden (vgl. BeckOGK/Günther,

BGB, Stand: 01.05.2023, § 627 Rn. 21). Dabei hat die Kammer es zu Recht

dahinstehen lassen, ob die Klägerin "Dienste höherer Art" zu erbringen hatte, da es

jedenfalls an dem besonderen Vertrauensverhältnis fehlte. Das besondere

Vertrauensverhältnis müsste auf einem persönlichen Vertrauen basieren, dass sich

nicht lediglich auf die Sachkompetenz des Vertragspartners erstreckt. Deshalb wird

bei Unterrichtsverträgen, die mit Institutionen abgeschlossen werden, regelmäßig

kein derartiges persönliches Vertrauen angenommen, weil ihr Ziel eine auf den Erfolg

abstellende Vermittlung von Fachwissen ist; der Gesichtspunkt des besonderen

Vertrauens demgegenüber aber ganz zurücktritt (vgl. MünchKomm/Hennsler, BGB,

9. Aufl. 2013, § 627 Rn. 29). Wie bereits oben dargelegt, ist zwischen den Parteien

keine von konkretem Vertrauen abhängige Leistung vereinbart worden. Es ist nicht

ersichtlich, dass bestimmte persönlich benannte Berater Einblick in den konkreten

Geschäftsbetrieb der Beklagten, etwa in die Buchhaltung oder in die Kundendaten,

hätten erhalten sollen. Vielmehr war Schwerpunkt des Vertrages ein Coaching-

Programm, das die Mitarbeiter der Beklagten sich selbst hätten erarbeiten sollen.

Damit ist der Vertrag vergleichbar mit Unterrichtsverträgen, bei denen regelmäßig

eine besondere Vertrauensbeziehung zu verneinen ist.

(2) Die Beklagte kann ferner auch nicht damit durchdringen, dass eine Kündigung

aus wichtigem Grund nach § 626 BGB gerechtfertigt gewesen wäre. Soweit sie sich

darauf beruft, die Klägerin habe ihr keinen Vertragstext bzw. keine Aufzeichnung des

Gesprächs übergeben, verkennt die Beklagte, dass drei ihrer Mitarbeiter bei dem

Vertragsabschluss anwesend waren, ihnen der Vertragsinhalt also bekannt war.

Dafür spricht im Übrigen auch die rügelose Nutzung des online-Zugangs. Aus dieser

rügelosen Nutzung des Coachings wird darüber hinaus auch deutlich, dass die

Klägerin die vereinbarte Leistung offenbar ordnungsgemäß erbracht hat. Soweit die

Beklagte sich darauf beruft, die Klägerin trage die Darlegungslast für die

ordnungsgemäße Leistung, verkennt sie, dass bis zu ihrem Schriftsatz vom

29.12.2022 der Zugang der Beklagten zur Website der Klägerin nicht im Streit stand.

Vielmehr hat die Beklagte selbst vorgetragen, ihr sei Zugriff zu den Inhalten über

eine Website gegeben worden (Bl. 21 d. A.). Insofern hat die Kammer das

entsprechende Vorbringen, die Seite habe der Beklagten ab Dezember 2021 nicht

mehr zur Verfügung gestanden, zutreffend als verspätet nach § 296a ZPO

zurückgewiesen und die Beklagte bleibt mit diesem Vortrag auch in der Berufung

ausgeschlossen, § 531 Abs. 1 ZPO. Im Übrigen hat die Kammer zu Recht darauf

abgestellt, dass der Vortrag der Beklagten zu den Coaching-Leistungen der Klägerin

als widersprüchlich anzusehen ist. Insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen

der Kammer in dem angegriffenen Urteil verwiesen.

(3) Die Kammer hat auch zu Recht eine Nichtigkeit des Vertrages wegen arglistiger

Anfechtung nach § 123 BGB verneint. Bei Abgabe der Anfechtungserklärung am

02.11.2022 war jedenfalls die Jahresfrist des § 124 Abs. 1, Abs. 2 BGB verstrichen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist nicht erst mit dem klägerischen

Schriftsatz vom 12.09.2022 von Kenntniserlangung der Beklagten auszugehen.

Unabhängig davon, ob der Beklagten eine Aufzeichnung des Vertragsgesprächs

vorgelegen hätte, haben jedenfalls drei ihrer Mitarbeiter an dem Gespräch

teilgenommen und waren daher in der Lage, in der nachfolgenden Zeit zu bewerten,

ob die angebotenen Leistungen vertragsgerecht erbracht worden sind. Insofern ist

die Kammer mit zutreffender Begründung von einem Fristbeginn spätestens ein bis

zwei Monate nach Vertragsschluss ausgegangen. Zu Recht hat die Kammer im

Übrigen auch darauf verwiesen, dass noch nicht einmal die Kündigungsschreiben

der Beklagten vom 18.11.2021 bzw. 06.01.2022 Hinweise darauf enthalten, dass die

Dienstleistungen der Klägerin nicht den Erwartungen der Beklagten entsprochen

hätten.

2. Folgerichtig hat die Kammer der Klägerin bis zu ihrer Kündigung am 14.03.2022

die Vergütung in voller Höhe und nach der Kündigung wegen Zahlungsverzuges für

die verbleibenden drei Monate die entgangene Netto-Vergütung als Schadensersatz

nach § 628 BGB zugesprochen. Soweit die Berufung geltend macht, die Kammer

habe es versäumt, ersparte Aufwendungen zu berücksichtigen, verkennt sie, wie die

Klägerin zutreffend geltend macht, dass die Klägerin ihre Coaching-Calls unabhängig

davon angeboten hat, ob die Beklagte daran teilnimmt. Entsprechendes gilt auch für

das Online-Programm. Damit sind ersparte Aufwendungen nicht ersichtlich und von

der Beklagten auch nicht konkret vorgetragen.

Demzufolge waren auch die geltend gemachten Verzugszinsen zuzusprechen.

Konkrete Einwendungen werden mit der Berufung insoweit auch nicht geltend

gemacht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10 S. 1,

711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO) sind

nicht erfüllt. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch bedarf es einer

weiteren Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur

Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Vielmehr ist die hier maßgebliche

Rechtsfrage der "Kontrolle des Lernerfolges" in der obergerichtlichen

Rechtsprechung hinreichend geklärt. Die Beurteilung des Streitfalls beruht nur auf

einer Würdigung des Vorbringens der Parteien zu den konkreten Umständen des

vorliegenden Einzelfalls, dem im Übrigen ein anderer Sachverhalt zugrunde liegt als

den oben zitierten Urteilen des Bundesgerichtshofs (III ZR 310/08) und des

Oberlandesgerichts Celle (3 U 85/22).

Foto(s): LL

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