Ordnungswidrigkeitsverfahren – Bundesverfassungsgericht hebt am 04.05.2021 das Bayerische Oberste Landesgericht auf

  • 1 Minuten Lesezeit

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 4.5.2021 - 2 BvR 868/20 - ein Urteil im Bußgeldverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung des Amtsgerichts und den Beschluss im Rechtsbeschwerdeverfahren des Bayerischen Obersten Landesgerichts aufgehoben.

Das Urteil des Amtsgerichts und die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts über die Rechtsbeschwerde verletzen den Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG).

Entgegen der Annahme der Fachgerichte handelt es sich nach dem Richterspruch des Senats des Bundesverfassungsgerichts hierbei auch nicht um eine Frage der gerichtlichen Aufklärungspflicht, sondern der Verteidigungsmöglichkeiten des Betroffenen. Auf dieser Fehlannahme beruhe demnach die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts: Es ist auch nicht auszuschließen, dass bereits die Verurteilung des Beschwerdeführers auf dem Verstoß des Amtsgerichts Rosenheim gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens beruht.

Die Entscheidungen wurden vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht Rosenheim zurückverwiesen. Der Freistaat Bayern hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht Christian Steffgen ist seit 20 Jahren im Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten spezialisiert. Er hat ein Verfahren wegen nicht gewährter Akteneinsicht bereits 2018 mit einem Freispruch im Ergebnis geführt.

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ist als schallende Ohrfeige der bayerischen Ordnungswidrigkeitsjustiz aufzufassen. Das Recht auf ein faires Verfahren gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 MRK ist für ein rechtsstaatliches Verfahren wesentlich.

Betroffene, die in Bayern ein Bußgeld erhalten haben, können sich in Zukunft auf viel bessere Verteidigungschancen freuen. Demzufolge ist der Zugang zu nicht bei der Bußgeldakte befindlichen, aber bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Informationen, wie z.B. Messdaten, Statistikdateien oder Case-Listen zu gewähren.

Foto(s): Fotolia_97144638_M.jpeg

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Christian Steffgen

Beiträge zum Thema