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Partner sind anderweitig verheiratet: Anspruch auf mehr Hartz IV?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

Anders als bei einer bloßen Wohngemeinschaft nutzen zusammenlebende Lebensgefährten regelmäßig alle Zimmer gemeinsam, auch wird z. B. die Wäsche zusammen gewaschen oder es wird miteinander gekocht. Ferner ist davon auszugehen, dass ein Pärchen – auch finanziell – füreinander einsteht und sich gegenseitig unterstützt. In einem solchen Fall liegt eine Bedarfsgemeinschaft vor, was dazu führen kann, dass ein Hartz-IV-Empfänger weniger Geld bekommt, weil das Einkommen und Vermögen seines Partners bei der Leistungsermittlung berücksichtigt wird. Doch gilt das auch, wenn die Partner zwar zusammenleben, aber mit anderen Personen verheiratet sind?

Pärchen ist verheiratet – aber nicht miteinander

Ein Mann und eine Frau lernten sich 2008 im Internet kennen und lieben. Zu diesem Zeitpunkt waren beide aber noch anderweitig verheiratet. Sie trennten sich jedoch im Jahr 2011 von ihrem jeweiligen Ehepartner und zogen am 01.04.2012 zusammen. Obwohl beide Partner einer beruflichen Tätigkeit nachgingen, mussten sie mit Hartz IV bzw. Arbeitslosengeld II aufstocken.

Das Jobcenter berücksichtigte bei der Ermittlung des Bedarfs jeweils das Einkommen des anderen Partners – was zu einer geringeren Hartz-IV-Leistung bei den beiden Lebensgefährten führte. Die waren jedoch der Ansicht, dass sie zwischen 2012 und 2013 gar keine Bedarfsgemeinschaft dargestellt haben. Dazu hätte nämlich zumindest die Möglichkeit einer Heirat bestehen müssen.

Im Zeitraum des betreffenden Bezugszeitraums waren sie aber nicht miteinander, sondern mit anderen Personen verheiratet – aufgrund des Verbots der Doppelehe war es ihnen daher nicht möglich, einander zu ehelichen. Die Frau sei nämlich erst am 08.01.2013, der Mann am 19.03.2013 geschieden worden. Weil das Einkommen des jeweils anderen Lebensgefährten bei der Bedarfsermittlung unberücksichtigt bleiben müsse, hätten beide für die betreffende Zeit einen Anspruch auf mehr Hartz IV. Der Streit endete vor Gericht.

Monogamer Charakter der Beziehung maßgeblich

Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf wies sämtliche Ansprüche der beiden Lebensgefährten zurück. 

Anspruch auf Hartz IV?

Hartz IV kann nur unter bestimmten Voraussetzungen verlangt werden. Gemäß § 7 I Sozialgesetzbuch 2 (SGB II) muss der Betroffene unter anderem hilfebedürftig sein – er darf also seinen Lebensunterhalt nicht mit eigenen finanziellen Mitteln bestreiten können. Leistungen werden auch nicht gewährt, wenn der Lebensunterhalt auf andere Weise gesichert werden kann, also z. B. mit dem Einkommen des Ehepartners.

Eine Heiratsurkunde ist aber nicht nötig – bezieht der Betroffene z. B. BAföG oder Wohngeld, kann er grundsätzlich ebenfalls kein Hartz IV verlangen. Auch ist das Einkommen eines Lebensgefährten unter Umständen nach § 9 II 1 SGB II zu berücksichtigen, sofern das Paar eine Bedarfsgemeinschaft bildet, vgl. § 7 III Nr. 3c SGB II. Das ist der Fall, wenn Partner in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben und davon auszugehen ist, dass sie füreinander einstehen und Verantwortung für den jeweils anderen übernehmen wollen. Erkennbar wird dies beispielsweise, wenn das Paar seit mindestens einem Jahr oder mit einem gemeinsamen Kind zusammenlebt.

Bedarfsgemeinschaft trotz Verbots der Doppelehe?

Vorliegend ging das Gericht davon aus, dass die Lebensgefährten durchaus eine Bedarfsgemeinschaft darstellten. Schließlich nutzten sie gemeinsam sämtliche Räume der Wohnung, die Frau reinigte auch die Wäsche des Mannes und kochte für ihn mit. Dagegen hat der Mann die Frau finanziell unterstützt, wenn sie knapp bei Kasse war. Letztlich wurden seine Leistungen auf das Konto der Frau überwiesen.

Auch waren der Mann und die Frau Partner nach § 7 III Nr. 3c SGB II. Danach wird vorausgesetzt, dass die Lebensgefährten eine monogamische Beziehung führen und rechtlich die Möglichkeit besteht, dass die beiden heiraten oder eine Lebenspartnerschaft eingehen. Zwar besteht in Deutschland nach § 1306 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) das Verbot der Doppelehe – aber das Paar hatte sich längst dauerhaft von seinen jeweiligen Ehepartnern getrennt, weil die Ehen zerrüttet und damit gescheitert waren. Auch lebte das Paar nur zusammen – ein Verstoß gegen § 1306 BGB lag somit nicht vor.

Die Ehen bestanden im Jahr 2012 und 2013 im Übrigen nur noch auf dem Papier. Ferner hatte das Paar auch keine Affäre – es führte vielmehr eine ernsthafte monogamische Beziehung miteinander. Das reichte für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft aus. Somit durfte das Einkommen der Lebensgefährten bei der Berechnung des jeweiligen Hartz-IV-Bedarfs berücksichtigt werden.

Fazit: Lebt ein Hartz-IV-Empfänger in einer Bedarfsgemeinschaft, so wird das Einkommen bzw. das Vermögen seines Partners bei der Berechnung seines Leistungsbedarfs berücksichtigt. Das gilt auch, wenn die Partner nicht miteinander, sondern mit anderen Personen verheiratet sind.

(SG Düsseldorf, Urteil v. 09.11.2016, Az.: S 12 AS 32/14)

(VOI)

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