Pflichtverteidiger im Steuerstrafverfahren

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Die Europäische Menschenrechtskonvention (Art. 6 Abs. 3c EMRK) statuiert
für das Strafverfahren das prozessuale Grundrecht, dass jeder
Beschuldigte das Recht hat, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers
zu erhalten, wenn ihm die finanziellen Mittel zur Bezahlung eines
professionellen Beistands fehlen.

Die deutsche Strafprozessordnung modifiziert dies insoweit, als die
gerichtliche Bestellung eines Verteidigers - unabhängig von den
finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten - allein von den
prozessualen Voraussetzungen (notwendige Verteidigung) abhängt. Die
Notwendigkeit der Verteidigung wiederum hängt zum einen von der Schwere
der angeklagten Tat ab, zum anderen von der Schwierigkeit der Sach- und
Rechtslage.

In diesem Zusammenhang hat das Landgericht Hof/Bayern vor Kurzem ein
grundlegendes und richtungsweisendes Urteil gefällt. Im
Steuerstrafverfahren ist die Mitwirkung eines Verteidigers wegen der
Schwierigkeit der Sach-und Rechtslage in aller Regel geboten
(Aktenzeichen: 4 Qs 5/22). Denn die Rechtslage kann nur in der
zusammenfassenden Bewertung der strafrechtlichen und steuerrechtlichen
Vorschriften zutreffend beurteilt werden. Darüber hinaus hat nur ein
Verteidiger das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 147 StPO und damit auf
Kenntnis des den Ermittlungsbehörden bekannten Sachverhalts. Der
unverteidigte Beschuldigte würde daher auch vor einer schwierigen
Sachlage stehen. 

Im Ergebnis dürften im Steuerstrafverfahren auf Grund der erfreulich
klaren Aussagen des Landgerichts Hof daher gute Aussichten bestehen,
eine(n)  Pflichtverteidiger (-in) beigeordnet zu erhalten. 


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