Polizeiliche Unfallaufnahme: Wünschenswert?

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Viele Menschen denken, dass eine polizeiliche Unfallaufnahme die Regulierung erleichtert. Das kann stimmen, es kann aber auch Geld und Punkte kosten, wenn man sich über die Rechtslage irrt.

Die Frage, wann die Polizei überhaupt kommen muss, ist umstritten. Wenn jemand verletzt wurde, muss sie kommen (Verdacht einer Straftat). Bei erheblichen Schäden sollte sie kommen, trotzdem sitzt sie es manchmal aus, bis die Unfallbeteiligten nach 2 Stunden die Nase voll haben und die Daten unmittelbar austauschen. Wenn der Unfall zu einer erheblichen Verkehrsstörung führt, muss sie auch kommen. Bei Mietwagen usw. wird sie in der Regel kommen. Wenn ein Unfallbeteiligter alkoholisiert ist oder unter Drogen steht (Straftatverdacht), muss sie auch kommen.

Es ist aber gar nicht sicher, ob es wünschenswert ist, die Polizei kommen zu lassen. Gerade bei schwierigen Fallkonstellationen ist die Beurteilung der Schuldfrage oft ein Glücksspiel. Dabei gibt es Fälle, in denen z. B. ein Autofahrer strafrechtlich wegen Körperverletzung belangt werden kann, während der Fußgänger oder Radfahrer trotzdem keinen Schadensersatz erhält, weil er grob fahrlässig gehandelt hat. Oder ein Autofahrer ist alkoholisiert, der andere hat aber eine Vorfahrtverletzung begangen. Wenn der Alkohol keine Rolle gespielt hat, wirkt er sich auch bei der Haftungsquote nicht aus. Schließlich gibt es auch Unfallaufnahmen mit völlig falschen Ergebnissen, weil die Polizisten Fehler machen. Das kann auf Vorurteilen, suggestiver Befragung und Unerfahrenheit beruhen.

Deshalb sollte man immer gut überlegen, ob man die Polizei hinzuziehen will. Je komplizierter der Unfallhergang ist, desto eher wird man das Risiko eingehen müssen, um Beweise zu sichern. Aber: Die wichtigsten Beweise sind Lichtbilder, die die Unfallendstellung und -situation zeigen. Wenn es ohne Gefährdung des Verkehrs geht, sollte man unbedingt Fotos machen. Übersichtsfotos und – nach der Räumung der Unfallstelle – Fotos von den Schäden (auch von erkennbaren Altschäden) können Gold wert sein. Daneben sollte man die Unfallaufnahmebögen des HUK-Verbandes benutzen. Wenn man sie richtig verwendet, braucht man oft keine Polizei mehr, weil man alle Daten hat, die man benötigt. Und auch die wesentlichen Punkte des Unfallherganges kann man dort von beiden Seiten ausführen, auch bei streitigem Unfallhergang. Hat man das getan und eventuelle Zeugendaten gesichert, ist die Polizei nicht mehr nötig. Dann braucht man nur noch einen Rechtsanwalt, der sich mit dem Verkehrsrecht und der Regulierung auskennt. Diesen sollte man auf jeden Fall mandatieren, weil ich keinen einzigen Fall in den letzten Jahren kenne, in dem eine Versicherung das freiwillig gezahlt hat, was sie tatsächlich zu zahlen hat.

Eine polizeiliche Unfallaufnahme ist auch dann nicht notwendig, wenn man selber ein Schleudertrauma erlitten hat. Wirklich wichtig ist, dass man alle Daten (Namen und Anschriften) von Beteiligten und Zeugen sichert, eine eigene Unfallaufnahme mit dem (international einheitlich gestalteten) Formular fertigt und Fotos macht, soweit möglich. Und verlassen Sie sich niemals auf „Ja, ich weiß, ich bin schuld.“ Notieren Sie, oder lassen Sie den Gegner aufschreiben, warum (!) er schuld ist (Ich habe ihre/seine Vorfahrt missachtet; ich habe sie/ihn bei meinem Fahrstreifenwechsel nicht gesehen, usw.). Jemand kann an der Unfallstelle noch so schuldbewusst sein, das bindet weder ihn noch seine Versicherung und verhindert keineswegs die Geltendmachung einer Mit- oder sogar der alleinigen Schuld. Alles schon erlebt… Wenn der Unfallgegner aber nichts Schriftliches geben will, sollten Sie die Polizei kommen lassen. Manchmal wird dann der Polizei gegenüber die Verursachung eingeräumt und selbst wenn es hinterher streitig wird (weil das in der Regel nicht verbindlich ist), kann man sich wenigstens darauf berufen, dass er etwas Bestimmtes gegenüber der Polizei zugegeben hat. Das verwerten dann auch die Zivilrichter, wenn sich der Unfallhergang im Übrigen nicht klären lässt.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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