P&R: Ein Jahr nach der Insolvenzantragstellung – welche Aussichten haben Anleger wirklich?

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Es ist möglicherweise der größte Anlagebetrugsskandal in Deutschland: Vor einem Jahr meldete der Schiffscontainervermieter P&R Insolvenz an. Danach erhärtete sich der Verdacht: Nur ein Drittel der 1,6 Millionen vermieteten Frachtboxen sollen existieren. Weiterhin soll das Unternehmen ein Schneeballsystem betrieben haben. Die rund 55.000 Anleger dürften deshalb von den investierten rund 3,5 Mrd. Euro kaum mehr etwas wiedersehen. Einziger Hoffnungsschimmer für die Anleger dürften eine Klage gegen den Wirtschafsprüfer oder die beratende Bank sein.

Die Pleite der P&R-Gesellschaften traf die meisten Anleger unverhofft. Rund die Hälfte soll über 60 Jahre alt sein. Viele sind Rentner und Pensionäre, die ihren Lebensabend mit dem Direktinvestment finanzieren wollten. Moderate drei Prozent nach Steuern versprach P&R als Rendite. Doch schon kurz nach dem Insolvenzantrag machte Insolvenzverwalter Michael Jaffé klar, dass die Anleger wohl um ihr Erspartes bangen müssen. Den überwiegenden Teil der Container gibt es de facto nicht und zudem sind die Anleger – so die Insolvenzverwalter – gar nicht Eigentümer der Container geworden. Doch gerade das Eigentum war für sie der Ausschlag für die Investitionsentscheidung in dieses Kapitalanlagemodell. Für viele ein tragischer Trugschluss, wie sich nunmehr herausstellte.

Welche Quote können Anleger erwarten?

Dass sich die Insolvenzverfahren noch über Jahre hinziehen werden, daran lassen auch die Insolvenzverwalter keine Zweifel. Ob die in Aussicht gestellten Teilzahlungen auf eine bislang nicht festgestellte Forderung in Form von Abschlagszahlungen erfolgen werden, wird sich zeigen. Letztere dürften wohl nur im niedrigen einschlägigen Prozentbereich liegen. Insgesamt dürfte auch die effektive Quote wohl nur einen niedrigen zweistelligen Prozentsatz erreichen.

Welche Möglichkeiten haben die Anleger noch?

Anleger sollten sich jedoch fragen, wie ein solches Modell, welches laut Insolvenzverwalter seit 2010 insolvenzreif war, noch weitere acht Jahre existieren konnte?

Sämtliche Gesellschaften ließen Jahresabschlüsse erstellen und von Wirtschaftsprüfern testieren. Wie kann es sein, dass ein sich aufbauender Fehlbestand von Containern in Höhe von rund zwei Dritteln nicht erkannt wurde? Hier stellt sich in der Tat die Frage, ob Wirtschaftsprüfer dies hätten erkennen müssen und für die den Anlegern daraus entstehenden Schäden haften.

Die Haftung der Wirtschaftsprüfer ist zwar kein „Selbstläufer“, aber eine Durchsetzung von Ansprüchen ist möglich und auch zielführend. Nachdem der Insolvenzverwalter einen Insolvenzantrag über das Vermögen von P&R-Gründer Heinz Roth beantragte und das Insolvenzgericht zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren über ebenjenes eröffnet hat, können Anleger ihre Ansprüche gegen Herrn Roth allenfalls im Insolvenzverfahren anmelden. Die Inanspruchnahme von nicht insolventen Personen, wie dem Wirtschaftsprüfer, ist alternativlos, wenn Anleger ihre Investitionen nicht abschreiben wollen.

Fakt ist, dass im Insolvenzverfahren allenfalls eine Quote gezahlt wird, zu welcher sich die Insolvenzverwalter bislang nicht geäußert haben. Diese dürfte, gerade vor dem Hintergrund, dass rund zwei Drittel der Container fehlen, wenn überhaupt, im niedrigen zweistelligen Prozentbereich liegen.

Klagen gegen beratende Bank möglich?

P&R-Container galten bei Banken und Sparkassen als begehrtes Produkt. Sie berieten die Kunden gegen eine Provision von bis zu 10 Prozent des Kaufpreises bei den Anlageobjekten. Dafür sollten die Anlageberater ausführlich über Chancen und Risiken aufklären. Überhöhte Kaufpreise, das Containerüberangebot auf dem Weltmarkt, ein möglicher Totalverlust und der Umstand, dass P&R die Container nicht zurückkaufen muss – diese Themen mussten Teil des Kundengespräches sein. Die Bank hat zunächst zu prüfen, ob die Zahlen für die Kapitalanlage wirtschaftlich plausibel sind. Die Warnzeichen über P&R wurden überhört. Die Bankberater könnten zudem ihren Aufklärungspflichten nicht ausreichend nachgekommen sein. Das sind gute Ansatzpunkte für Schadensersatzansprüche.

Insolvenzverwalter will Forderungen bestreiten

In den Berichtsterminen, die im Oktober 2018 stattfanden, bestätigten die Insolvenzverwalter, dass der P&R-Containerbestand geringer ist als die abgeschlossenen Verträge. Dies bedeutet für die Anleger: Schon rechnerisch können nicht alle Anleger Eigentümer solcher Container geworden sein. Erschwerend kommt hinzu, dass nach Aussagen der Insolvenzverwalter keinem Anleger das Eigentum zugeordnet werden kann.

Eine sichere Investition sieht anders aus! Die überwiegende Zahl der Anleger hofft auf eine Quote im Insolvenzverfahren. Eine Feststellung der Forderung erfolgte durch die Insolvenzverwalter bislang nicht und wird auch nicht im Rahmen der sog. Prüftermine, die auf Ende Mai 2019 verlegt wurden, erfolgen. In den Berichtsterminen im Oktober 2018 in der Münchner Olympiahalle wurde den Investoren schon angekündigt, dass die Forderungen von den Verwaltern bestritten werden. Dies bedeutet für die Anleger: Solange eine Forderung nicht festgestellt ist, erhalten die Gläubiger – hier die Anleger – keine Quote im Insolvenzverfahren. Nach dem Bestreiten der Forderung werden die Anleger ihre Forderungen ggf. in einem Prozess zur Tabelle feststellen lassen müssen.

Neben dem Insolvenzverwalter, dessen Aufgabe die bestmögliche Gläubigerbefriedigung ist, ermittelt auch die Staatsanwaltschaft. All dies darf die Anleger aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihnen weiterhin eine Inanspruchnahme durch die Insolvenzverwalter droht. Gegenstand dieser Rückforderungen könnten die in den letzten vier Jahren gezahlten Mieten sein, welche Anleger für die Überlassung der Container (deren Eigentümer sie nicht wurden) erhielten. In den Berichtsterminen im Oktober 2018 wichen die Insolvenzverwalter auf die Fragen, ob sie diese in den vergangenen Jahren gezahlten Mieten zurückfordern werden, aus. Ob dies taktisches Kalkül war, um Eklats in den Gläubigerversammlungen zu vermeiden, wird sich zeigen. Auch in anderen Kriminalinsolvenzverfahren forderten Anleger vergleichbare Zahlungen zurück und stützten sich auf das Betreiben eines Schneeballsystems – ein solches nehmen die Insolvenzverwalter auch hier an.

Über Buchalik Brömmekamp

Seit über zehn Jahren vertritt Rechtsanwalt Sascha Borowski (Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht) von der Kanzlei Buchalik Brömmekamp erfolgreich Investoren sowohl bei der Abwehr von Forderungen durch den Insolvenzverwalter als auch bei der Durchsetzung von Ansprüchen geschädigter Investoren.

Die Kanzlei Buchalik Brömmekamp zählt zu den markführenden Insolvenz- und Sanierungsberatern und wurde vielfach ausgezeichnet, so u. a. vom FOCUS zur TOP Wirtschaftskanzlei im Bereich Insolvenz & Sanierung.

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