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PREOS Global Office Real Estate & Technology Tippgeber für Aktienkäufe: Wann haften Tippgeber?

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Egal, ob im Versicherungswesen, bei der Immobilienvermittlung oder im Bereich der Finanzanlageprodukte – eine gesetzliche Definition für den Tippgeber gibt es bis dato nicht. Das schließt Risiken bei der Gestaltung einer Zusammenarbeit jedoch keineswegs aus. Das Gegenteil ist sogar der Fall. So birgt die Tippgeberhaftung für Aktien diverse Stolpersteine, die Anlagevermittler kennen müssen. Tappen sie im Dunkeln, kann es rasch unangenehm werden. Das gilt für die eigenen Finanzen ebenso wie für das Nervenkostüm von ihnen und ihrem Gesprächspartner.

Der Tippgeber im Fokus


Sind sie Tippgeber oder schon Anlagevermittler? Selbst für Profis ist es oft nicht leicht, hier klar zu differenzieren. Schließlich ist der Grat zwischen der Tippgeberschaft und der Vermittlung von Anlageprodukten wie Aktien schmal. Außerdem zeigt sich die Rechtsprechung beim Thema von einer besonders facettenreichen Seite. Entsprechend hoch fällt das Haftungsrisiko aus. So sorgen immer wieder Fälle zur Tippgeberschaft für Aufsehen. Kostspielige Gerichtsverfahren sind dabei keine Seltenheit.

Problematisch ist an dieser Stelle insbesondere die fehlende offizielle Definition der Tippgeberschaft. Liegt sie nämlich vor, treibt dies unbedarfte Anlageberater in die Haftung. Dabei können sie sich für eine grobe Einordnung an der Gesetzesbegründung des Versicherungsaufsichtsgesetzes, kurz VAG, orientieren. In dieser lautet es sinngemäß:

Die Tätigkeit als Tippgeber stellt im Sinne des § 34d keine Vermittlung dar, wenn Abschlussverträge ermöglicht oder einschlägige Kontakte hergestellt werden. Schließlich handelt es sich dabei um eine vorbereitende Handlung, die etwa einem Vertragsabschluss vorausgehen könnte. Eine konkrete Willenserklärung des Interessenten hingegen liegt nicht vor. Diese kurze Erläuterung lässt sich unglücklicherweise auf verschiedenen Wegen interpretieren.

Darüber hinaus sieht auch die BaFin einen weit gefassten aufsichtsrechtlichen Vermittlungsbegriff. Er umfasst das zielgerichtete Fördern der Kaufbereitschaft von vorbörslichen oder bereits im Umlauf handelbaren Aktien. Als Anlagevermittler gelten sie entsprechend dann, wenn sie bewusst und final auf die Entscheidung eines Interessenten einwirken. Stellen sie hingegen lediglich den Kontakt zwischen Anleger und Veräußerer der Finanzprodukte her, ist das nicht der Fall.

Was ist eine Tippgeberhaftung?

Anlageberater und Anlagevermittler werden von Laien zu Recht als Experten auf ihrem Gebiet angesehen. Wenig verwunderlich also, warum sie von Interessenten um Rat gefragt werden. Diese Tipps können dem Helfenden jedoch teuer zu stehen kommen. Auch bei nicht vergüteten Ratschlägen sind Haftungsprobleme nämlich nicht auszuschließen.

Werden während eines Kundengesprächs also nicht nur gezielte Empfehlungen zum Kauf vorbörslicher Aktien ausgesprochen, ist große Vorsicht geboten. Kommen die Tippsuchenden zu Schaden, könnte die Haftung greifen. Dieses Risiko wächst noch weiter, sobald keine offizielle Zulassung für eine Beratung vorliegt.

Ein Beispiel: Ein Versicherungsvermittler verweist auf eine attraktive Investmentmöglichkeit an der Börse hin. Das ist problematisch, da er nicht über die entsprechenden Qualifikationen und somit eine offizielle Erlaubnis der Beratung verfügen. Die BaFin könnte ihn in diesem Fall belangen. Auch ein Zivilprozeß seitens des Gesprächspartners ist möglich. Ein Beispiel aus der Vergangenheit zeigt die Praxis:

Zwei Anlagevermittler erhielten vor einigen Jahren eine Strafanzeige wegen Anlagebetrugs. Diese stammte von einem früheren Kunden. Ihm hatten sie laut eigener Angabe während eines lockeren Plauschs von einer Kapitalanlage erzählt. In diese waren sie selbst investiert. Dabei erwähnten sie das Produkt nur nebenbei. Daher wurde im Gespräch auch nicht mitgeteilt, wo es bezogen werden konnte. Es handelte sich also offensichtlich um eine Information ohne Vermittlungsgedanken.

Wie sich im Nachhinein zeigte, stellte diese Erwähnung die Basis für die spätere Strafanzeige dar. Der Kunde informierte sich im Anschluss an das Gespräch nämlich zum Produkt. Er investierte daraufhin selbstständig und ohne die Beteiligung der beiden Anlagevermittler in die Kapitalanlage. Unglücklicherweise handelte es sich bei diesem Geschäft um einen Totalverlust für alle Parteien.

Im Rahmen der Strafanzeige erfragten die Anwälte des Kunden sodann sämtliche Namen, die Informationen zu den emittierenden Kapitalanlage-firmen herausgaben. Das waren eben auch die beiden Vermittler. Diese waren zwar ohne Provision oder sonstige Vergütung involviert, doch konnten sie je nach juristischer Auslegung als Tippgebende bezeichnet werden.

Wann Anlagevermittler erlaubnispflichtig werden

So dramatisch das Beispiel der beiden Anlageberater auch ist: Wirken sie nicht auf den Kunden ein und bringen sie ihn nicht zur Kaufbereitschaft, sind sie als Vermittler nicht erlaubnispflichtig. Sie gelten in diesem Fall als vermeintlicher bloßer Tippgeber. Ein für die Anlagevermittlung erforderliches Einwirken liegt nämlich nur dann vor, wenn entsprechend kommuniziert wird. Das bedeutet: Besprechen sie konkret, welche vorbörslichen Aktien ein Interessent kaufen sollte, handelt es sich um eine Anlagevermittlung. Dies trifft im Bereich der Finanzen ebenso wie im Versicherungswesen zu.

Auch die Provision ist an dieser Stelle zu beachten. Liegt bei ihr keine Vereinbarung vor, ist ein Anlass für eine Vertragsvermittlung nur schwer auszumachen. Die rechtlichen Grenzen sind jedoch wieder fließend und im Einzelfall zu bewerten.

Gibt es einen Anspruch auf Schadensersatz?

Auch wenn sie eine Provision für die Bereitstellung von Tipps erhalten, muss keine vertragliche Haftung vorliegen. Die besondere staatliche Gestattung ist ebenfalls nicht nötig. So schreibt das Bürgerliche Gesetzbuch in § 675 Abs. 2, dass ein Rat oder eine Empfehlung stets ein unbeschadetes Entziehen aus dem Vertragsverhältnis bedarf. Aus diesem Grund gilt: Ein Anspruch auf Schadensersatz gegenüber ihnen ist in der Regel nicht wirksam. Dadurch ist eine Verjährung ebenso wenig relevant. Jedoch gibt es an dieser Stelle die Vorschrift des § 311 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu beachten. Sie grenzt den Tippgeber klar vom Anlageberater beziehungsweise Anlage-vermittler ab. So besitzt Ersterer kein besonderes Wissen oder einschlägige Kompetenzen. Hieraus ergeben sich selbstredend Probleme. Sind sie nämlich als Finanzexperte tätig, verfügen sie über nachweisliches Know-how.

Den daraus entstehenden möglichen Anspruch auf Schadensersatz können sie jedoch entgegnen. Das geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs hervor. Er arbeitete die Kriterien für den Sachverhalt erneut heraus. So sei zu beachten, dass Tippgebende lediglich auf fremde Leistungen hinweisen würden. Im Gegensatz dazu kennzeichne den Berater oder Vermittler eine selbstständige Handlungsweise. Online und Offline schenkt das eine deutlich höhere Sicherheit. Denn: Provisionen können sie dank dieses Urteils erhalten, ohne sich Sorgen über die Tippgeberhaftung zu machen. Auch eine Zulassung benötigen sie nicht, sobald Sie entsprechende Hinweise über den Börsengang hinaus bereitstellen. Verweisen sie also unübersehbar auf Dritte, um ihr Risiko möglichst gering zu halten.

Selbstverständlich darf das keinen Freifahrtschein für unüberlegte Empfehlungen sein. Im Gegenteil: Verfällt der Kurs, werden Forderungen nach Schadensersatz zurecht laut. Auch die Verjährung ist in diesen Fällen individuell zu beantworten.

Das KWG und Aktien

Anleger mit Investmentabsicht in Aktien schätzen die überdurchschnittlich hohen Renditechancen, die ein Börsengang mit sich bringen kann. Gemäß dem Grundsatz des korrelierenden Gewinn-Verlust-Risikos sind entsprechende Spekulationen oft jedoch nicht von Erfolg gekrönt.

Es ist für Anlageberater und dem potenziellen Investor somit essenziell, einige Punkte vor dem Kauf oder der Empfehlung zu beachten. Nur so kommt die Frage nach der Tippgeberhaftung erst gar nicht auf.

Zu den Grundlagen zählt, einen Blick in die Unternehmensdatenbank der BaFin zu werfen. Besitzt das emittierende Unternehmen keine Erlaubnis für die Durchführung von Finanzgeschäften gemäß KWG, ist Vorsicht geboten. Solche Papiere werden nicht von der Behörde beaufsichtigt. Es ist anzunehmen, dass es dafür gute Gründe gibt.

Auch der Anbieter der Aktien muss näher durchleuchtet werden. Sitzt dieser im Ausland? Das kann mehr als nur das schwierige Meistern von Sprachbarrieren bei Unstimmigkeiten nach sich ziehen. Die Gesetzeslagen in unterschiedlichen Ländern variieren ebenso. Wer Schadensersatzansprüche stellen möchte, hat dadurch nicht selten das Nachsehen.

Gleiches gilt, wenn die Emittenten keinen Verkaufsprospekt anbieten. In diesem Fall ist besondere Vorsicht geboten. Schließlich handelt es sich bei dessen Bereitstellung um eine Verpflichtung gemäß Artikel 3 Absatz 1 der EU-Verordnung 2017/1129. Zu entsprechenden Unternehmen spricht die BaFin Warnungen auf ihrer Website aus. Nicht nur Anlageberater sollten regelmäßig einen Blick darauf werfen, wenn sie sich mit dem Kauf von IPOs beschäftigen.             

Ein gutes Beispiel für waghalsige Tipps finden sie im beigefügten Video. 

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