Prüfpflicht & Warnpflicht des Bauunternehmers bei Bauleistungen im Baurecht

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Prüf- und Warnpflicht des Unternehmers im Zuge von Bauleistungen

Nicht zuletzt aufgrund der Fehleranfälligkeit des Menschen kommt es speziell im Zusammenhang mit Bauleistungen regelmäßig zu Baumängeln, welche weitreichende Schäden nach sich ziehen können.

Eine wichtige Frage ist insbesondere bei umfangreicheren Bauvorhaben, ob der Unternehmer auch seinen vertraglichen Nebenpflichten, im Speziellen seiner Prüf- und Warnpflicht vor möglicherweise in der Zukunft eintretenden Schäden, nachgekommen ist. Der offensichtliche Zweck dieser Pflichten ist die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Leistungserbringung, womit gleichzeitig Mehrkosten vermieden werden sollen.

Ausgangspunkt hierfür ist § 1168a ABGB wie folgt:

Geht das Werk vor seiner Übernahme durch einen bloßen Zufall zugrunde, so kann der Unternehmer kein Entgelt verlangen. Der Verlust des Stoffes trifft denjenigen Teil, der ihn beigestellt hat. Misslingt aber das Werk infolge offenbarer Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen Stoffes oder offenbar unrichtiger Anweisungen des Bestellers, so ist der Unternehmer für den Schaden verantwortlich, wenn er den Besteller nicht gewarnt hat.

Demnach gilt als Grundregel, dass der Unternehmer dann kein Entgelt verlangen kann, wenn das Werk vor seiner Übernahme durch einen bloßen Zufall zugrunde geht. Zudem trifft der Verlust des Stoffes denjenigen Teil, der ihn beigestellt hat. Misslingt aber das Werk infolge offenbarer Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen Stoffes oder offenbar unrichtiger Anweisungen des Bestellers, so ist der Unternehmer für den Schaden verantwortlich, wenn er den Besteller nicht gewarnt hat.

Unter dem Begriff „Stoff“ ist in diesem Zusammenhang all das zu verstehen, aus dem oder mit Hilfe dessen ein Werk herzustellen ist. Darunter fallen neben dem Material des zu schaffenden Werkes etwa auch die Beschaffenheit des Gebäudes, in welchem dieses hergestellt wird oder auch Vorarbeiten anderer Unternehmer, auf welchen aufgebaut wird. Die Warnpflicht tritt sofort ein, wenn der Mangel erst während der Auftragsdurchführung erkennbar wird.

Bei einer „Anweisung“ i. S. d. Bestimmung handelt es sich um jede vertraglich vereinbarte Einmischung des Bauherrn, die sich auf das Werk oder auf die Durchführungsarbeiten desselben bezieht. Weiß der Unternehmer oder müsste er wissen, dass aufgrund einer ihm vom Bauherrn oder dessen Vertreter (z. B. Architekt) erteilten Anweisung der Erfolg des Werkes ausbleiben wird, so hat er den Bauherrn bzw den Vertreter umgehend zu warnen. Eine Grenze zieht der OGH bei diesem weit auszulegenden Rechtsbegriff insoweit, als er festhält, dass nicht jeder Wunsch oder jede Anregung des Bestellers darunter fällt (OGH vom 21.10.1998, 9 Ob 133/98v = RdW 1999, 137).

Die Warnung muss also dem Bauherrn zugehen, wobei der Unternehmer dabei zu verstehen geben muss, dass der fehlerhafte Stoff oder die erteilte Anweisung unter Umständen zum Misserfolg des Werkes führen können. 

Diese Warnpflicht gilt unvermindert auch gegenüber sachkundigen oder sachverständig beratenen Bestellern.

Ist der Unternehmer seiner Warnpflicht nachgekommen oder waren die erteilten Anweisungen oder der verwendete Stoff nicht offenbar untauglich und konnte die Untauglichkeit von ihm auch nicht erkannt werden, entfällt auch seine Haftung für entstandene Mängel oder Schäden.

Die Prüf- und Warnpflicht bezieht sich somit auf vom Besteller zur Verfügung gestellte Ausführungsunterlagen, erteilte Anweisungen sowie beigestellte Materialien und Vorleistungen. Die nach Prüfung aufgrund der dem Unternehmer zumutbaren Fachkenntnis bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt erkennbaren Mängel sowie begründete Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung sind dem Besteller unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Dasselbe gilt für bereits vor Leistungserbringung (durch Dritte) fertiggestellte Leistungen: Kann der Unternehmer bei diesen Mängel erkennen, die seiner Meinung nach den Erfolg seines (u. U. darauf aufbauenden) Werkes gefährden könnten, ist der Besteller darüber ebenfalls unverzüglich schriftlich aufzuklären.

Erkennbar sind solche Mängel gemäß Punkt 6.2.4.3 der ÖNORM B 2110 ausdrücklich dann nicht, wenn sie nur mittels umfangreicher, technisch schwieriger oder kostenintensiver Untersuchungen bzw unter Beiziehung von Sonderfachleuten festgestellt werden können.

Wird schließlich ein Mangel festgestellt, so hat der Unternehmer im Rahmen seiner fachlichen Möglichkeiten Hinweise oder Vorschläge zur Behebung bzw Verbesserung derselben zu machen. Unterlässt er dies oder trifft der Besteller nicht rechtzeitig eine Entscheidung, haftet jeder Teil für die Folgen seiner Unterlassung. Wird der Besteller zwar über die Bedenken des Unternehmers ordnungsgemäß informiert, beachtet diese jedoch nicht, haftet der Unternehmer nicht für aus diesem Grund eingetretene Schäden. Ebenfalls entfällt in diesen Fällen seine Gewährleistungspflicht.

Davon zu unterscheiden sind jedoch eigene Alternativen für das Werk, welche der Unternehmer dem Besteller unterbreitet (z. B. bei der Bemusterung). Entscheidet sich der Besteller nämlich im Rahmen solcher Vorschläge des Unternehmers für eine Variante, so stellt dies keine risikorelevante Anweisung dar und der Unternehmer haftet unvermindert für die Tauglichkeit seines Vorschlages.

Ist wegen Gefahr im Verzug die schriftliche Warnung des Bestellers nicht mehr möglich, so sollte dies dennoch zumindest vorab per E-Mail geschehen. Ist auch dies etwa aufgrund der Gegebenheiten auf der Baustelle (vorerst) nicht möglich, empfiehlt es sich, jedenfalls die Namen und Anschriften jener Personen zu notieren, welche die mündlich ausgesprochene Warnung wahrgenommen haben. Der Unternehmer sollte auch dann selbst so vorgehen, wenn etwa ein Architekt zwischengeschaltet ist. Ein doppelt ausgesprochener Hinweis auf einen Baumangel schadet immerhin nicht, während die Haftung des Unternehmers wiederum greift, wenn der Architekt – anders als angenommen – keine Warnung gegenüber dem Besteller ausgesprochen hat.

Aus dem bisher Gesagten ergibt sich also, dass die Prüf- und Warnpflicht eng mit den Risikotragungsvorschriften verbunden ist. Zusammengefasst haftet der Unternehmer bei Verwirklichung eines Risikos also nur dann nicht für das Misslingen des Werkes, wenn er seiner Prüf- und Warnpflicht nachgekommen ist.

Vorvertragliche Prüf- und Warnpflicht?

Grundsätzlich abzulehnen ist eine vorvertragliche Prüfpflicht des Unternehmers. Würde man eine solche annehmen, bestünde einerseits das Problem, dass sämtliche im Ausschreibungsverfahren beteiligte Unternehmer bereits die Ausschreibungsunterlagen vor Abgabe eines Angebots mit der Sorgfalt eines Sachverständigen (§ 1299 ABGB) zu prüfen hätte. Angesichts der wohl geringeren Wahrscheinlichkeit des einzelnen Unternehmers, den Zuschlag zu erhalten, wird ihm dies schon aufgrund der für ihn dadurch entstehenden Aufwendungen für die Prüfung der Ausschreibung nicht zumutbar sein.

Anderes gilt jedoch bei der Warnpflicht: Hier sind die Vertragspartner aufgrund nebenvertraglicher Schutz-, Sorgfalts- und Aufklärungspflichten bereits im Rahmen der Geschäftsanbahnung verpflichtet, die wechselseitigen Interessen zu wahren. Dies sind grundlegende Regelungen, welche nicht auf den Werkvertrag beschränkbar sind. Es besteht zwar keine generelle Rechtspflicht, den Vertragspartner über sämtliche Umstände aufzuklären, die irgendeinen Einfluss auf seine Entscheidung haben könnten, jedoch wird eine Aufklärungspflicht am Maßstab der Redlichkeit im Geschäftsverkehr zu messen sein (vgl OGH vom 28.07.2010, 9 Ob 50/10h). Der Unternehmer ist daher verpflichtet, dem Besteller alle ihm in der Ausschreibung auffallenden Fehler mitzuteilen.

Hinzu kommt, dass die Unternehmer dann u. U. sogar nebeneinander haften würden. Dies würde die Gerichte wohl vor kaum lösbare Probleme stellen, wenn festgestellt werden soll, welcher der – schlussendlich auch nicht beauftragten – Unternehmer in welcher Höhe für die unterbliebene Prüfung haften soll. Andererseits relativiert sich diese Rechtsfrage auch durch die bestehende Literatur und Rechtsprechung: Demnach sind auch bei Verletzung der Prüf- und Warnpflicht durch den Unternehmer jene Mehrkosten vom Besteller zu tragen, welche auch bei ordnungs- bzw pflichtgemäßer Warnung entstanden wären („Sowieso-Kosten“; vgl OGH vom 17.05.2001, 7 Ob 110/01d).

Foto(s): Law Experts Rechtsanwälte


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