Radarfallen und Blitzer Apps – Der Fahrer haftet auch für den Beifahrer

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Die Straßenverkehrsordnung regelt: „Wer ein Fahrzeug führt, darf ein technisches Gerät nicht betreiben oder betriebsbereit mitführen, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungen anzuzeigen oder zu stören.“ Der Beifahrer darf also ein solches Gerät einsetzen und den Fahrer informieren.

OLG Karlsruhe: Keine Benutzung durch den Beifahrer erlaubt.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat das Gesetz jedoch weit ausgelegt. Die Nutzung entsprechender Geräte durch den Beifahrer hat es dem Fahrer zugeordnet (Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 7. Februar 2023, Aktenzeichen: 2 ORbs 35 Ss 9/23). Es ist damit zu rechnen, daß sich diesem Beschluss auch andere Gerichte anschließen werden.

Das Gericht verlautbart:

„Ein Autofahrer begeht auch dann eine Ordnungswidrigkeit, wenn ein anderer Fahrzeuginsasse mit Billigung des Fahrzeugführers auf seinem Mobiltelefon eine App geöffnet hat, mit der vor Verkehrsüberwachungsmaßnahmen gewarnt wird. Mit dieser Begründung hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Karlsruhe mit Beschluss vom 7. Februar 2023 der Rechtsbeschwerde eines 64 Jahre alten Mannes aus dem Rhein-Neckar-Kreis gegen ein Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 7. Oktober 2022 keine Folge gegeben.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts fuhr der Mann am 31. Januar 2022 mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit durch Heidelberg. Dabei war ihm bekannt, dass auf dem in der Mittelkonsole abgelegten Smartphone seiner Beifahrerin eine „Blitzer-App“ in Betrieb war. Auf diese Kenntnis des Fahrers schloss das Amtsgericht insbesondere aus dem Umstand, dass er das Mobiltelefon bewusst zur Seite schob, als er von Polizeibeamten wegen seines auffälligen Fahrverhaltens kontrolliert wurde. Das Amtsgericht Heidelberg verhängte deswegen eine Geldbuße in Höhe von 100 Euro gegen den Autofahrer.

In seiner jetzt ergangenen Entscheidung über die Rechtsbeschwerde des Autofahrers hat das Oberlandesgericht Karlsruhe zunächst festgestellt, dass die Beweiswürdigung durch das Amtsgericht Heidelberg keine Rechtsfehler aufweist. Das Oberlandesgericht hat außerdem ausgeführt, dass ein von § 23 Abs. 1c Satz 3 der Straßenverkehrsordnung (StVO) verbotenes Verhalten nicht nur dann vorliegt, wenn der Fahrer selbst eine App zur Warnung vor Verkehrsüberwachungsmaßnahmen aktiviert hat. Verboten und bußgeldbewehrt ist vielmehr auch die Nutzung der auf dem Mobiltelefon eines anderen Fahrzeuginsassen installierten und aktivierten „Blitzer-App“, soweit sich der Fahrer die Warnfunktion der App zunutze macht. Es bleibt deshalb bei der Geldbuße von 100 Euro für den Autofahrer.

Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe gibt es keine weiteren Rechtsmittel. Sie ist daher rechtskräftig.“

Erhebliche Ausweitung des § 23 StVO.

§ 23 StVO wird durch die Gerichte zunehmend ausgeweitet. Das OLG Karlsruhe stellte bereits 2020 die Benutzung von Touchscreens mit einem Handy gleich. Handys oder Navigationssysteme in einer festen Halterung sind ebenfalls betroffen. Das Ablesen einer Urzeit reicht dazu bereits aus. § 23 StVO erfasst sämtliche elektronische Geräte, die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen oder zu dienen bestimmt sind. Dies sind nicht nur „Mobiltelefone oder Autotelefone“, sondern auch Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner und Navigationsgeräte.

Das Anhörungsverfahren und die Beschuldigtenvernehmung.

Gerade bei Vorwürfen mit erheblichen Rechtsfolgen (Fahrverbot, Führerscheinentzug) sollten Sie sich des Beistands eines Rechtsanwalts versichern. Erst durch seine Akteneinsicht erhalten Sie die Möglichkeit, adäquat auf die Ihnen gemachten Vorwürfe zu reagieren. In Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten sind die Vorschriften der Strafprozessordnung entsprechend anzuwenden, soweit nicht gem. § 46 OWiG Spezialregelungen entgegenstehen. Das bedeutet, daß im Bußgeldverfahren für die Akteneinsicht die §§ 147, 406e, 475 StPO und im weiteren die übrigen Vorschriften der Strafprozessordnung beachtet werden müssen.

Sofern Sie auf vermeintlich frischer Tat betroffen werden, sind Angaben gegenüber der Polizei nicht zu empfehlen. Bedenken Sie, daß die Strafverfolgungsbehörden dem Tatnachweis Vorschub zu leisten gedenken, nicht dem Nachweis Ihrer Unschuld. Sie sind weder verpflichtet, sich gegenüber der Polizei zu äußern, einer polizeilichen Vorladung Folge zu leisten, noch der Polizei die Haustür zu öffnen oder den Ermittlungsbehörden ohne Durchsuchungsbeschluß Einlass zu gewähren.

I.d.R. sind Einlassungen ohne Kenntnis der Akte stets nachteilig, da eine einmal getätigte Äußerung sich in der Akte befindet. Ihr Verhalten bestimmt im Wesentlichen den weiteren Gang und Ausgang des Verfahrens.


Rechtsanwalt Holger Hesterberg, Wolfratshausen.

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im Deutschen Anwaltverein.  



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