Rechtsschutzversicherung – Freie Anwaltswahl

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Rechtsschutzversicherung – der Versicherungsnehmer kann sich IMMER seinen Anwalt frei wählen

Für den Fall, dass es im Leben einmal zu einem Rechtsstreit kommt, haben viele Bürger eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen. Bei der Suche nach dem passenden Anwalt orientieren sich viele an einschlägigen Branchenverzeichnissen, Empfehlungen von Bekannten oder aber eigenen Erfahrungen. 

Aber auch vom Rechtsschutzversicherer kann die Aufforderung kommen, einen bestimmten Anwalt vor Ort aufzusuchen. Mit diesen wurden oftmals Kooperationsvereinbarungen ausgehandelt, wonach der Versicherer durch die Empfehlungen neue Mandate verschafft und der Anwalt ihm Gegenzug günstiger gegenüber dem Versicherer abrechnet. So können die Versicherer bei der Regulierung des Schadens bares Geld sparen. Es stellt sich dem Versicherungsnehmer daher oftmals die Frage, ob er verpflichtet ist, den „Versicherungsanwalt“ mit der Interessenwahrnehmung zu beauftragen oder aber ob er frei in der Wahl seines Rechtsbeistandes ist.

Dazu enthält § 127 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) die eindeutige Regelung, dass der Versicherungsnehmer berechtigt ist, denjenigen Rechtsanwalt, der seine Interessen wahrnehmen soll, frei zu wählen. Die Übernahme der entstandenen Kosten darf somit nicht von der Wahl des Rechtsanwaltes abhängig gemacht werden.

Der Versicherer darf eine Zahlung auch nicht mit dem Argument verweigern, dass er versicherungsintern Sachbearbeiter zur Verfügung stellt, die den Versicherungsnehmer gleichwertig vertreten könnten. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 7. November 2013, Aktenzeichen C-442/12 erklärt. Darin entschied der Gerichtshof auch, dass eine Rechtsschutzzusage nicht deshalb verweigert werden darf, weil vor dem entsprechenden Gericht eine anwaltliche Vertretung nicht zwingend erforderlich ist (so wie dies in Deutschland vor den Arbeitsgerichten und in Zivilsachen vor den Amtsgerichten stets der Fall ist).

Eine gewisse Beschränkung des Grundsatzes der freien Anwaltswahl ist dennoch möglich. Der Versicherer darf nämlich wirtschaftliche Anreize schaffen, um den Versicherungsnehmer bei der Entscheidung, welchen Rechtsanwalt er mandatiert, zu beeinflussen. So ist es ihm nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht verwehrt, eine Klausel in die Allgemeinen Versicherungsbedingungen einzufügen, die die Wahl eines vom Versicherer empfohlenen Anwalts damit belohnt, im Versicherungsfall nicht eine ansonsten vorgesehene höhere Selbstbeteiligung zahlen zu müssen (Urteil vom 04. Dezember 2013, Aktenzeichen IV ZR 215/12). Dies würde ausweislich des Urteils lediglich dann nicht mehr gelten, wenn der Versicherer einen so hohen Druck durch drohende Nachteile aufbaut, dass ein erheblicher psychischer Zwang auf die Entscheidungsfreiheit des Versicherungsnehmers ausgeübt wird. Wird der finanzielle Anreiz also so groß, dass der Versicherungsnehmer „gar nicht mehr anders kann“ als den Anwalt des Versicherers zu beauftragen, ist die Beeinflussung zu groß.

Hinsichtlich der Höhe der Gebühren sind die Versicherer nur dazu verpflichtet solche Gebühren zu übernehmen, die nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – der Gebührengrundlage für Rechtsanwälte – als Honorar für die konkrete Tätigkeit anfallen. Wenn der Mandant beispielsweise Stundensätze oder ein Erfolgshonorar mit seinem Anwalt vereinbart, so muss er die dadurch entstandenen Mehrkosten selbst tragen.

Es steht jedem Versicherungsnehmer letztendlich grundsätzlich frei, den Anwalt seiner Wahl aufzusuchen und die Kosten bei seinem Rechtsschutzversicherer ersetzt zu verlangen. Egal ob bspw. bei einer Kündigung, Abmahnung, Verkehrsunfall, Bußgeldbescheid mit Fahrverbot oder anderen Rechtsstreitigkeiten. 

Es macht eben auch Sinn, Mandate an den „Anwalt des Vertrauens“ zu vergeben als an eine häufig auswärtige Kanzlei ohne persönlichen Bezug. 

Rechtsanwalt Peter Scheffer

Fachanwalt für Arbeitsrecht, Verkehrsrecht, Versicherungsrecht

Kanzlei Scheffer, Bünde


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