Rechtsschutzversicherung vor Entscheidung über Berufsunfähigkeitsrente abschließen?

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Werden durch eine noch nicht lange bestehende Rechtsschutzversicherung Streitigkeiten mit dem privaten Berufsunfähigkeitsversicherer abgedeckt?

Der Fall: Ein Mandant beantragt Berufsunfähigkeitsrente und schließt danach eine Rechtsschutzversicherung ab. Ein paar Monate später wird die Berufsunfähigkeitsrente abgelehnt. Der Berufsunfähigkeitsversicherer behauptet, der Mandant könne seinen Beruf noch zu über 50 Prozent ausüben. Der Mandant muss dann früher oder später Klage erheben, da die Frage der Berufsunfähigkeit von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen geklärt werden muss. Ohne ein entsprechendes Gerichtsgutachten wird der Berufsunfähigkeitsversicherer in der Regel nicht einlenken und an seinem eigenen Gutachten festhalten. Der Mandant bzw. sein Rechtsanwalt bittet den Rechtsschutzversicherer daher um Übernahme der Kosten für die Klage gegen den Berufsunfähigkeitsversicherer.

Wie reagiert der Rechtsschutzversicherer? Der Rechtsschutzversicherer lehnt die Übernahme der Kosten ab (keine Deckungszusage). Er verweist auf eine Klausel in den Allgemeinen Rechtsschutzversicherungsbedingungen (ARB), nach der kein Versicherungsschutz besteht, wenn eine Willenserklärung oder Rechtshandlung, die vor Beginn der Rechtsschutzversicherung vorgenommen wurde, die Streitigkeiten (den Rechtsschutzfall) ausgelöst hat. Der Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente wurde vor dem Bestehen der Rechtsschutzversicherung gestellt. Durch den Antrag wurde die Ablehnung der Berufsunfähigkeitsrente letztlich ausgelöst.

Die Lösung: Der Rechtsschutzversicherer nimmt hier Bezug auf die sogenannte Vorerstreckungsklausel. Die Wirksamkeit dieser Klausel war in der Rechtsprechung lange umstritten. Der Bundesgerichtshof hat nunmehr in der Entscheidung BGH, Urteil 4. 7. 2018 – IV ZR 200/16 = r+s 2018, 425, welcher eine Entscheidung des OLG Köln vorausgegangen war, für Klarheit gesorgt und die Vorerstreckungsklausel für intransparent und somit nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam erklärt. Der Bundesgerichtshof bemängelt in dieser Entscheidung unter anderem sowohl die Transparenz des Begriffes „Rechtshandlung“ als auch des Begriffes „auslösen“.

Wie reagiert der Rechtsschutzversicherer jetzt? Mit der Entscheidung des BGH konfrontiert behauptet der Rechtsschutzversicherer, die BGH Entscheidung würde nur die Allgemeinen Rechtsschutzversicherungsbedingungen (ARB) 2008 betreffen. Da der Mandant in seiner Rechtsschutzversicherung die ARB 2017 vereinbart hat, könne die Entscheidung des BGH keine Anwendung finden.

Die Antwort: Ein Blick in die ARB 2017. Auch in den ARB 2017 stehen in der Vorerstreckungsklausel die vom BGH beanstandeten Begriffe „Rechtshandlung“ und „auslösen“. Es gibt also in diesem wesentlichen Punkt keine Unterschiede zu den ARB 2008. Außerdem kann in den ARB 2017 die erst ein Jahr später ergangene Entscheidung des BGH noch nicht berücksichtigt worden sein.

Das Ergebnis: Der Rechtsschutzversicherer lenkt ein und erteilt eine Deckungszusage. Damit werden die nicht unerheblichen Kosten für den Prozess gegen den Berufsunfähigkeitsversicherer vom Rechtsschutzversicherer übernommen.

Wurde auch Ihre Berufsunfähigkeitsrente abgelehnt? Sie haben eine Rechtsschutzversicherung, wissen aber nicht, ob Ihr Fall übernommen wird oder haben bereits eine Absage erhalten? Rechtsanwalt Brandl hilft Ihnen gerne telefonisch weiter.


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