Restaurantkritik: Landgericht Köln verbietet Stadtmagazin unseriöse Bewertung eines Imbisslokals

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In einer Zeitschrift wurde ein Artikel veröffentlicht, der sich mit der aufstrebenden Burger-Grill-Szene in einer deutschen Großstadt befasste. Der Beitrag beschrieb, wie Mitarbeiter des lokalen Stadtmagazins über einen Zeitraum von einer Woche täglich immer einen in der Stadt befindlichen Hamburger-Laden unter die Lupe nahmen. Dabei fiel die Bewertung der von Renner Morbach vertretenen Gastronomie aus Sicht des Mandanten unberechtigt und vernichtend aus. Die kurze Kritik lautete unter anderem wie folgt:

„Der leicht Angekohlte … Es ist niemand außer uns hier. Verdächtig, schließlich stapeln sich wenige hundert Meter Luftlinie entfernt die Besucher in XXXX. Nach dem Probeessen meinen wir den Grund dafür zu ahnen. Unterschätzte Brat- und Belegkunst sieht anders aus. Sorry, wir finden nichts, was es hier zu feiern gäbe“.

Der verantwortliche Verlag wurde von Renner Morbach abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Doch der Verlag weigerte sich und ließ durch seine Anwälte mitteilen, dass der Artikel nicht als Restaurantkritik zu verstehen sei und dass es dem Stadtmagazin völlig freistehe, über einzelne Etablissements zu berichten. Insbesondere, da die Schilderungen Meinungsäußerungen seinen, welche auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhen würden.

Landgericht erlässt einstweilige Verfügung

Nach erfolgloser außergerichtlicher Abmahnung des für die Zeitschrift verantwortlichen Verlags beantragten Renner Morbach eine einstweilige Verbotsverfügung. Das angerufene Landgericht Köln gab dem Antrag von Renner Morbach vollumfänglich statt und verbot dem Verlag auch unter Androhung einer Zahlung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro, in Bezug auf die Gastronomie diese oben eingeblendete Kritik weiter zu verbreiten (LG Köln, Az. 28 O 358/15).

Den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung begründeten Renner Morbach erfolgreich wie folgt.

Die Besprechung der Gastronomie unserer Mandantin enthielt im Rahmen einer Gastronomiekritik unzulässige Wertungen, deren Zustandekommen den dafür aufgestellten Maßstäben nicht gerecht wird. Denn bei dem Artikel des Magazins handelte es sich trotz der lockeren Sprache und der Form einer Reportage tatsächlich um einen Test von 7 Gastronomiebetrieben, die Burger anbieten. Um einen Test handelt es sich von Rechts wegen nämlich dann, wenn die Veröffentlichung und Verbreitung der Ergebnisse von prüfenden und beurteilenden Erhebungen über gewerblichen Angeboten von Unternehmen gegeben ist. Und um eine solchem Test ging es ja bei dem Hamburger-Laden-Vergleich, in dem die gewerbliche Leistung unseres Mandanten, konkret die äußere Präsentation des gastronomischen Angebots (Gestaltung des Restaurants/Service) als auch die Qualität der in diesem Rahmen angebotenen Speisen (Frische der Lebensmittel/Zubereitung/Geschmack) geprüft und beurteilt werden. Die Tester, welche für die Zeitschrift an sieben Tagen in sieben Burger-Läden probegegessen haben, haben den Lesern selber die Versuchsanordnung „Gegessen wird immer der klassische Hamburger und seine fleischlose Alternative – dazu gibt es selbstverständlich Pommes“ mitgeteilt und folglich eine Vergleichssituation aufgebaut. Ferner besprachen sie jeweils die Gestaltung des gastronomischen Angebots und bewerteten die probierten Speisen der sieben Burger-Lokale. Demnach handelt es sich um einen Vergleichstest von 7 Burger-Läden, bei dem die auch im Artikel als solche benannten „Tester“ bzw. das „Tester-Team“ immer die gleichen Gerichte („Gegessen wird immer der klassische Burger und seine fleischlose Alternative – dazu gibt es selbstverständlich Pommes“) probeessen.

Zulässigkeitsvoraussetzungen für Waren- und Gastronomietests

Demzufolge musste davon ausgegangen werden, dass trotzdem der Bericht nicht als Test überschrieben war, es sich tatsächlich um einen vergleichenden Test handelte, der den Anschein vermittelt, dass ihm ein geordnetes Prüfverfahren bezüglich der immer gleich georderten Gerichte zugrunde liegt. Ferner folgte jedem mit einem Unterstrich abgegrenzten „Test“ eines Burger-Ladens auch eine Bewertung, zum Beispiel ein Fazit, welches in eine Bewertung der jeweiligen Hamburger-Läden einmündet. Da in dem Stadtmagazin auch regelmäßig Restaurants getestet werden und der Verlag zudem auch ein Heft über das städtische Gastronomieangebot veröffentlicht, hat die Leserschaft bei der Berichterstattung über Gastronomieangebote ein besonderes Vertrauen in die Neutralität, Sachkunde und das Bemühen um Richtigkeit auf Seiten des Verlags, unabhängig vom lockeren unterhaltenen Stil, in welchem der Test präsentiert wird. Denn die dramatischen, negativen Auswirkungen auf den Gastronomiebetrieb des Mandanten durch die vernichtende Kritik in der Zeitschrift, sind jedenfalls gegeben. Jemand, der den Test liest und bisher kein überzeugter Stammkunde unseres Mandanten ist, wird danach nicht mehr zu der Gastronomie unseres Mandanten gehen wollen. Die streitgegenständliche Bewertung war demzufolge geeignet, das geschäftliche Ansehen unseres Mandanten und das wirtschaftliche Fortkommen des von ihm betriebenen Imbisses erheblich zu beeinträchtigen. Insbesondere, da es sich wegen der großen Konkurrenz von mittlerweile vielen Burger-Läden in einer Großstadt um einen engen und umkämpften Markt handelt.

Zwar gelten die strengen Testgrundsätze für Warentests vorliegend nicht, da Restaurant-Kritiken einer objektiven Beurteilung weitgehend entzogen sind (BGH v. 20.3.1986 – I ZR 13/84, NJW 1987, 1082 – Gastrokritiker). Gleichwohl sind Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Diese machen es in der Regel erforderlich, vor der Veröffentlichung einer besonders abwertenden Kritik mehrere Testbesuche durchzuführen (BGH v. 12.6.1997 – I ZR 36/95, AfP 1997, 909, 911 – Restaurantführer; OLG Frankfurt v. 11.1.1996 – 6 W 126/95, NJW 1996, 1146 – „Adel verzichtet”). Vorliegend ist das Burger-Lokal unseres Mandanten jedoch nur einmal seitens der Tester aufgesucht worden.

Die Eröffnung eines Bewertungsspielraums für Gastronomiebetriebe setzt im Übrigen voraus, dass die der Veröffentlichung der Ergebnisse eines solchen Restauranttests zugrunde liegende Untersuchung neutral, sachkundig und im Bemühen um Richtigkeit vorgenommen sein muss (vgl. OLG Köln, Urteil vom 03. Mai 2011 – I-15 U 194/10, 15 U 194/10 –, juris). Denn hier steht dem geschützten Rechtsgut der unternehmerischen Geschäftsehre und des Gewerbebetriebs die ebenso geschützte Freiheit der Meinungsäußerung gegenüber, die sich gerade mit dessen Produkten und Leistungen befasst und die Befriedigung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit/Verbraucher an diesen Waren/Leistungen für sich in Anspruch nimmt. In dieser Situation vertraut der angesprochene und erreichte Empfängerkreis auf die Objektivität des der zum Ausdruck gebrachten subjektiven Bewertung zugrundeliegenden Verfahrens bzw. der Art des Zustandekommens der Wertung. Vor dem Hintergrund dieser Erwartung ist derjenige, der sich auf sein Recht zur freien Meinungsäußerung beruft, zu sorgfältiger Prüfung gehalten, ob er mit seiner Äußerung den Boden sachlich nicht gerechtfertigter Kritik verlässt.

Die Bewertung war insbesondere nicht objektiv, da sie nicht auf der Grundlage der seitens der Tester selbst aufgestellten Versuchsanordnung („Gegessen wird immer der klassische Burger und seine fleischlose Alternative – dazu gibt es selbstverständlich Pommes“) beruhte und dem Mandanten nicht die gleichen Chancen zum Punkten gab, wie den anderen getesteten Burger-Läden. Mit Recht hat das Landgericht Stuttgart die Verbreitung eines Tests untersagt (LG Stuttgart v. 2.11.1984 – 17 O 368/84, unveröff.), weil die Platzierung dadurch beeinflusst war, dass der Testveranstalter die von ihm selbst aufgestellten Bedingungen nicht eingehalten hatte. Hat der Tester ein Prüfprogramm erstellt, bewirkt das grundsätzlich eine Selbstbindung. Denn wenn ein Tester entgegen seiner Versuchsanordnung nicht zwei verschiedene, sondern nur einen Burger isst, hat er das kritisierte Angebot auch nicht in einem repräsentativen Umfang geprüft. Eine nicht repräsentative Prüfung ist in der Regel keine ausreichende Grundlage für eine verantwortliche Kritik, da die Prüfung einer repräsentativen Auswahl der Leistungen nicht gewährleistet erscheint und eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit besteht, dass singuläre Eindrücke oder „Ausreißer“ die „Richtigkeit“ des Ergebnisses verfälschen (vgl. OLG München, Urteil vom 09. Juli 1993 – 21 U 6720/92 –, juris).

Fazit

Der aktuelle Beschluss des Landgerichts Köln zeigt, dass man sich gegen Bewertungen und Kritik an wirtschaftlichen Leistungen auch erfolgreich wehren kann. Klar ist, dass derjenige, der sich am Wirtschaftsleben beteiligt, sich auch Kritik stellen muss. Diese muss sich jedoch im rechtlich zulässigen Rahmen bewegen. Wegen der immensen Auswirkungen von schlechter Kritik auf die geschäftliche Existenz eines Unternehmens haben sich deshalb Voraussetzungen herauskristallisiert, die im Rahmen einer zulässigen Kritik vorliegen müssen. So muss eine Kritik von Neutralität, Sachkunde und Objektivität sowie vom Bemühen um Richtigkeit geprägt sein. Eine vernichtende Schmähkritik ist im Weiteren ebenso wenig zulässig wie die Behauptung von falschen Tatsachen.

Renner Morbach Rechtsanwälte beraten und vertreten Sie gerne in allen Fragen rund um Bewertungen und Kritik an Ihrem Unternehmen, ihrem Betrieb oder Ihrer Praxis.

RA Burkhard Renner, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

www.renner-morbach.de


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