Rettungsgasse nicht gebildet? Fachanwalt in Coesfeld erklärt's!

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Ihnen wird im Bußgeldverfahren vorgeworfen, eine Rettungsgasse nicht gebildet zu haben? Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk aus dem Kreis Coesfeld (bei Dülmen, Borken, Ahaus) erklärt Ihnen den Vorwurf nachfolgend in gebotener Kürze:  

Die Regelung des § 11 Abs. 2 StVO (besondere Verkehrslage) bestimmt die Verhaltensregeln für den früher im Gesetz und im Volksmund noch heute so genannten stockenden Verkehr. Nach dem aktuellen Tatbestand des § 11 Abs. 2 StVO ist als Verhaltensregel eine Rettungsgasse bei stehende oder nur Schrittgeschwindigkeit fahrenden Fahrzeugen u.a. auf der Autobahn zu bilden. Die Gasse ist zwischen der äußerst linken Spur und der sich rechts daneben laufenden Spur zu bilden.


Was ist Schrittgeschwindigkeit?

Als stockender Verkehr wird eine sich nur mit Schrittgeschwindigkeit bewegende Fahrzeugkolonne bezeichnet. Der Begriff Schrittgeschwindigkeit ist nicht gesetzlich definiert. Er wird in der Rechtsprechung unterschiedlich bestimmt. Dabei definieren die meisten Oberlandesgerichte Schrittgeschwindgkeit mit maximal 7 km/h. Einige andere obergerichtlichen Entscheidungen legen einen Wert von höchstens 10 km/h fest. Im fließenden Verkehr mit unter 10 km/h Tempo muß also auf jeden Fall die Bildung die Rettungsgasse durch Autofahrer, Trucker und Biker erfolgen.


Ist die Rettungsgasse ist sofort zu bilden?

Ob die Rettungsgasse sofort zu bilden ist, sobald Fahrzeuge mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden oder ob es eine Abwartefrist gibt, ist umstritten. Nach dem OLG Oldenburg besteht die Pflicht, nicht abzuwarten, sobald der Verkehr stockt. Eine Überlegungsfrist besteht hiernach nicht; die Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse greift nach dem OLG vielmehr sofort (OLG Oldenburg, Beschl. v. 20.9.2022, Az. 2 Ss(OWi) 137/22)

Das Amtsgericht Tübingen vertritt hingegen die Auffassung, der Verstoß gegen § 11 Abs. 2 StVO setze eine gewisse zeitliche Komponente des Stillstandes oder der Schrittgeschwindigkeit voraus, die vor einer Gassenbildung abgewartet werden dürfe.

Dieser Streit führt für Verkehrsteilnehmer zu gewisser Rechtsunsicherheit, wo in Deutschland welches Verhalten nun wie bußgeldbewehrt ist. Im Zweifel sollte daher die Gassenbildung sofort erfolgen.


Rechtsfolge: Fahrverbot und hohe Bußgelder

Nach den Ziffern und Unterziffern des Nr. 50 BKatV werden Verstöße je nach Einzelfall mit Bußgeldern ab 200 Euro aufwärts geahndet. Hinzu kommen zwei Punkte in Flensburg sowie ein Monat Fahrverbot. Der Verstoß kann fahrlässig begangen werden, z.B. durch zu langes Nachdenken, Träumerei, oder durch einen mißglückten Spurwechsel, der mangels Lücke auf der Nebenspur in der Rettungsgasse stocken bleibt. Kommt es dabei zu Schäden oder Behinderungen von Rettungsfahrzeugen, steigt das Bußgeld.  

Jeder Autofahrer, LKW- oder Motorradfahrer kann in die Situation geraten und durch fahrlässig falsche Reaktion Betroffener im Bußgeldverfahren werden. Der Streit um Überlegungszeit und natürlich etwa tatsächliche Feststellungen zum Geschehen bieten Rechtsunsicherheit und Verteidigungschance zugleich. Stets lohnenswert ist das Ziel, zumindest ein Absehen vom Regelfahrverbot zu erreichen, selbst wenn Punkte und Bußgeld bleiben.

 Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk mit Kanzleisitz in Coesfeld (bei Reken, Bocholt, Rhede Stadtlohn, Gescher) ist Fachanwalt für Strafrecht und Verkehrsrecht. Er verteidigt Sie auf Wunsch in ganz Deutschland. Einfache Kontaktaufnahme für das Erstgespräch per e-mail oder WhatsApp / Signal unter 0151-52068763. Eine Verkehrsrechtsschutzversicherung kommt regelmäßig für die erste Beratung und Verteidigung auf.  

Foto(s): Heiko Urbanzyk

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