Rückerstattung Hartz IV – Begrenzung der Haftung Minderjähriger nach Vergleich?

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Der Fall:

Herr Müller teilte uns folgenden Sachverhalt mit: Seine Eltern haben mehrere Jahre Leistungen vom Jobcenter erhalten (Hartz IV). Aufgrund des schwankenden Einkommens seines Vaters wurden die Leistungen jeweils nur vorläufig bewilligt und anschließend abschließend festgesetzt. Hierbei stellten sich regelmäßig Überzahlungen ein, die das Jobcenter dann zurückforderte. Wegen mehrerer Rückforderungen zogen die Eltern vor das Sozialgericht. In einem dieser Verfahren wurde ein Vergleich geschlossen, worin geregelt war, dass er – also Herr Müller – einen Betrag von ca. 800 EUR an das Jobcenter zu erstatten habe. Da er selbst zu dem Zeitpunkt noch minderjährig war, hatte er jedoch mit dem ganzen Verfahren nichts zu tun. Jetzt ist er volljährig und das Jobcenter verlangt massiv den Betrag zurück. Auf seine Mitteilung, dass er jetzt volljährig sei und sich die Sache doch für ihn erledigt haben müsste, gab das Jobcenter bekannt, dass dem aufgrund des abgeschlossenen Vergleiches nicht so sei. Herr Müller fragt nun an, ob ein Widerspruch erfolgversprechend wäre.

Unsere Antwort:

Mit Eintritt in die Volljährigkeit hat sich die Forderung des Jobcenters nicht per se erledigt.

Allerdings ist die Haftung für Verbindlichkeiten, die die Eltern im Rahmen ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht durch Rechtsgeschäft oder eine sonstige Handlung mit Wirkung für das Kind begründet haben, gemäß § 1629a BGB auf den Bestand des bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandenen Vermögens des Kindes beschränkt. War also bei Eintritt in die Volljährigkeit Vermögen im Wert von 800 EUR vorhanden, das muss nicht unbedingt Bargeld gewesen sein, macht ein Widerspruch schon mal keinen Sinn. 

Das Bundessozialgericht (BSG) hat vor einiger Zeit nochmals ausdrücklich klargestellt, dass die Regelung aus § 1629a BGB auch bei – bestandskräftigen – Rückforderungen des Jobcenters gilt. Der nunmehr volljährig Gewordene hat demnach einen Anspruch auf Aufhebung des entsprechenden Rückforderungsbescheides. Hätten also die Eltern auf ein Rechtsmittel gegen den Erstattungsbescheid des Jobcenters verzichtet, wäre die Sache eindeutig. 

Nun kann es jedoch entgegen der Ansicht des Jobcenters nicht darauf ankommen, ob der Bescheid nicht angefochten wurde in der Rückforderungsangelegenheit ein gerichtlicher Vergleich geschlossen wurde. Auch wenn man annehmen würde, dass durch den Vergleich eine neue Verbindlichkeit begründet wurde, würde dies der Anwendung von § 1629a BGB nicht entgegenstehen. Vor dem Hintergrund kann die ablehnende Entscheidung nicht überzeugen. Vorbehaltlich dessen, dass zum Zeitpunkt der Volljährigkeit kein oder nur ein geringes Vermögen vorhanden war, würde daher ein Vorgehen durchaus Sinn machen. 

Ob allerdings der Widerspruch bereits zum Erfolg führen würde, ist zweifelhaft. Zumindest bei den Jobcentern, mit denen wir es in der Beratungspraxis für gewöhnlich zu tun haben, wäre zu erwarten, dass die Angelegenheit erst vor dem Sozialgericht vernünftig geklärt werden kann. 


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