Rückzahlungsvereinbarungen über Fortbildungskosten: oft vereinbart, häufig unwirksam!

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Die Fortbildung der Mitarbeiter dient nicht nur diesen, sondern insbesondere auch dem Unternehmen, sprich dem Arbeitgeber. Gerade in Phasen, in welchen Fachkräftemangel herrscht, bieten Arbeitgeber ihren Mitarbeitern die Möglichkeit sich fortzubilden bzw. zu spezialisieren.   Fortbildungen sind jedoch mit erheblichem Kostenaufwand für den Arbeitgeber verbunden. Im Gegenzug erwartet er von seinem Mitarbeiter sich über einen gewissen Zeitraum an ihn zu binden. Arbeitgeber möchten schließlich an der erworbenen Qualifikation bzw. Spezialisierung ihrer Mitarbeiter partizipieren. Mitarbeiter sind jedoch grundsätzlich in ihrer Entscheidung frei das Unternehmen jederzeit zu verlassen.

Wie kann sich ein Arbeitgeber schützen, für den Fall, dass er in die Fortbildung seines Mitarbeiters investiert hat, dieser aber nach Abschluss der Qualifizierungsmaßnahme das Unternehmen verlässt?

Diese Interessen können Arbeitgeber in eine sogenannte Rückzahlungsvereinbarung gießen. Der Arbeitnehmer soll damit zu einer Beteiligung an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Fortbildung für den Fall verpflichten werden, dass er aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.

In der Praxis zeigt sich jedoch, dass getroffene Vereinbarungen vielfach unwirksam sind, weil sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen.

Was muss bei Abschluss einer Rückzahlungsvereinbarung beachtet werden?

1. Beruflicher Vorteil für den Arbeitnehmer

Der Arbeitnehmer muss durch die Fortbildung bzw. Qualifizierungsmaßnahme einen geldwerten Vorteil erlangt haben. Der geldwerte Vorteil lässt sich insbesondere an einem beruflichen Aufstieg bemessen. Aufgrund der Maßnahme müssen sich dem Mitarbeiter neue berufliche Möglichkeiten und damit auch höhere Verdienstmöglichkeiten bieten. Der Arbeitnehmer muss durch die Qualifizierungsmaßnahme seinen Marktwert erhöhen. D.h., eine Kostenbeteiligung bzw. Rückzahlung der Fortbildungskosten ist dem Arbeitnehmer dann zumutbar, wenn sein beruflicher Vorteil aufgrund der Qualifizierungsmaßnahme groß ist.

Bietet die Weiterbildung ausschließlich einen innerbetrieblichen Vorteil, welches wohl dann anzunehmen ist, wenn es darum geht bereits vorhandene Kenntnisse beim Mitarbeiter aufzufrischen, dürfte eine Kostenbeteiligung unzulässig sein.

2. Bindungsdauer

Entscheidend ist, dass der berufliche Vorteil des Arbeitnehmers in einem angemessenen Verhältnis zu der vom Arbeitgeber verlangten Bindungsdauer ist. Geht es dem Arbeitgeber primär doch darum seinen Mitarbeiter möglichst lange an das Unternehmen zu binden.

Es gibt keine gesetzlich vorgeschriebene Bindungsdauer, insoweit müssen sich Arbeitgeber an den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätzen orientieren. Die Daten der Tabelle verstehen sich so, dass der Arbeitnehmer während der Fortbildung seine Vergütung erhält und nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet ist.

Fortbildungsdauer                                                      Bindungsdauer

bis zu einem Monat            
bis zu 6 Monate
bis zu zwei Monaten
bis zu 1 Jahr
6 bis 12 Monate
bis zu 3 Jahre
 mehr als 12 Monate
bis zu 5 Jahre    

Von diesen Richtwerten kann im Einzelfall abgewichen werden. So kann auch eine kurze Qualifizierungsmaßnahme mit sehr hohen Kosten verbunden sein und dem Arbeitnehmer einen erheblichen beruflichen Vorteil bringen. So hatte das Bundesarbeitsgericht über einen Fall zu entscheiden, in welchem der Mitarbeiter eine Pilotenberechtigung innerhalb einer Ausbildungszeit von 2 Monaten erworben hat. Die Kosten für diese Ausbildung, welche der Arbeitgeber übernommen hatte, waren sehr hoch. Hier hielt das Bundesarbeitsgericht eine Bindungsdauer von 3 Jahren für angemessen.

3. Rückzahlungsgrund /Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Die Rückzahlungsvereinbarung muss eindeutig formulieren, wann der Arbeitnehmer mit einer Rückzahlung der Ausbildungskosten zu rechnen hat. Der Arbeitnehmer muss nämlich bei Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung wissen, welche Art Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einer Kostenbeteiligung führt.

Insoweit ist zu unterscheiden zwischen einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers sowie einer verhaltensbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber. Diese zwei Formen der Kündigung führen grundsätzlich zu einer Kostenbeteiligung, da der Arbeitnehmer entweder das Arbeitsverhältnis selbst beendet bzw. sein Verhalten dazu führt, dass der Arbeitgeber die Kündigung ausspricht.

Bei einer arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Kündigung ist eine Kostenbeteiligung des Arbeitnehmers in der Regel unangemessen.

Bei einer personenbedingten Kündigung, z.B. wegen Krankheit des Arbeitnehmers, ist die Rechtslage bislang ungeklärt. Geht man davon aus, dass eine Kostenbeteiligung des Arbeitnehmers immer dann gelten soll, wenn der Grund der Beendigung in der Sphäre des Arbeitnehmers liegt, dürfte im Falle einer Kündigung wegen Krankheit etwas anderes gelten. Der Arbeitnehmer in den meisten Fällen eine Krankheit nicht beeinflussen können, dürfte eine Kostenbeteiligung ausscheiden.

Besteht der Arbeitnehmer eine Abschlussprüfung nicht, führt es nicht dazu, dass der Arbeitgeber eine Kostenbeteiligung rechtmäßig verlangen kann. Dies dürfte nur für den seltenen Fall gelten, dass der Arbeitnehmer im Falle der Prüfung seine intellektuellen Möglichkeiten schuldhaft ungenutzt lässt.

4. Transparenz

Die Rückzahlungsvereinbarung muss den Arbeitnehmer darauf hinweisen, welche gegebenenfalls zu erstattenden Kosten ihn dem Grunde und der Höhe nach erwarten. So muss der Arbeitgeber zwischen den einzelnen Positionen wie Seminargebühren, Fahrt-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten genau differenzieren und die Grundlagen nach denen die einzelnen Positionen berechnet werden darstellen, wie Kilometerpauschale für Fahrtkosten, Tagessätze für Übernachtungs- und Verpflegungskosten etc.

5. Staffelung

Je länger ein Arbeitnehmer im Unternehmen verbleibt, umso weniger ist er an den Kosten zu beteiligen. D.h., die Rückzahlungsvereinbarung muss eine sogenannte ratierliche Minderung des Rückzahlungsbetrages enthalten. Insoweit hat sich eine Staffelung etwaiger zurückzuzahlender Beträge in der Praxis in der Form durchgesetzt, dass sich für jeden Beschäftigungsmonat der Rückzahlungsbetrag kürzt.

Tipp für Arbeitgeber

Es gilt zwar kein Schriftformerfordernis, dennoch sollten Rückzahlungsvereinbarungen grundsätzlich schriftlich geschlossen werden. Im Streitfall kann der Arbeitgeber beweisen, welche Vereinbarung getroffen worden ist. Die Rückzahlungsvereinbarung sollte streng anhand der vorstehend genannten Punkte erstellt werden. Dies ist entscheidend, da eine unwirksame Rückzahlungsvereinbarung ersatzlos wegfällt. Der Arbeitgeber verliert damit jeglichen Anspruch auf eine Rückzahlung. Arbeitgeber sind demnach immer gut beraten eine Rückzahlungsvereinbarung mit anwaltlicher Hilfe zu formulieren.

Tipp für Arbeitnehmer

Arbeitnehmer erhoffen sich durch Qualifizierungsmaßnahmen bessere berufliche Perspektiven und wollen möglichst flexibel sein und sich gegenüber dem Arbeitgeber, welcher die Kosten für die Qualifizierungsmaßnahme übernommen hat, nicht übermäßig lange binden. Auch wenn vielfach unterzeichnete Rückzahlungsvereinbarungen unwirksam sind, sollte der Arbeitnehmer diese rechtlich prüfen lassen. Insbesondere dann, wenn eine Vereinbarung den Arbeitnehmer sehr lange an das Unternehmen binden soll, also lange Bindungszeiträume festlegt.


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Rechtsanwältin Dorit Jäger 

Fachanwältin für Arbeitsrecht

Südwestkorso 1

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www.ra-croset.de

Dorit Jäger ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht. Die Kanzlei Croset- Fachanwälte für Arbeitsrecht ist ideologisch nicht festgelegt und vertritt daher Arbeitgeber (kleine, mittelständische und große Unternehmen mit bis zu 1.500 Mitarbeitern) und Arbeitnehmer (Angestellte aller Einkommensklassen, Führungskräfte, leitende Angestellte und Geschäftsführer) - deutschlandweit.

Die verkürzte Darstellung bedingt, dass eine vollständige Beschreibung der relevanten Rechtslage hier nicht möglich ist und daher eine professionelle Beratung nicht ersetzt. Trotz sorgfältiger Bearbeitung bleibt eine Haftung ausgeschlossen. (DJ)

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