Ruinierte Haare durch Friseur: Ansprüche richtig geltend machen

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I. Übersicht

Nicht immer bringt der Friseurbesuch das gewünschte Ergebnis, oft sind die Abweichungen von der Wunschvorstellung allerdings gering und man gibt sich damit zufrieden. Aber was, wenn der Haarschnitt oder die Färbung schlicht grauenhaft oder sogar schmerzhaft war? Dann können Kunden unter Umständen Ansprüche gegen den Friseur geltend machen. Was Sie dabei beachten müssen, zeigen wir Ihnen im folgenden Beitrag.

II. Generelle Voraussetzungen für einen Anspruch gegen den Friseur

Generell kommen vertragliche und sog. deliktische Ansprüche in Betracht. Ansprüche aus dem Vertrag beziehen sich zumeist auf eine nicht vertragsgemäße Leistung, während deliktische Ansprüche sich auf Schäden durch unerlaubte Handlungen, wie z. B. Verletzungen, beziehen.

1.Deliktische Ansprüche:

Bei deliktischen Ansprüchen kommt vor allem eine Verletzung von Körper und Gesundheit, aber auch des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Betracht. Bei solchen Verletzungen können Sie einen Anspruch auf Schmerzensgeld haben. Beachten Sie aber, dass ein solcher Anspruch voraussetzt, durch den fehlerhaften Haarschnitt bzw. Färbung praktisch „entstellt“ zu sein. Somit werden an den Anspruch durchaus hohe Anforderungen gestellt.

2. Vertragliche Ansprüche

Mit einem Friseur wird zumeist ein mündlicher Werkvertrag (§ 631 BGB) geschlossen: der Friseur schuldet einen bestimmten Erfolg, nämlich der vereinbarte Haarschnitt, die Färbung, oder ähnliches. Vertragliche Ansprüche können geltend gemacht werden, wenn die Leistung des Friseurs mangelhaft (§ 633 BGB) ist. Das ist vor allem dann der Fall, wenn das Werk, also der Haarschnitt, nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist (§ 633 Abs. 2 BGB).

Zu den häufigsten Fehlern von Friseuren zählen insbesondere:

  1. Ein zu kurzer Haarschnitt oder Haarverlust: das OLG Bremen sprach einer Kundin, die sich die Haare professionell entkrausen lassen wollte und wegen einer unfachmännischen Behandlung Hautverätzungen erlitt und infolgedessen das Haupthaar komplett entfernen lassen musste ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 EUR zu (OLG Bremen, Urteil vom 11.07.2011, 3 U 69/10).
  2. Fehler beim Färben der Haare: nach ärztlich bestätigter allergischer Reaktion auf eine Blondierung, die offene Stellen auf der Kopfhaut zur Folge hatte, erhielt eine Kundin Schmerzensgeld von insgesamt 2.000 EUR (LG Arnsberg, Urteil vom 26.10.2010, 3 S 111/10).
  3. Keine Aufklärung des Friseurs über Risiken (insbesondere beim Färben): Ein Friseur hat auch wegen mangelhafter Aufklärung über die Risiken, insbesondere beim Färben zu haften (LG Mönchengladbach, Urteil vom 09.10.2009, 5 S 59/09).
  4. Verletzungen durch den Friseur: eine Kundin erlitt Schmerzen und ihr Haar wuchs nicht mehr, nachdem das Färbe- bzw. Blondiermittel direkt auf die Haut aufgetragen wurde; ihr wurde ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 EUR zugesprochen (LG Coburg, Urteil vom 29.07.2009, 21 O 205/09).

III. Besonderheiten für vertragliche Ansprüche

Für die oben dargestellten sog. Mängelgewährleistungsrechte ist es nach neuerer Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 11.10.2012, VII ZR 179/11 und VII ZR 180/11) notwendig, dass das Werk abgenommen (§ 640 BGB) wurde. Die Werksabnahme geschieht beim Friseur üblicherweise indem der Friseur dem Kunden den Haarschnitt oder die Färbung präsentiert und der Kunde dem in irgendeiner Form zustimmt, meist durch ausdrückliche Zustimmung. Diese Abnahme ist wichtig, weil grundsätzlich unterschiedliche Ansprüche vor und nach Abnahme in Betracht kommen.

1. Ansprüche vor Abnahme der Friseurleistung

Entdecken Kunden einen Mangel noch vor Zustimmung zum Ergebnis oder ggf. vor der Bezahlung, kann die Abnahme verweigert werden und auf einer mangelfreien Leistung des Friseurs bestanden werden und die Zahlung bis dahin verweigert werden. Natürlich geht das nicht bei jedem Mangel; ist ein Mangel unwesentlich, kann die Abnahme nicht verweigert werden. Ein unwesentlicher Mangel liegt beispielsweise vor, wenn eine Haarlänge von 20 cm vereinbart wurde und der tatsächliche Haarschnitt davon 1 cm abweicht.

Achtung: in der Rechtsprechung wird immer wieder bekräftigt, dass Friseurkunden die Arbeit des Friseurs währenddessen im Spiegel verfolgen können und darauf Einfluss nehmen können. Eine mögliche und unterlassene Einflussnahme auf den Friseur kann als Mitverschulden des Kunden verstanden werden (AG München, Urteil vom 07.10.2011, 173 C 15875/11).

2. Ansprüche nach Abnahme der Friseurleistung

Fällt die Mangelhaftigkeit der Leistung erst nach dessen Abnahme auf, muss dem Friseur eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt werden. Hierbei ist auf folgendes zu achten:

Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung ist, dass dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung gesetzt wird. Eine solche angemessene Frist wird insbesondere nicht gesetzt, wenn erkennbar nur ein sofortiges Handeln vom Friseur gefordert wird. Eine Fristsetzung ist zwar entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung endgültig und ernsthaft verweigert (§ 281 Abs. 2 BGB) und mag man oft annehmen wollen. Daran sind aber sehr hohe Anforderungen zu stellen, sodass dieses Merkmal im Regelfall gerade nicht vorliegt.

Außerdem ist eine Nacherfüllung auch nicht gleich unzumutbar, sondern erst nach mehreren fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuchen oder wenn das Vertrauen in die Leistung besonders bedeutsam ist, wie etwa bei Tätowierungen, üblicherweise aber nicht beim Haarschnitt oder der Färbung.

Zu beachten ist weiter, dass der Friseur die Art der Nacherfüllung wählen kann, nicht der Kunde (§ 635 Abs. 1 BGB). Das heißt, der Friseur kann entscheiden, ob er den Mangel ausbessern oder ein neues Werk liefern möchte (beispielsweise anstatt neuer Strähnen die komplette Neufärbung des Haares).

  • AG München, Az.: 213 C 8595/18: Der Kunde muss grundsätzlich zunächst Gelegenheit zur Nachbesserung in angemessener Frist geben, bevor er Schadensersatz verlangen kann

IV. Reaktionen des Friseurs

Wenn die Nachbesserung der Leistung unmöglich ist, besteht für den Friseur keine Leistungspflicht. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Haare zu kurz sind und eben nicht mehr verlängert werden können oder Verbrennung an den Haaren vorliegen. Dann kommen noch folgende Rechte in Betracht:

Ein Schadensersatz statt der Leistung steht Ihnen zwar grundsätzlich zu, doch müssen Sie hierfür insbesondere einen bezifferbaren Schaden darlegen, was regelmäßig nicht möglich sein wird, sodass dieser Anspruch oftmals leerläuft.

Des Weiteren kommen eine Minderung der Vergütung und deliktische Ansprüche in Betracht. Ersteres ist eher auch direkt bei Friseur durchsetzbar, da diese aus Kulanz bei einem Fehler einer Minderung wohl am ehesten zustimmen.

Außerdem kann die Nacherfüllung dem Friseur unzumutbar sein: der Friseur kann sich darauf berufen, dass diese nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand und Kosten zu erfüllen ist. Sind die Behauptungen korrekt, steht dem Friseur eine Leistungsverweigerungsrecht (§ 635 Abs. 3 BGB) zu. In der Praxis aber sollten Kunden weiterhin auf der Nacherfüllung bestehen. Denn die Voraussetzungen einer solchen Unzumutbarkeit werden nur sehr selten vorliegen; es bedarf einem geringen Interesse des Kunden und einem ganz erheblichen Kostenaufwand des Friseurs, damit ein solches Leistungsverweigerungsrecht besteht.

IV. Weitere Rechte, wenn die Nacherfüllung durch den Friseur ausbleibt

Nach erfolglos verstrichener Frist können Sie

  1. den Mangel selbst beseitigen und sich die erforderlichen Aufwendungen vom Friseur ersetzen lassen,
  2. vom Vertrag zurücktreten oder die Vergütung mindern,
  3. Schadensersatz statt der Leistung oder alternativ Ersatz vergeblicher Aufwendungen vom Friseur verlangen,

V. Schmerzensgeld

Beispiele der Rechtsprechung:

  1. LG Coburg, Teilurteil vom 29.07.2009 - 21 O 205/09:  Haarbehandlung, Schmerzensgeld, Frisör, Blondierungsmittel, Schmerzensgeld iHv. 4.200 €
  2. AG Erkelenz, Urteil vom 07.05.2009 - 8 C 351/08:  Schmerzensgeld, Gesundheitsverletzung, Friseur, blonde Strähnchen1,400 €
  3. LG Detmold , Urteil vom 05.06.2013 - 10 S 202/12: Kein Anspruch auf Schmerzensgeld, da Pflichtverletzung festgestellt werden konnte.
  4. OLG Koblenz, Urteil vom 22. 7. 2013 – 12 U 71/13:  Chronische Beschädigung der Kopfhaut bei einer Minderjährigen wahrscheinlich dauerhaftem Haarverlust in Folge einer Blondierung, die von Schmerzen und Krankenhausaufenthalten begleitet werden, rechtfertigt angesichts einer erheblichen psychischen Belastung (Anpassungsstörung) ein Schmerzensgeld in Höhe von 18 000 Euro. 
  5. LG Köln , Urteil vom 11.10.2019 - 7 O 216/17: Ansprüche aufgrund erlittener Verletzungen bei im Rahmen eines Friseurbesuchs durchgeführten Blondierungsmaßnahmen, 4000,00 € Schmerzensgeld
  6. LG Mönchengladbach, Urteil vom 9. 10. 2009 - 5 S 59/09:  Haarfärbungen durch einen Friseur ist mangels wirksamer Einwilligung rechtswidrig, wenn der Friseur nicht über die möglichen Folgen aufgeklärt hat - 300,00 € Schmerzensgeld für abgebrochene Haare nach Strähnchenbehandlung
  7. AG Rheine, Urteil vom 12.5.2016 – 14 C 391/14:  Verbrennen vorgeschädigter Haare auch schonende Färbemethode („Painting“) rechtfertigt ein  Schmerzensgelds iHv. 1000 Euro. 
  8. Kurios: AG Siegen, Urteil vom 19-06-1990 - 6 C 3010/88: nach einer missglückten Dauerwellenbehandlung kann der Blick in den Spiegel einen Schock auslösen, der einen Schmerzensgeldanspruch zur Folge hat (250 DM).

Diese Beispiele können als Richtschnur herangezogen werden, allerdings nicht pauschal auf einen Einzelfall übertragen werden. 

Wichtig: Gesundheitsschädigung  oder Körperverletzung müssen durch den Kunden hinreichend schlüssig und substantiiert dargetan werden.


Haben Sie noch weitere Fragen zu dieser Thematik? Wenden Sie sich vertrauensvoll an uns.

Ihr Rechtsanwalt

Filip Wawryk


https://www.kanzlei-fiwa.de/


(Haftungsausschluss für diesen Beitrag:

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Foto(s): Bild von S. Hermann & F. Richter auf Pixabay


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