Schadensersatz im Abgasskandal: Aktuelle Entwicklungen

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Kaum ein anderer Wirtschaftsskandal bietet eine solche Brisanz wie der Dieselskandal. Millionen von Menschen wurden weltweit von großen Automobilherstellern getäuscht. Doch welche Rechte haben Betroffene?

Schadensersatz im Abgasskandal

Die Betroffenen im Dieselskandal haben einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Hersteller. Das hat der BGH in seinem Grundsatzurteil bereits im Mai 2020 klargestellt.

Indem ein Hersteller Fahrzeuge auf dem Markt bringt, die eine Abgasregulierung nur auf dem Prüfstand einhalten, begeht er eine systematische Täuschung der Behörden und Verbraucher. Durch diese systematische Täuschung wird das Vertrauen der Käufer in ein umweltverträgliches und rechtmäßiges Fahrzeug missbraucht und planmäßig eine Typengenehmigung erschlichen. Diese Vorgehensweise ist sittenwidrig, da Verbraucher damit rechnen müssen, dass ihr Auto zurückgerufen und die Zulassung für den Straßenverkehr entzogen wird.

Damit liegt der Schaden bereits in dem Abschluss des Kaufvertrags, weshalb auch der Kaufpreis als Schaden im Rechtssinne gilt. Diesen Kaufpreis können Betroffene also vom Hersteller ersetzt verlangen. Der BGHstellt dem jedoch einen möglichen Nutzungsersatzanspruch der Hersteller entgegen.

Thermofenster im Dieselskandal

Das sogenannte „Thermofenster“ war bereits mehrfach Gegenstand von Entscheidungen des EuGH, dem obersten Gericht der Europäischen Union.

Fahrzeuge mit Thermofenster halten die angegebenen Emissionswerte nur in einer bestimmten Temperaturspanne, dem Thermofenster, ein. Der EuGH stellte die Thermofenster-Software der ursprünglichen „Schummel-Software“ im Abgasskandal gleich. Das bedeutet, dass auch hier eine unzulässige Abschaltvorrichtung vorliegt. Betroffene Fahrzeuge leiden unter einem „Sachmangel“, was Käufer berechtigt, ihre Gewährleistungsrechte gegen Verkäufer geltend zu machen. Zur Herstellerhaftung wird ein weiteres EuGH-Urteil im Frühjahr 2023 erwartet.

Zukunftsaussichten: Neue Klagewelle erwartet

Der EuGH gibt mit seiner Rechtsprechung die Richtung im Abgasskandal maßgeblich vor. Ein besonders verbraucherfreundlicher Trend ist zu beobachten.

Doch warum geht die juristische Fachwelt von einer neuen Klagewelle aus?

Eine wesentliche Rolle wird wohl das Thermofenster spielen. Die Deutsche Umwelthilfe hat das Kraftfahrt-Bundesamt, das Fahrzeuge mit Thermofenster zugelassen hat, verklagt. Der EuGH hat der Deutschen Umwelthilfe den Rücken gestärkt und ihr eine Klagebefugnis zugesprochen. Dabei versäumte es das Gericht nicht, erneut die Unzulässigkeit der Thermofenster zu betonen. Anhand des Grundsatzes der effektiven Geltung des Unionsrechts wird erwartet, dass das zuständige Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht die Zulassungsbescheide aufhebt. Ein besonders großer Spielraum bleibt dem deutschen Gericht jedenfalls nicht.

Und: Bei den bereits eingereichten Klagen wird es dann wohl nicht bleiben. Nun können andere Umweltverbände Klage erheben und die Zulassungen angreifen. Bereits das EUGH-Urteil kommt einem allgemeinen „Thermofenster-Verbot“ gleich, was wohl unweigerlich zu massenhaften Rückrufaktionen auch für die Fahrzeuge führen wird, deren Zulassung ursprünglich noch gar nicht angefochten wurde. 

Weitere Brisanz kommt den Anträgen des EU-Generalanwalts zu. Dieser hat gefordert, die Haftung der Hersteller zu verschärfen, die Durchsetzung der Ansprüche der Verbraucher zu erleichtern und die Nutzungsersatzansprüche der Hersteller zu beschränken. Sollte sich der EuGH dem - wie erwartet - anschließen, wird vor Gericht wohl der Beweis ausreichen, von einer unzulässigen Abschaltvorrichtung betroffen zu sein. Eine Tatsache, die insbesondere bei einer Rückrufaktion nicht von der Hand zu weisen sein wird.

Kurzum also: Neue Kläger, Haftungserleichterung und einfachere Rechtsdurchsetzung 

Die Rechtslage im Abgasskandal ist noch nicht vollends geklärt. Richtungsweisend werden auf jeden Fall die kommenden Urteile des EuGH sein. Auch der BGH hat seine Jurisdiktion bis zur Klärung auf unionsrechtlicher Ebene ausgesetzt, um den Vorgaben des europäischen Gerichts folgen zu können. Insgesamt zeigt sich im Abgasskandal eine Entwicklung, bei der das Unionsrecht mit seiner Rechtsprechung immer mehr an Bedeutung gewinnt, was aus Verbrauchersicht sehr zu begrüßen ist. Eine angenehme Ausgangssituation für Betroffene.

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