Schöffengericht = Pflichtverteidigung

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Auch in Jugendsachen!

Die Frage, ob der Beschuldigte einen Pflichtverteidiger bekommt, ist in vielen Fällen von ausschlaggebender Bedeutung. Viele Mandanten können sich selbst einen Rechtsanwalt für Strafrecht nicht leisten und suchen daher nach Möglichkeiten, eine Pflichtverteidigung in Anspruch zu nehmen. Zwar hat die Pflichtverteidigung nichts mit den finanziellen Möglichkeiten des Beschuldigten zu tun, gleichwohl sollten die bestehenden Möglichkeiten genutzt werden, um ggf. zu einer Pflichtverteidigung zu gelangen.

In § 140 StPO wird ein Katalog aufgezählt: Hier sind die Fälle benannt, in denen ein Pflichtverteidiger zu bestellen ist (z.B. U-Haft, Verhandlung vor dem Landgericht, Berufsverbot, Begutachtung, etc.).

Im § 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO ist dabei aufgeführt, dass bei einer Verhandlung vor dem Schöffengericht (Strafrahmen bis zu 4 Jahre !) ebenfalls ein Pflichtverteidiger beizuordnen ist.

Das Landgericht Saarbrücken hat in einer Entscheidung klarstellend ausgeführt, dass das natürlich auch im Jugendstrafrecht gilt (LG Saarbrücken, 11.02.2020, 3 Qs 11/20). In dieser Entscheidung heißt es: Ein Pflichtverteidiger ist auch dann zu bestellen, wenn zu erwarten ist, dass die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht/Schöffengericht stattfindet.

Diskutiert worden war im Vorfeld, ob § 68 JGG eine im Verhältnis zu § 140 StPO spezielle Regelung im Jugendstrafrecht sei. Dies hätte dann die Folge, dass § 140 (Pflichtverteidiger) in Jugendsachen gerade nicht gelte.

Das Landgericht Saarbrücken führt aus, dass bei einer Verhandlung vor dem Schöffengericht die Verteidigungsrechte des Angeklagten, auch des Jugendlichen, nicht eingeschränkt werden sollen. Das Gericht bezieht sich auf § 68 Nr. 1 JGG: Dort heißt es, dass ein Fall der notwendigen Verteidigung im Jugendstrafrecht dann vorliegt, wenn im Verfahren gegen einen Erwachsenen ein Fall der notwendigen Verteidigung vorläge.

Zudem verweist das Landgericht auf die EU-Richtlinie zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren.

In derartigen Fällen bekommt der Betroffene also einen Pflichtverteidiger. Dabei sollte er sich selbst um einen Rechtsanwalt bemühen, da das Gericht sonst "irgendeinen" Verteidiger als Pflichtverteidiger auswählt. Dabei werden meistens die Rechtsanwälte ausgesucht, die dem Gericht angenehm sind, also keinen großen Aufwand verursachen.


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