Schwierig: Schadenersatzansprüche gegenüber Lieferanten bei Abmahnung wegen Markenrecht oder Produkte

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Wenn ein Verkäufer markenrechtsverletzende Produkte oder nicht verkehrsfähige Produkte anbietet, kann er von einem Markeninhaber oder einem Wettbewerber im Rahmen einer Abmahnung auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden.

In diesem Beitrag geht es um die Möglichkeiten des Schadenersatzes des Abgemahnten gegenüber seinem Lieferanten, wenn es eine berechtigte Abmahnung gibt, weil die Produkte nicht vertrieben werden dürfen. Ein, vereinfacht gesagt, Vertriebsverbot (konkret ist es eine Unterlassung die Produkte in den Verkehr zu bringen), kann sich ergeben, weil die Produkte

  • gegen ein Markenrecht verstoßen,
  • gegen sonstige Schutzrechte, wie z.B. Patent, Design oder Gebrauchsmuster
  • oder die Produkte aus sonstigen Gründen nicht verkehrsfähig sind. Zu nennen sind hier Kennzeichnungsmängel (fehlende Herstellerkennzeichnung, fehlende Anleitung nach EMVG, fehlendes CE-Zeichen oder sonstige Produktsicherheitsvorschriften, die bei Produkten eingehalten werden müssen).

Häufig ist der abgemahnte Verkäufer nicht selbst Produzent und Hersteller dieser Produkte, sondern hat diese Produkte von einem Dritten, nämlich einem Lieferanten eingekauft.

Was ist der Schaden?

Eine berechtigte Abmahnung, sei es aus dem Markenrecht, Designrecht oder sonstigen Schutzrechten, wie aber auch aus dem Wettbewerbsrecht, hat immer zur Folge, dass auch Abmahnkosten geltend gemacht werden. Häufig bietet es sich bei produktbezogenen Abmahnungen aufgrund der Reichweite der geltend gemachten Unterlassungsansprüche an, keine Unterlassungserklärung abzugeben. Aus diesem Grund empfehlen wir dringend eine anwaltliche Beratung bei einer produktbezogenen Abmahnung.

Mit einer Unterlassung des Vertriebs dieser Produkte ist es nicht getan. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) umfassen gerade produktbezogene Unterlassungsverpflichtungen auch Beseitigungsansprüche. In der Praxis bedeutet dies, dass neben einer Unterlassung, die auf die Zukunft gerichtet ist, auch die Verpflichtung besteht, bereits ausgelieferte Produkte von gewerblichen Abnehmern zurückzurufen. Der administrative Aufwand ist hoch, ferner ist dem Abnehmer der Verkaufspreis zurückzuerstatten, ggf. macht auch dieser Schadenersatzansprüche gegen Sie als Lieferant geltend.

Gerade bei einer Abmahnung wegen einer Schutzrechtsverletzung, wie z.B. Markenrecht, Designrecht oder Patentrecht können zudem Schadenersatzansprüche neben den Unterlassungsansprüchen geltend gemacht werden.

Der tatsächliche Schaden aufgrund einer Abmahnung wegen nicht verkehrsfähiger Produkte, aus welchen Gründen auch immer, kann somit ganz erheblich sein.

Schadenersatzanspruch gegenüber dem Lieferanten?

Die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen gegenüber dem Lieferanten ist in der Praxis häufig nicht einfach realisierbar. Ein grundsätzliches Problem ist es, wenn der Lieferant seinen Sitz nicht in Deutschland, sondern im Ausland hat, in der Regel müssten Schadenersatzansprüche dort durchgesetzt werden. Dies ist schon innerhalb der Europäischen Union schwierig, außerhalb der EU, wie z.B. in China nicht realisierbar.

Obwohl meine Kanzlei seit vielen Jahren gewerblichen Rechtsschutz berät, sind nach unserem Eindruck Schadenersatzansprüche gegenüber dem Lieferanten eher selten. Häufig ist der abgemahnte Abnehmer auf den Lieferanten angewiesen. Bei einem halbwegs guten Verhältnis zwischen Abnehmer und Lieferant werden derartige Fälle häufig auf dem kleinen Dienstweg geregelt, wie z.B. durch Gutschriften.

Wie ist die Rechtslage?

Die Lieferung zwischen dem Lieferanten und dem abgemahnten Abnehmer ist ein B2B-Geschäft. Neben den Regelungen des BGB gelten in der Regel auch die Regelungen des HGB, wenn es sich um einen Vertrag nach deutschem Recht handelt.

Rügepflicht?

Gemäß § 377 HGB ist bei einem Kauf, der für beide Teile ein Handelsgeschäft ist, der Käufer verpflichtet, die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer zu untersuchen und wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen. Unterlässt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, es handelt sich um einen Mangel, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war. Wenn sich später ein Mangel zeigt, muss dieser ebenfalls dann unverzüglich angezeigt werden.

Nach unserer Auffassung ist es im Zusammenhang mit § 377 HGB ein Problem, dass nach der Rechtsprechung der Verkäufer hinsichtlich einiger Aspekte eine gesetzliche Prüfungspflicht hat, bevor er Ware, insbesondere gegenüber Endverbrauchern, verkaufen darf.

So ist der Verkäufer verpflichtet, zu überprüfen, ob ein Verbraucherprodukt gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Produktsicherheitsgesetz Name und Kontaktanschrift des Herstellers bzw. des Bevollmächtigten oder Einführers enthält. Fehlt diese Information, haftet der Verkäufer nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH Motivkontaktlinsen).

Ebenfalls haftet der Verkäufer bei einer fehlerhaften Kennzeichnung von Elektroprodukten (BGH Köpfhörer-Kennzeichnung).

Bei Elektrogeräten hat gemäß § 13 EMVG der Händler (Verkäufer) die Verpflichtung, sicherzustellen, dass Elektrogeräte mit einer CE-Kennzeichnung versehen sind, es eine Montage- und Gebrauchsanleitung gibt, das Gerät mit Name und Adresse des Einführers gekennzeichnet ist, etc. Eine ähnliche Verpflichtung gibt es aus dem Funkanlagengesetz (FuAG). Auch bei persönlicher Schutzausrüstung (PSA) besteht eine Prüfungspflicht des Verkäufers.

Nach unserer Auffassung spricht Vieles dafür, dass, wenn es eine gesetzliche Verpflichtung des Verkäufers gibt, die oben genannten Aspekte zu überprüfen, diese Prüfungspflicht auch die Rügepflicht des § 377 HGB erfasst.

Schadenersatz nur bei Verschulden

Gemäß § 280 BGB ist für einen Schadenersatzanspruch gegenüber Lieferanten ein Verschulden notwendig bzw. es entfällt der Schadenersatzanspruch, wenn der Lieferant die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

Genau an dieser Stelle kann es gerade bei Schutzrechtsverletzungen, wie z.B. einer Markenrechtsverletzung schwierig werden.

Nach unserem Eindruck sind die Fälle selten, in denen ein Lieferant bewusst und offensichtlich markenrechtsverletzende Ware eingekauft hat, um diese dann in der Lieferkette weiter zu vertreiben. Unabhängig davon hat die Ware einen Rechtsmangel, wenn sie gegen Markenrechte, Designrechte oder Patentrechte verstößt oder wegen z.B. fehlerhafte Kennzeichnung nicht verkehrsfähig ist.

Es gibt Fälle, in denen ein Verschulden eindeutig auf der Hand liegt, z.B. bei sogenannten Parallelimporten. Ein Parallelimport liegt vor, wenn ein Markenprodukt ohne Zustimmung des Markeninhabers von außerhalb der EU importiert wurde. Bei einem Bezug von markenrechtlich gekennzeichneten Produkten (wir verwenden ganz bewusst diese Formulierung) von außerhalb der EU, liegt entweder ein unzulässiger Parallelimport oder häufig gleich eine Markenrechtsverletzung, bei Komplettfälschung vor. Wenn der Lieferant z.B. direkt aus Asien eingekauft hat, ist er zum einen im Rechtssinne Hersteller des Produktes, zum anderen kann eine Markenrechtsverletzung auf der Hand liegen.

Einen Einfluss auf die Frage, ob und in welcher maximalen Höhe der Lieferant gegenüber dem Abmahner haftet, kann sich im Übrigen auch aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers ergeben.

Selbst wenn die Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch gegeben sein sollten, kann es durchaus möglich sein, dass das Gesellschaftsvermögen einer GmbH oder UG den Schadenersatzanspruch bei Weitem überschreitet.

In der Praxis kann es daher sein, dass beim Lieferanten nur wenig zu holen ist.

Zusammenfassend sind Schadenersatzansprüche wegen produktbezogener Abmahnungen häufig schwierig, jedoch nicht grundsätzlich aussichtslos.

Ich berate Sie bei einer Abmahnung wegen nicht verkehrsfähiger Produkte, sei es  wegen der Verletzung von gewerblichen Schutzrechten, wie Markenrecht, Designrecht oder Patentrecht oder produktbezogener Vorschriften, die dazu führen, dass bei einem Verstoß das Produkt nicht verkehrsfähig ist und nicht verkauft werden darf. In diesem Zusammenhang kann dann auch die Frage geklärt werden, ob Schadensersatzansprüche gegenüber dem Lieferanten möglich sind.

Zu mir und meiner Tätigkeit:

Ich berate als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in meiner Kanzlei Internetrecht-Rostock.de tagtäglich Abgemahnte wie Sie und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.

Die Kanzlei Internetrecht-Rostock.de informiert auf ihrer gleichnamigen Internetseite seit mehr als 20 Jahren mit inzwischen über 3.000 Beiträgen über Themen für Online-Händler und berät eine Vielzahl von Online-Händlern bei der Absicherung ihrer Auftritte.

Ich berate Sie bundesweit auch kurzfristig telefonisch. Im Rahmen meiner Beratung erörtere ich mit Ihnen die Rechtslage und die verschiedenen Handlungsalternativen mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Selbstverständlich erhalten Sie von mir auch konkrete Empfehlungen für das weitere Vorgehen.  

Sie haben auch eine Abmahnung erhalten, mochten Schadenersatz geltend machen oder abwehren?

Wenn Sie auch eine Abmahnung wegen eines angeblichen Rechtsverletzung der von Ihnen vertriebenen Produkte und Waren erhalten haben, Sie Schadenersatz geltend machen oder abwehren möchten können Sie sich über die angegebenen Kontaktdaten unkompliziert mit mir in Verbindung setzen:

  • Rufen Sie mich einfach an (Tel. 0381-260 567 30).
  • Schicken Sie mir eine E-Mail (rostock@internetrecht-rostock).
  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ eine Mitteilung zukommen.

Johannes Richard
 Rechtsanwalt
 Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz



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