Selbstverschuldete Arbeitslosigkeit: Sperrzeit beim Arbeitslosengeld umgehen

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ALG-Sperre umgehen


Kündigen Arbeitnehmer ihr Arbeitsverhältnis selbst oder wird ihren aufgrund einer Pflichtverletzung ordentlich oder außerordentlich gekündigt, müssen sie in der Regel mit einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld von bis zu zwölf Wochen rechnen. Das heißt, der Arbeitnehmer bekommt erst einmal kein Arbeitslosengeld und die Sperrzeit wird auf die ALG-Gesamtbezugsdauer angerechnet, sodass der Arbeitnehmer nur neun statt zwölf Monate lang Geld bekommt. Doch unter Umständen lässt sich auch bei einer Eigenkündigung oder einer verhaltensbedingten Kündigung eine ALG-Sperre vermeiden.

Wichtiger Grund für die Selbstkündigung

Grundsätzlich verhängt die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld, wenn ein Arbeitnehmer seinen Job selbst kündigt. Der Grund: Er hat die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses herbeigeführt und sich somit vertragswidrig verhalten.

Liegt arbeitnehmerseitig ein wichtiger Grund für die Kündigung vor, lässt sich die Sperrfrist umgehen. Ein wichtiger Grund macht die Fortführung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar. Wichtige Gründe für eine Eigenkündigung können etwa sein:

  • Neues Arbeitsverhältnis: Hat ein Arbeitnehmer einen neuen Job gefunden und bereits einen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben, sieht die Arbeitsagentur darin einen triftigen Grund, keine ALG-Sperre zu verhängen.
  • Private Ursachen: Unterschiedliche Umstände aus dem Privatleben des Arbeitnehmers können ebenso eine Kündigung durch den Arbeitnehmer rechtfertigen und den Bezug des Arbeitslosengeldes nicht verzögern. Kündigt ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis, um Angehörige zu pflegen, mit dem Ehepartner umzuziehen oder um mit dem Partner zur Gründung einer Lebensgemeinschaft zusammenzuziehen, verhängt die Agentur für Arbeit oft keine Arbeitslosengeldsperre.
  • Berufliche Gründe: Ein wichtiger Grund für eine Eigenkündigung liegt auch bei Mobbing oder sexueller Belästigung am Arbeitsplatz vor. Auch extreme Überforderung rechtfertigt eine Kündigung durch den Arbeitnehmer, muss aber meistens durch ein ärztliches Attest nachgewiesen werden.

Insbesondere in Bezug auf die privaten Gründe, die einen Arbeitnehmer zu einer Kündigung bewegen, sind die Entscheidungen der Arbeitsagentur bei der Bewilligung von Arbeitslosengeld einzelfallabhängig. Gerichte entscheiden hier nicht immer einheitlich. Gerade deshalb ist es ratsam, wenn Arbeitnehmer vor Aussprechen einer Kündigung Kontakt zur Agentur für Arbeit aufnehmen. Sie können ihren Kündigungsgrund erläutern und von einem Mitarbeiter der Arbeitsagentur einschätzen lassen, wie ihre Chancen auf Arbeitslosengeld sind. Gegebenenfalls kann auch eine andere Lösung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gefunden werden, bei der der Bezug von Arbeitslosengeld nicht gefährdet ist.

Aufhebungsvertrag und ALG-Sperre

Für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages gilt im Prinzip dasselbe wie bei einer Eigenkündigung. Bei einem Aufhebungsvertrag als Alternative zur Kündigung beenden Arbeitgeber und Arbeitnehmer das arbeitsvertragliche Verhältnis einvernehmlich. Das bedeutet, in den Augen der Arbeitsagentur ist der Arbeitnehmer für sein Ausscheiden mitverantwortlich, weshalb eine bis zu dreimonatige Sperrfrist beim Arbeitslosengeld droht.

Die Arbeitslosengeldsperre lässt sich auch hier umgehen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, wie etwa Mobbing oder sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, der die Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages rechtfertigt. Auch wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Kündigung angedroht hat, und der Arbeitnehmer stattdessen einem Aufhebungsvertrag zustimmt, entfällt die Sperrzeit.

Wichtig ist, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer, um den ALG-Bezug nicht zu gefährden, die ordentliche Kündigungsfrist mit dem Aufhebungsvertrag einhalten. Andernfalls ruht die Arbeitslosengeldauszahlung bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Kündigungsfrist eigentlich geendet hätte.

Arbeitslosengeld nach (fristloser) verhaltensbedingter Kündigung

In den meisten Fällen verhängt die Arbeitsagentur nach einer (fristlosen) verhaltensbedingten Kündigung eine Arbeitslosengeldsperre, denn der Arbeitnehmer hat durch eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten seine Arbeitslosigkeit vorsätzlich und grob fahrlässig herbeigeführt.

Auch wenn der Arbeitnehmer selbst fristlos gekündigt hat, weil ein Fehlverhalten seines Arbeitgebers vorliegt, kann er oftmals nicht sofort mit dem Arbeitslosengeld rechnen. Erst wenn für die Agentur für Arbeit erwiesen ist, dass dem Arbeitnehmer keine andere Lösung als die Eigenkündig blieb, steht dem ALG-Bezug nichts im Wege. Auch hier empfiehlt es sich für Arbeitnehmer, die fristlos kündigen wollen, die Sachlage zuvor der Arbeitsagentur zu erläutern.

Um als Arbeitnehmer dennoch vom Arbeitslosengeld profitieren zu können, kann er gegen die verhaltensbedingte Kündigung vorgehen und Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen. Selbst wenn die Chancen, den Prozess zu gewinnen, gering sind, kann häufig ein Vergleich ausgehandelt werden, sodass die Kündigung nicht aus verhaltensbedingten Gründen erfolgt ist und dass der Arbeitnehmer ein gutes Arbeitszeugnis erhält. Handelt es sich nicht mehr um eine Entlassung aufgrund eines arbeitnehmerseitigen Fehlverhaltens, ist die Agentur für Arbeit nicht mehr berechtigt, eine ALG-Sperre zu verhängen.

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