Thermofenster-Urteil des EuGH: Dieselfahrer erhalten Schadensersatz (Az. C-100/21)

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Thermofenster und Fahrlässigkeit reichen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) korrigiert den deutschen Bundesgerichtshof (BGH) und verlangt, dass Besitzer von Dieselfahrzeugen mit „Thermofenster“ entschädigt werden (EuGH, Az. C-100/21).  

Ausgangspunkt war ein Verfahren vor dem rebellischen LG Ravensburg gegen Mercedes Benz bzw. Daimler. Das LG Ravensburg war von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht überzeugt.

Was ist das Thermofenster?

Das Thermofenster geht auf eine Softwareinstallation zurück. Es bedeutet, dass die Abgasreduktion insbesondere mit Blick auf Stickoxide nur in einem bestimmten Temperaturbereich stattfindet. Eine solche Motoreinstellung kann durchaus bei Extremtemperaturen oder beim Anlassen sinnvoll sein. Das Problem ist bloß, dass viele Hersteller ein solches Thermofenster für den Bereich zwischen 20-30 Grad eingerichtet haben. Da die Durchschnittstemperatur in Deutschland über das Jahr 10,5 Grad beträgt, arbeitet die Abgasreduktion also fast nie vollständig. Ein Schelm, wer Böses denkt – zumal die Fahrzeuge vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) üblicherweise bei Temperaturen zwischen 20-30 Grad auf die Einhaltung der Schadstoff-Grenzwerte getestet werden.

Thermofenster waren laut KBA in nahezu allen Dieselmodellen vorhanden. Dazu passt die neue Diesel-Studie des Forschungsverbunds ICCT  (mehr dazu hier).

Experten gehen sogar davon aus, dass praktisch alle Dieselfahrzeuge bis zur Euronorm 6b unzulässige Abschalteinrichtungen wie das Thermofenster aufweisen, was bedeutet, dass auch allen Besitzern Ansprüche zustehen.

Dieselbesitzer erhalten Geldentschädigung

Bis zur EuGH-Entscheidung hatte der BGH Dieselbesitzern nur dann Schadensersatz zugesprochen, wenn eine Betrugsabsicht nachgewiesen werden konnte (Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung, § 826 BGB). Das ist bisher nur bei VW hinsichtlich des EA189-Motors und bei einigen EA897-Varianten gelungen. Das Thermofenster stufte der BGH aber als bloße Fahrlässigkeit ein. Diese Rechtsprechung hat der EuGH nun ausgehebelt: Der Verstoß gegen das Gesetz reicht aus. Die rechtliche Unzulässigkeit des Thermofensters allein berechtigt den Dieselbesitzer zu Schadensersatz. Fahrlässigkeit reicht. 

Der BGH spricht hier nun eine pauschalen Entschädigung von bis zu 15% des Kaufpreises zu (VIa ZR 335/21).

Schadenersatz bei Nachweis der Betrugsabsicht bedeutet hingegen: Ersatz des Kaufpreises gegen Übertragung des Autos abzüglich Nutzungsentschädigung für gefahrene Kilometer. Die Nutzungsentschädigung berechnet sich wie folgt:

Bruttokaufpreis * gefahrene Kilometer / erwartete Gesamtlaufleistung(neu) bzw. Restlaufleistung (gebraucht) = Nutzungsentschädigung.

Die Gesamtlaufleistung wird meist auf 300.000 Km geschätzt.

Also z.B.:

30.000,00 € * 100.000 KM / 300.000 KM = 10.000,00 €.

Dann würden Sie 20.000,00 € zurückerhalten.

In einem Prozess kann aber auch meist ein attraktiver Vergleich geschlossen werden, bei dem der Kläger eine Einmalzahlung erhält und den Wagen weiter fahren kann.

Was können Dieselbesitzer tun?

Wenn Sie wissen wollen, ob Ihnen eine Entschädigung zusteht, schicken Sie

-Zulassungsbescheinigung Teil I,

-Kaufvertrag bzw. Bestellung,

-ggf. Autokreditvertrag,

-ggf. Abgas-Rückrufschreiben,

-Rechtsschutzversicherungsdaten

zu. Eine Rechtsschutzversicherung sollte vorhanden sein und bei Kauf bereits bestanden haben.

Rechtsanwalt Dr. Schweers meldet sich dann umgehend bei Ihnen zurück und erläutert, was möglich ist. Diese Erstberatung ist kostenlos. Der Rechtsschutzversicherer wird nach der Erstberatung mit Ihrem Einverständnis kontaktiert. Sollten Sie an diesem Punkt von einem weiteren Vorgehen absehen wollen, entstehen keine Kosten.

Rechtsanwalt Dr. Schweers sieht Ihren Unterlagen gerne entgegen.

Die Kanzlei ist übrigens inhabergeführt. Sie sprechen immer mit Rechtsanwalt Dr. Schweers selbst - kein Call Center, keine Warteschleifen am Telefon.

Mehr zu dem Thema auch hier.


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