Sexueller Missbrauch am Kind: Diese Rechte haben Betroffene

  • 5 Minuten Lesezeit



Vielen Betroffenen stellen sich bei diesem Vorwurf häufig die Frage, welche Schritte man nun in die Wege leiten muss; sprich stelle ich überhaupt einen Strafantrag, wie läuft ein Ermittlungsverfahren überhaupt ab,  was kommt auf die Betroffenen zu und welche Ansprüche haben Geschädigte überhaupt? Es empfiehlt sich hier in jedem Fall anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, denn auch Geschädigte haben die Möglichkeit, sich in einem Strafverfahren anwaltlich vertreten zu lassen.

Welche Handlungen sind strafbar?

Sexuelle Handlungen mit Kindern, als Minderjährigen unter 14 Jahren, sind immer strafbar. Dies gilt auch, wenn das Kind damit einverstanden ist oder die sexuelle Handlung veranlasst hat. Hierunter fallen folgende Handlungen:

  • Es werden sexuelle Handlungen an dem Kind durchgeführt
  • Dem Kind wird ein Zungenkuss gegeben
  • Eine Person lässt sich von einem Kind sexuelle befriedigen
  • Das Kind wird zu sexuellen Handlungen an sich selbst gezwungen
  • Eine Person dringt in den Körper des Kindes ein. Das Eindringen kann mit dem Penis, aber auch mit dem Finger oder einem Gegenstand erfolgen. Hier handelt es sich dann um einen schweren sexuellen Missbrauch von Kindern.

Sexueller Missbrauch von Kindern kann jedoch auch ohne Körperkontakt mit dem Kind erfolgen. Hierunter fallen folgende Handlungen:

  • Eine Person zieht sich vor einem Kind aus und zeigt sich sexuell erregt
  • Eine Person befriedigt sich sexuell vor einem Kind
  • Dem Kind werden Bilder oder Videos von sexuellen Handlungen gezeigt

Anwaltliche Vertretung bereits im Ermittlungsverfahren

Jedes Strafverfahren beginnt mit einem Ermittlungsverfahren. Viele Betroffene haben keinerlei Kenntnis über den Ablauf eines Ermittlungsverfahrens. Bereits hier können Sie sich anwaltlich vertreten lassen. Bedeutet, die Rechtsanwältin kann sich im Ermittlungsverfahren als Beistand beiordnen lassen und bereits hier den Antrag auf Zulassung der Nebenklage stellen.

Hinweis: Kinder werden in der Regel von einem Richter als Zeuge vernommen. Diese Zeugenvernehmung erfolgt in einem kinderfreundlichen Umfeld und wird als Video aufgezeichnet. Die anderen Verfahrensbeteiligten, sprich Verteidiger, Staatsanwalt, ggf. auch Gutachter befinden sich in einem anderen Raum und verfolgen die Vernehmung auf einem Fernseher. Ferner können diese über den Richter Fragen an das Kind stellen. Diese Videoaufzeichnung kann dann in einem späteren Prozess abgespielt werden. Dem Kind soll so eine Zeugenvernehmung im Gerichtssaal erspart werden.

Welche Sonderrechte hat der Nebenkläger?

Wenn Sie Opfer einer Straftat geworden sind, dann haben Sie im Strafverfahren die Stellung als Zeuge. Etwas anderes gilt, wenn Sie sich dem Strafverfahren als Nebenkläger anschließen. Dann werden Sie Verfahrensbeteiligter und haben somit auch mehr Rechte. Folgende Rechte stehen Ihnen als Nebenkläger zu: 

  • Akteneinsichtsrecht: Nebenkläger haben grundsätzlich einen Anspruch auf Akteneinsicht. Das Akteneinsichtsrecht kann jedoch nur durch einen Anwalt ausgeübt werden.
  • Anwesenheitsrecht: Als Nebenkläger haben Sie sowie Ihr Rechtsanwalt zudem das Recht, an allen Verhandlungstagen anwesend zu sein.
  • Beweisantragsrecht: Ferner können Sie oder Ihr Rechtsanwalt neue zu vernehmende Zeugen benennen, die Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie die Verlesung von Urkunden beantragen.
  • Fragerecht: Als Nebenkläger haben Sie die Möglichkeit, dem Angeklagten, anderen Zeugen oder Sachverständigen Fragen zu stellen. Zudem kann der Nebenklagevertreter Fragen an Sie stellen. Ferner haben Sie die Möglichkeit, unzulässige Fragen von anderen Verfahrensbeteiligten wie  beispielsweise dem Verteidiger des Angeklagten zu beanstanden.
  • Ausschluss des Angeklagten: Unter bestimmten Voraussetzungen kann beantragt werden, dass der Angeklagte während Ihrer Vernehmung als Nebenkläger nicht anwesend ist.
  • Antrag wegen Befangenheit: Als Nebenkläger können Sie Sachverständige oder Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen.
  • Einlegung von Rechtsmitteln: Gegen das Urteil können Sie beschränkt Rechtsmittel wie Berufung oder Revision einlegen. Dies beispielsweise, wenn der Angeklagte freigesprochen wurde. 

Wer ist zur Nebenklage berechtigt? 

Wer zur Nebenklage berechtigt ist, ergibt, sich aus § 395 StPO. Sie als betroffene Person können sich der Nebenklage anschließen, wenn Sie Verletzter beispielsweise einer der folgenden rechtswidrigen Taten sind: 

  • Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung wie die Vergewaltigung
  • Körperverletzungsdelikte 
  • versuchte Tötungsdelikte 
  • Straftaten gegen die persönliche Freiheit wie z.B. Nachstellung

Wurde eine Person getötet, haben die Kinder, Eltern, Geschwister und Ehegatten sowie Lebenspartner ebenfalls die Befugnis, sich als Nebenkläger anzuschließen. Letztlich muss der Nebenkläger auch prozessfähig sein, minderjährige Betroffene müssen daher durch ihren gesetzlichen Vertreter den Anschluss als Nebenkläger erklären. 

Wie wird die Nebenklage erhoben? 

Die Nebenklage wird durch die Anschlusserklärung erhoben. Durch die Anschlusserklärung teilt das Opfer mit, dass er sich der Klage der Staatsanwaltschaft anschließen möchte. Die Nebenklage kann zu jedem Zeitpunkt erhoben werden. Dies bedeutet, dass man auch erst in einem Berufungsverfahren eine Anschlusserklärung abgeben kann. 

Benötigte ich für eine Nebenklage einen Rechtsanwalt? 

Die Nebenklage unterliegt keinem Anwaltszwang. Wer nebenklageberechtigt ist und seine Rechte entsprechend durchsetzen möchte, muss hierfür somit keinen Rechtsanwalt bzw. eine Rechtsanwältin beauftragen. 

Es kann aber ratsam sein, einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Dieser begleitet Sie in die Hauptverhandlung und steht Ihnen bei Ihrer Zeugenaussage zur Seite. Ferner kann er entsprechende Anträge für Sie stellen. Gleichzeitig kann er Sie im Hinblick auf mögliche Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche im Rahmen eines Adhäsionsverfahrens beraten. 

Wer trägt die Kosten für einen Nebenklagevertreter? 

Die kostenlose Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts wurde deutlich erweitert. Rechtsanwälte,  die ein Opfer eines versuchten Tötungsdeliktes, aber auch bei bestimmten Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vertreten, können nun einen Antrag auf Beiordnung stellen. Die Rechtsanwaltskosten werden dann von der Staatskasse übernommen. Dies ist auch bei dem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs am Kind der Fall.

Zivilrechtliche Ansprüche auf Schmerzensgeld wegen sexuellen Missbrauchs

Neben der aktiven Teilnahme am Strafverfahren steht den Geschädigten auch ein Anspruch auf Ausgleich immaterielle Nachteile (Schmerzensgeld) zu. Die Höhe richtet sich nach dem konkreten Einzelfall. Das Schmerzensgeld kann bereits im Strafverfahren mit geltend gemacht werden, durch den sogenannten Adhäsionsantrag. Es kann jedoch auch vor dem Zivilgericht eingeklagt werden. Der Vorteil beim Adhäsionsantrag ist, dass auf die betroffene Person nicht zwei Gerichtsverfahren zukommen.



Foto(s): @linusklose


Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Kerstin Jeschke

Beiträge zum Thema