Sind Ihre Verträge aktuell? Kommt das Verbandssanktionengesetz, müssen Unternehmen aufpassen!

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Mit dem „Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“ sollen Straftaten von Unternehmen härter geahndet werden können. Compliance hilft, Sanktionen abzuwenden.

Immer wieder kommt es vor, dass Unternehmen Straftaten begehen – seien es Betrugs- und Korruptionsfälle wie die Dieselaffäre und der Cum-Ex-Skandal oder auch Umweltdelikte. Seit Jahren schon ist heiß diskutiert worden, ob man nicht ein Unternehmensstrafrecht bräuchte, um solche Taten zu ahnden. Nun ist die Bundesregierung dahingehend tätig geworden. Eigentlich sollte es das „Gesetz zur Bekämpfung der Unternehmenskriminalität“ werden, herausgekommen ist schließlich das „Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“, auch „Verbandssanktionengesetz“ (VerSanG) genannt. Das Kabinett hat den Entwurf dazu im Juni letzten Jahres vorgelegt (Drucksache 19/23568). Mit dem VerSanG sollen auch Unternehmen bestraft werden können – und das nicht nur im Rahmen einer kleinen Geldbuße, wie bisher nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz. Das reiche nämlich nicht mehr aus, meint das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV). 

Vor allem große Konzerne sollen künftig härter zur Verantwortung gezogen werden – und zwar nicht mehr nach dem Gutdünken der zuständigen Behörden. Einheitliche und transparente Regeln sowie gesetzlich verankerte Sanktionsmöglichkeiten sollen Rechtssicherheit schaffen und so den Unternehmen zugutekommen, die sich gesetzestreu verhalten. Gleichzeitig soll es ihnen Anreiz bieten, Compliance-Management-Systeme (CMS) bei sich einzurichten und interne Untersuchungen (internal investigations) durchzuführen. Denn: Wer eine effektive Compliance vorweisen kann, wird mit Strafmilderungen rechnen können, sollte es doch mal zu einer Verbandstat kommen. 

Juristen begrüßen diese klaren Richtlinien und die damit einhergehende Rechtssicherheit. Der Bundesrat hatte einige Änderungsvorschläge geäußert, die Beratung im Bundestag steht noch aus. Spätestens dann heißt es aber für Unternehmen: Sie sollten sich um ein CMS bei sich kümmern und dafür ggf. externe Compliance-Berater einholen. Möglicherweise müssen Verträge und Organisationsprozesse umgestaltet werden, um dem VerSanG und seinen Implikationen gerecht zu werden. Über diese und weitere Dinge sollten sich besonders kleine und mittelständische Verbände schon jetzt frühzeitig Gedanken machen – am besten unter Hinzuziehung juristischer Experten mit dem notwendigen Fachwissen. 

Ziel des neuen Gesetzes: Unternehmen bei Straftaten sanktionieren

Mit dem Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft soll überhaupt ein Gesetz eigens für die Bestrafung von Unternehmenskriminalität geschaffen werden – weg vom bisherigen Ordnungswidrigkeitsrecht. Für juristische Personen (wie Unternehmen es sind) gelten neue Sanktionsmöglichkeiten. So können Verbände dann auch Beschuldigte sein und für sogenannte Verbandstaten bestraft werden. Eine Verbandstat ist im Wesentlichen eine Straftat, die von einer Leitungsperson begangen wurde oder irgendeiner anderen Person des Unternehmens, die die Tat hätte abwenden können. Die Straftat wird konkret zur Verbandstat, wenn der Verband dabei bereichert wurde bzw. bereichert werden sollte oder wenn der Verband dadurch seine Pflichten verletzt hat. Das gilt für alle Unternehmen, die einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb haben. Ausgenommen sind also gemeinnützige Verbände, für die weiterhin nur das Ordnungswidrigkeitengesetz gilt.

Für Verbände soll damit erstmals auch das Legalitätsprinzip gelten: Demnach müssen Strafverfolgungsbehörden (also die Staatsanwaltschaft oder Polizei) ermitteln, wenn der Verdacht vorliegt, dass ein Verband eine Straftat begangen haben könnte. Bestätigt sich dieser Verdacht, soll dieser mit festgeschriebenen, aber flexiblen Instrumentarien wirksam sanktioniert werden können. Zudem soll ein Verbandssanktionenregister kommen, in dem Unternehmen mit ihren Taten aufgelistet werden (§§54, 55 (VerSanG)).

Es soll aber nicht nur darum gehen, begangene Straftaten einheitlich zu ahnden und zu sammeln, sondern präventiv vorzugehen. Indem Unternehmen mit Strafmilderungen angeregt werden, Compliance bei sich einzurichten sowie intern zu ermitteln, soll verhindert werden, dass überhaupt Verbandstaten begangen werden.

Was ändert sich ganz konkret? Welche Strafen drohen?

Laut §8 des VerSanG soll es Verwarnungen geben sowie tatsächliche Geldstrafen; „Verbandsgeldsanktionen“. Ihre Höhe ist abhängig davon, ob die Tat vorsätzlich oder bloß fahrlässig geschehen ist. So kann eine vorsätzliche Verbandstat mit 1.000 bis 10 Millionen Euro sanktioniert werden, eine fahrlässige mit 500 bis 5 Millionen Euro. Für große Verbände mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz, der über 100 Millionen Euro beträgt, gelten höhere Sätze (§9, Absatz 2 (VerSanG)): 10.000 Euro bis 10% des durchschnittlichen Jahresumsatzes bei vorsätzlichen und 5.000 Euro bis 5% des durchschnittlichen Jahresumsatzes bei fahrlässigen Verbandstaten. Darüber hinaus kann der Verband sogar ganz aufgelöst werden.

Dabei sieht §17 des Gesetzes vor, dass die Strafen geringer ausfallen können, wenn ein Unternehmen Internal Investigations betreibt, also bei Verbandstaten interne Untersuchungen bei sich vornimmt. Wer eine Tat rechtzeitig meldet, sie selbst aufklärt und dabei mit den Behörden zusammenarbeitet, kann mit einer Strafmilderung rechnen. Dabei muss der Verband das nicht selbst machen, sondern kann auch einen Dritten damit beauftragen. So soll also die Compliance (d.h. selbstauferlegte Regeln und aktive Einhaltung dieser) für Unternehmen attraktiv werden und nicht mehr nur als Belastung empfunden werden. Denn eine effektive Compliance verhindert, dass Verbandstaten überhaupt passieren. Und wenn es doch mal einen Vorfall geben sollte, hilft die Compliance bei der Aufklärung – was mit geringeren Strafen belohnt wird. Eine Win-Win-Situation für Unternehmen und Behörden.


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Foto(s): pixabay.de

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