Soldatenrecht: Körperverletzung ​rechtfertigt nicht stets die fristlose Entlassung - Expertenbeitrag

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Der Staat muss  uneingeschränktes Vertrauen in seine Bediensteten, den Beamten, Soldaten und Richtern haben.  Soldaten sind unter anderem verpflichtet, sich loyal gegenüber der geltenden Rechtsordnung zu verhalten  (§ 7 SG) . Das Verhalten jedes Soldaten muss dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Dienst als Soldat erfordert (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG).

In einem vom Verwaltungsgericht Bremen am 07.02.2023 (Az: 6 K 2388/19) entschiedenen Fall entließ die Bundeswehr einen Soldaten wegen einer außer Dienst begangenen Körperverletzung fristlos gemäß § 55 Abs. 5 Soldatengesetz (SG). Der Beschuldigte hatte einem anderen mehrere Faustschläge gegen den Kopf verpasst. Er wurde deswegen vom Jugendstrafgericht wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Die gesetzliche Bestimmung soll nach Feststellung des Bundesverwaltungsgericht die personelle und materielle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr gewährleisten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.01.2013 - 2 B 114/11). 

Körperliche Misshandlungen sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts  mit dem Menschenbild des Grundgesetzes und dem Verfassungsprinzip der Wahrung der Menschenrechte unvereinbar (BVerwG, Urt. v. 21.06.2018– 2 WD 4/18).

In dem  am 07.02.2023 entschiedenen Falle sah das Verwaltungsgericht Bremen weder die militärische Ordnung noch das Ansehen der Bundeswehr im Sinne des § 55 Abs. 5 SG als ernstlich gefährdet an Es verwies darauf, dass im Rahmen der Gefährdungsprüfung zu berücksichtigen, ob die Gefahr für die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr durch eine Disziplinarmaßnahme abgewendet werden kann (BVerwG, Beschl. v. 28.01.2013 – 2 B 114/11).

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht und Strafrecht Christian Steffgen ist seit 1988 Soldat und Reservist (Oberstleutnant d.R.). Er hat viele Soldaten in Entlassungsverfahren erfolgreich verteidigt und vertreten.

Die Verwaltungsgerichte prüfen bei Entlassungen stets anhand einer "objektiv nachträglichen Prognose", ob die Gefahr insbesondere als Folge einer Dienstpflichtverletzung des Soldaten droht.

Eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung i.S.v. § 55 Abs. 5 SG außerhalb des militärischen Kernbereichs liegt regelmäßig eine ernstliche Gefährdung vor, wenn es sich entweder um Straftaten von erheblichem Gewicht handelt, wenn die begründete Befürchtung besteht, der Soldat werde weitere Dienstpflichtverletzungen begehen (Wiederholungsgefahr) oder eine Disziplinlosigkeit vorliegt, die in der Truppe als allgemeine Erscheinung auftritt oder um sich zu greifen droht (Nachahmungsgefahr - vgl BVerwG, Beschl. v. 28.01.2013 – 2 B 114/11). Dies war in dem entschiedenen Fall nach Ansicht des Vwerwaltungsgerichts Bremen nicht der Fall.

Foto(s): Fotolia_11717095_XS Soldaten.jpg

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