Staatshaftung für die Insolvenz der Thomas Cook in Deutschland?

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A. Problemstellung/Problemaufriss

Problemsituation: Insolvenzschutz: zu niedrige Höchstgrenze von nur 110 Mio. € (Obergrenze)

Bekanntlich reicht der „Versicherungstopf“ der KAERA AG als Kundengeldabsicherer nicht aus alle Kunden der Thomas Cook Deutschland Pleite oder ein dazu gehöriger Reiseveranstalter wie Neckermann Reisen, Bucher Reisen, Öger Tours, Air Marin und Thomas Cook Signatur vollumfänglich zu entschädigen, sodass sich der Frage der Staatshaftung für dieses Dilemma stellt.

Grundsätzliches lässt sich sagen, dass in Deutschland der Reiseveranstalter verpflichtet ist gemäß § 651r BGB in der Fassung ab dem 1.7.2018 die Kundengelder und Rückbeförderung des Reisenden im Falle einer Insolvenz des Reiseveranstalters abzusichern. Der Reiseveranstalter ist dabei gesetzlich verpflichtet bei Abschluss des Pauschalreisevertrags einen Sicherungsschein mit den Buchungsunterlagen an den Reisenden ausstellen

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung zur Staatshaftung und Kontext der Entscheidung

Grundlage: Artikel 17 Richtlinie (EU) 2015/2302

Anspruch auf Staatshaftung betreffend nicht über den Sicherungsschein gedeckte Kosten aus § 839 und 249 BGB i. V. m. Art. 34 S.1 und S.2 GG.?

EuGH Rechtsprechung am Maßstab von Artikel 17 Richtlinie (EU) 2015/2302 (betr. Wirksamkeit und Umfang des Insolvenzschutzes.

Nach Abs.1 der vorstehenden RL stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass in ihrem Hoheitsgebiet niedergelassene Reiseveranstalter Sicherheit für die Erstattung aller (von Reisenden oder in deren Namen geleisteten Zahlungen leisten, sofern die betreffenden Leistungen infolge der Insolvenz des Reiseveranstalters nicht erbracht werden. Bezüglich der PR-RL I rügte der EuGH in der Rechtssache Rechberger (NJW 1999, 3181; bestätigt durch EuGH am 16.1.2014, C-430/13, BeckRS 2014, 80245), beanstandende der EuGH eine unzureichende Umsetzung der RL bei der damaligen österreichischen Risikobegrenzung von 5 Prozent des Umsatzes eines Veranstalters im Quartal des Vorjahres. Daher kommt durchaus eine Staatshaftung wegen unzureichender Umsetzung der RL in Betracht, wenn Reisende aufgrund der Haftungsbegrenzung nur anteilig entschädigt werden. So auch: EuGH, Urteil vom 15. Juni 1999 – C-140/97 –, juris So auch zuletzt s. EuGH, Urteil vom 10. Juli 2019 – C-163/18 –, juris.

C. Kernaussagen zur oben genannten Thematik 

  • Der Gerichtshof hat entschieden, dass Art. 7 der Richtlinie 90/314 die Erfolgspflicht aufstellt, den Pauschalreisenden für den Fall des Konkurses des Reiseveranstalters ein Recht auf die Erstattung gezahlter Beträge zu verleihen, und dass diese Garantie speziell dazu bestimmt ist, den Verbraucher gegen die Folgen des Konkurses – unabhängig von seinen Ursachen – zu schützen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juni 1999, Rechberger u. a., C-140/97, EU:C:1999:306, Rn. 74, sowie Beschluss vom 16. Januar 2014, Baradics u. a., C-430/13, EU:C:2014:32, Rn. 35).
  • Der Gerichtshof hat darüber hinaus befunden, dass eine nationale Regelung die Verpflichtungen aus dieser Bestimmung nur dann ordnungsgemäß umsetzt, wenn sie unabhängig von ihren Modalitäten bewirkt, dass im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters für die Fluggäste die Erstattung aller von ihnen gezahlten Beträge tatsächlich sichergestellt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juni 1999, Rechberger u. a., C140/97, EU:C:1999:306, Rn. 64, sowie Beschluss vom 16. Januar 2014, Baradics u. a., C430/13, EU:C:2014:32, Rn. 38).

Andernfalls verfügt, wie sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, der betroffene Reisende jedenfalls über die Möglichkeit, eine Klage gegen den betreffenden Mitgliedstaat auf Ersatz des Schadens zu erheben, der ihm durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht entstanden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. November 2010, Fuß, C-429/09, EU:C:2010:717, Rn. 45 bis 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

D. Auswirkungen auf die Praxis

Es wird sich zeigen, wie schnell die von der „Thomas Cook Pleite“ Geschädigte unbürokratisch aufgrund der obigen Rechtsprechung unbürokratisch entschädigt werden (s. https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/thomas-cook-pleite-bundesregierung-will-urlauber-finanziell-entschaedigen-a-1300711.html).

Ich bin Ihnen bei der oben genannten Thematik gerne behilflich. 

Mit freundlichen Grüßen 

RA Wulff 


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