Steuerreform in Thailand: Sind deutsche Rentner betroffen?

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In zahlreichen großen Medien, sowohl in Deutschland als z.B. auch in der Schweiz, wurde mehrfach darüber berichtet, dass seit dem 01.01.2024 in Thailand ausländische Renten, selbst wenn sie verzögert vom Ausland nach Thailand überwiesen werden, versteuert werden müssen.

Gemäß den Berichten tritt die von der thailändischen Regierung ausgearbeitete Steuerreform am 1. Januar 2024 in Kraft. Diese sieht vor, dass "Residents", also Personen, die sich mindestens 180 Tage pro Jahr in Thailand aufhalten, auf ausländische Einkünfte, die in das Land transferiert werden, Steuern zahlen müssen.

Die Medienberichterstattung offenbart jedoch eine oberflächliche Recherche, die heutzutage leider immer häufiger anzutreffen ist. Es scheint primär darum zu gehen, ausländische Rentner in Thailand unter allen Umständen zu verunsichern.

Wie ist die aktuelle Situation in Thailand tatsächlich?

Bislang wurden im Ausland erzielte Einkünfte in Thailand nur dann besteuert, wenn sie im gleichen Steuerjahr, in dem sie erzielt wurden, nach Thailand überwiesen wurden. Das bedeutet, eine Rente, die 2022 oder früher in Deutschland/Schweiz/Österreich bezogen wurde, bleibt steuerfrei, wenn sie erst 2023 oder später auf ein Konto in Thailand überwiesen wird. Wenn betroffene Rentner, Ruheständler, Privatiers ihren steuerlichen Wohnsitz bisher in Thailand angegeben haben, konnten sie ihre Renten oder Auszahlungen aus privaten Geldanlagen einfach zu einem späteren Zeitpunkt – nämlich mindestens ein Jahr später – nach Thailand überweisen - ohne dass dieses besteuert wurden.

Was änderte sich ab dem 01.01.2024?

Einkommen aus Renten, AHV und Pensionskassen sollen nun steuerpflichtig sein. Dabei soll nur das ab dem 01.01.2024 erzielte Einkommen steuerpflichtig sein, unabhängig davon, ob es im selben Kalenderjahr oder später nach Thailand überwiesen wird. Wenn Steuerzahler nachweisen können, dass das Geld vor dem 31.12.2023 bezogen wurde, bleibt es steuerfrei. Thailand plant auch, bestimmte Kategorien von ausländischen Rentnern von der Steuer zu befreien, insbesondere solche mit einem LTR-Visum ("Long Term Visa"), das zehn Jahre gültig ist. Hierfür ist eine Rente von mindestens 80.000 US-Dollar pro Jahr erforderlich oder von 40.000 US-Dollar pro Jahr, wenn man mindestens 250.000 US-Dollar in Thailand investiert, beispielsweise in Immobilien.

Die Reform richtig einschätzen

Wie in Thailand üblich, bleiben bei dieser Reform viele Fragen offen. Die Regierung hat beispielsweise nicht bekannt gegeben, ob auf neu zu versteuernde Einkommen die bereits bestehenden progressiven Steuersätze angewendet werden oder ob (neue) Sondersteuersätze gelten werden. Auch die Unterscheidung zwischen verschiedenen Einkommensarten (Zinsen, Dividenden, Kapital) ist bislang ungeklärt. Zudem wird die Reform voraussichtlich Auswirkungen auf Doppelbesteuerungsabkommen, beispielsweise zwischen der Schweiz und Thailand, haben. Unklar ist auch, wie Rentner besteuert werden, die in Thailand mit einer Thai verheiratet sind und für deren Familie sorgen.

Voraussetzungen in Thailand sind noch nicht geschaffen

Um die Steuerreform in Thailand umzusetzen, ist es notwendig, ausländischen Steuerzahlenden eine internationale Steuernummer (ITIN) zuzuweisen. Derzeit besitzen die meisten Betroffenen eine solche Nummer nicht.

Was bezweckt Thailand mit der Reform?

Laut Informationen aus unserem ThaiDesk - Netzwerk und zahlreichen Mandanten in Thailand sowie unseren Regierungskontakten zielt die Reform nicht auf Rentner ab, die ja gerade einen erheblichen Beitrag zur Wirtschaft von Thailand leisten. Vielmehr sollen „digitale Nomaden“, die in Thailand arbeiten, aber keine Einkommenssteuer zahlen, die Zielgruppe und Betroffenen dieser Reform sein. Dieser Hintergrund und diese Informationen sind in den Medien kaum bis gar nicht zu finden und zeigt die Oberflächlichkeit der mehrheitlichen Berichterstattung.

Was spricht gegen die von den Medien verbreitete Nachricht, dass Ausländern Steuern auf ihre Rente zahlen müssen?

Aus unserer langjährigen Tätigkeit in Thailand wissen wir, dass es einen großen Unterschied zwischen geschriebenem und geltendem Recht gibt. Dies zeigt sich dort in vielen Lebensbereichen. Ausländer, die das thailändische System nicht kennen und nur von ihrem eigenen auf das thailändische System schließen, bewerten die tatsächliche rechtliche Situation in Thailand häufig nicht realistisch. Diese Erfahrung bestätigt sich immer wieder bei der Tätigkeit unseres ThaiDesks im Bereich Erbrecht, Kontenklärung bei Banken, Immobilienerwerb usw. Unsere Tätigkeiten belegen immer wieder, dass die Gesetzeslage und die tatsächliche Ausübung in der Praxis zwei völlig unterschiedliche Dinge sind. Dies ist zum Beispiel auch der Grund, warum der Landkauf oder die Klärung von Erbangelegenheiten aufwendige Angelegenheiten sind, die nicht nach Schema F abgewickelt werden können. Schliesslich zeigt unsere Erfahrung auch, dass es regelmäßig Möglichkeiten und Strategien in Thailand gegeben hat und gibt, Lösungen zu finden.  

Was bedeutet die Reform konkret für deutsche und andere ausländische Rentner in Thailand?

Die Einrichtung eines solchen Steuersystems würde ohne Frage Monate oder sogar Jahre dauern. Daher ist in der Zwischenzeit und auch in absehbarer Zeit sehr stark zu vermuten, dass Rentner auch weiterhin keine Einkommenssteuer zahlen werden. Die Regierung ist sich der Wichtigkeit ausländischer Rentner im eigenen Land bewusst. Daher sollte die oben beschriebene Motivation der Regierung beachtet werden. Wir haben von keinem Fall Kenntnis, bei dem bisher Steuern gezahlt oder dazu aufgefordert wurden. Rentner, die in Thailand leben und Zahlungen aus dem Ausland beziehen, sollten sich also derzeit nicht allzu große Sorgen darüber machen, dass ihre Rente besteuert wird.

Müssen Sie jetzt etwas tun?

Nichts! Wir raten insbesondere dringend davon ab (entgegen dem Vorschlag mancher Berater), irgendwelche Anfragen an thailändische Regierungsstellen oder das Finanzamt zu richten, insbesondere nicht über Steuerberater etc.! Es gilt: Je unauffälliger man ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass man gefragt oder besteuert wird – also: „Gehe nur zu Deinem Fürsten, wenn Du gerufen wirst“!


Boris Zimmermann

Rechtsanwalt, Frankfurt

Narayuth Assadorn

Rechtsanwalt, Bangkok

Foto(s): Boris Zimmermann


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