Strafrichter befangen ?

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Der dritte Abschnitt der Strafprozessordnung beschäftigt sich mit der Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen.

Liegt ein Grund vor, der geeignet ist, Mißtrauen in die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen, kann der Angeklagte ( nicht der Verteidiger !) diesen wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen. Der Richter muss nicht tatsächlich befangen sein, ausreichend - aber auch notwendig - ist die Sicht des "vernünftigen Angeklagten". Den definieren die Richter, die über das Ablehnungsgesuch befinden. Jeder einigermaßen selbstkritische Mensch ist sich bewusst, von Vorurteilen geleitet zu sein. Obwohl das deutsche Verfahrensrecht vorsieht, dass dieselben Richter für die Urteilsfindung berufen sind, die durch den Zulassungsbeschluß der vorgelegten Anklage eine Verurteilungswahrscheinlichkeit zuerkannt haben, wird unterstellt, dass Richter selbst dann unvoreingenommen an einen Sachverhalt herantreten können, wenn sie zuvor mit diesem bereits befasst gewesen waren. Gewisse Hoffnung, dass diese euphemistische Sichtweise - die psychologischen Erkenntnissen widerspricht -der Vergangenheit angehören könnte, nährt die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 16.2.2021 - Nr. 1128/17- die gegen Deutschland ergangen ist. Der Vorsitzende der Kammer, die die Beschwerdeführerin wegen Mordes verurteilte, hatte zuvor bereits als Berichterstatter am Verfahren gegen den Mitangeklagten teilgenommen und diesen verurteilt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sieht bei einem solchen Sachverhalt objektiv gerechtfertigte Zweifel an der Unparteilichkeit des Gerichts für begründet an.

Bleibt zu beobachten und abzuwarten, wie sich diese Entscheidung auf die Rechtsprechung zur Befangenheit wegen Vorbefassung auswirkt



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