Strafverfahren in Frankreich

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Dabei gibt es viele Besonderheiten zu beachten, die es in einem deutschen Ermittlungsverfahren so nicht gibt oder gäbe. Es geht schon mit der Beauftragung durch den ggf. in U-Haft einsitzenden Mandanten los, denn eine solche bedarf einer ganz spezifischen Form, und daher wird es schon den einen oder anderen Tag dauern, bis wir Anwälte überhaupt zum ersten Mal mit unserem Mandanten sprechen können, um nach seiner Version zu erfahren, was geschehen ist bzw. was ihm als Vorwurf mitgeteilt wurde. Von der einen auf die andere Stunde, wie dies in Deutschland durchaus mal sein kann, läuft in Frankreich in der Regel nichts.

Ist man einmal bestellt, wird es darum gehen, sobald wie möglich Akteneinsicht zu erhalten. Diese beantragen wir beim zuständigen Gericht umgehend nach Mandatierung, Erteilung einer schriftlichen Vollmacht und Eingang eines angemessenen Honorarvorschusses. Eine Kopie der Ermittlungsakte wird heutzutage elektronisch übersandt, so dass keine Zeit mehr verloren geht. Dafür sind französische Ermittlungsakten mitunter recht umfangreich, da die Verfahren sich in aller Regel über einige Zeit hinziehen, insbesondere wenn es mehrere Beschuldigte gibt. In dieser Situation ist es hilfreich, über einen kleinen Stab an zuarbeitenden anwaltlichen Mitarbeiter/innen zu verfügen.

Alsbald nach Auswertung der Ermittlungsakte wird dem Mandanten und / oder seinen Angehörigen zu deren Inhalt bzw. dem aktuellen Stand der Ermittlungen berichtet, und daraufhin wird es darum gehen, gemeinsam die geeignete Verteidigungsstrategie zu entwickeln, insbesondere auszuloten, ob ein Bestreiten der Vorwürfe Sinn und Zweck hat, oder eher nicht. Die durch französische Strafgerichte ausgesprochenen Sanktionen können mitunter „drakonisch“ ausfallen, und daher sollte man sich sehr gut überlegen, wie man sich gegenüber dem oder der Ermittlungsrichter/in und gegebenenfalls sodann gegenüber dem Strafgericht verhält.

Oberstes Ziel muss für einen Anwalt als Strafverteidiger auch und insbesondere im französischen Strafprozess immer sein, die Freiheit eines Mandanten nach Möglichkeit zu bewahren bzw. für ihn baldmöglichst wiederzuerlangen. Dies gilt umso mehr, als die hygienischen Zustände und sonstigen Verhältnisse in französischen Gefängnissen in der Regel deutlich weniger angenehm als in deutschen Justizvollzugsanstalten sind, und das Unangenehme kann sich dann noch verschärfen, wenn es in dem betr. Gefängnis vielleicht kaum einen Menschen gibt, der die deutsche Sprache spricht, so dass der Mandant sich auch kaum verständlich machen kann.

In dieser schwierigen Lage ist es für einen deutschen Mandanten in einem französischen Gefängnis doppelt so wichtig, einen Anwalt zu beauftragen, der nicht nur beide Sprachen beherrscht, die deutsche und die französische, sondern auch beide Rechtssysteme kennt, um die Unterschiede der Strafprozessordnungen weiß und von der Spruchpraxis der französischen Strafgerichte genaue Kenntnis hat.

Auch die Praxis des französischen Strafvollzugs ist wichtig, um dem in U-Haft oder ggf. Vollzug einsitzenden Mandanten Erleichterungen dadurch verschaffen zu können, dass ihm Gegenstände des täglichen Lebens zugeführt werden, insbesondere ausreichend frische Kleidung, damit die nach der Festnahme in der Regel einzig vorhandene Garnitur alsbald bzw. regelmäßig gewechselt werden kann.

Ein französischer Strafverteidiger sorgt auch dafür, dass die Gesundheit seines einsitzenden Mandanten keinen Schaden nimmt, und beantragt ggf. rechtzeitig die Verlegung seines Mandanten in ein Krankenhaus, wenn dies erforderlich erscheint. Gute Kontakte zur Leitung der französischen Justizvollzugsanstalt, dem Maison d’Arrêt, sind in dieser Hinsicht von Vorteil.

Selbstverständlich sind wir an Ihrer Seite, wenn Sie durch eine/n französischen Untersuchungsrichter/in in Frankreich vernommen werden sollen, insbesondere auch wenn diese Vernehmung in einem ganz anderen französischen Landesteil stattfinden soll. Aufgrund der durch den Europäischen Haftbefehl erweiterten Möglichkeiten, eine Person innerhalb der Europäischen Union auch in anderen EU-Mitgliedstaaten suchen und festnehmen lassen zu können, raten wir grds. dazu, sich einer Ladung zur Vernehmung zu stellen, allerdings, wie dringend anzuraten ist, in anwaltlicher Begleitung. Letzteres gilt umso mehr dann, wenn der oder die Dolmetscher/in in einer ggf. mehrstündigen Vernehmung irgendwann müde wird und dadurch Ungenauigkeiten beim Dolmetschen aufkommen, was mitunter zu Missverständnissen führt, die es aus anwaltlicher Sicht unbedingt zu vermeiden gilt. Auch sollten Sie daher unbedingt einen Anwalt beauftragen, der die französische Sprache fließend beherrscht und daher ohne jede Einschränkung mündlich vortragen und plädieren kann.

Generell gilt folgender dringender Rat: Unterschätzen Sie ein französisches Ermittlungs- und Strafverfahren nicht. Kontaktieren Sie umgehend einen Anwalt Ihres Vertrauens.

Foto(s): Dr. Roland Giebenrath (Foto-Studio Vielsack)

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