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Adhäsionsverfahren – zivilrechtliche Ansprüche im Strafverfahren geltend machen

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Adhäsionsverfahren – zivilrechtliche Ansprüche im Strafverfahren geltend machen

Experten-Autorin dieses Themas

Adhäsionsverfahren: Was steckt dahinter?

Das Adhäsionsverfahren ermöglicht Geschädigten von Straftaten, zivilrechtliche Ansprüche bereits im Strafverfahren geltend zu machen. Um Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gerichtlich durchzusetzen, bedarf es deswegen keines weiteren zivilgerichtlichen Rechtsstreits. Für den Verletzten ein großer Vorteil, da er seine Forderungen deutlich schneller durchsetzen kann. Zudem wird ein weiterer Rechtsstreit vermieden, der weitere Zeit und Kosten in Anspruch nimmt. Auch ist die Belastung, die mit einem zusätzlichen Rechtsstreit einhergeht, nicht zu unterschätzen. Insofern bietet das Adhäsionsverfahren einen erheblichen Vorteil gegenüber der zivilgerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs.

Auch für den Angeklagten bringt das Adhäsionsverfahren einen entscheidenden Vorteil. Sofern hier ein Vergleich erzielt werden kann, wirkt sich dies erheblich strafmildernd aus. Es findet eine Strafrahmenverschiebung statt, da die Grundsätze des Täter-Opfer-Ausgleichs vorliegen.

Adhäsionsantrag: Voraussetzungen

Das Adhäsionsverfahren ist in den §§ 403–406c Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Gemäß § 403 StPO kann der Verletzte oder sein Erbe gegen den Beschuldigten einen aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch, der zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehört und noch nicht anderweit gerichtlich anhängig gemacht ist, im Strafverfahren geltend machen, im Verfahren vor dem Amtsgericht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes. Das gleiche Recht steht auch anderen zu, die einen solchen Anspruch geltend machen.

Der Anspruch auf Schmerzensgeld ist vererbbar, womit auch der Erbe des Geschädigten antragsberechtigt ist. Daneben kann auch der mittelbar Verletzte einen Adhäsionsantrag stellen, beispielsweise die Mutter eines getöteten Kindes.

Adhäsionsantrag 

Den Adhäsionsantrag sollte man so früh wie möglich stellen, damit keine Verfahrensverzögerung eintritt. Empfehlenswert ist es, den Adhäsionsantrag zu stellen, nachdem Anklage erhoben wurde. Gemäß § 404 Abs. 1 S. 1 StPO kann der Adhäsionsantrag aber auch noch bis spätestens zu Beginn der Plädoyers gestellt werden. Nicht selten werden Adhäsionsanträge am ersten Tag der Hauptverhandlung gestellt. Selbst im Berufungsverfahren kann ein Adhäsionsantrag noch gestellt werden, grundsätzlich nicht jedoch im Revisionsverfahren.

Der Adhäsionsantrag kann nur einen vermögensrechtlichen Anspruch beinhalten, also Schadensersatz- oder Schmerzensgeldanspruch. Dieser darf aber auch noch nicht anderweitig bei Gericht geltend gemacht worden sein. Ist der Schadensersatzanspruch noch nicht bezifferbar, ist auch ein Feststellungsantrag möglich. Kein Adhäsionsantrag kann jedoch gegen Minderjährige oder verhandlungsunfähige Angeklagte gestellt werden.

Adhäsionsverfahren und Nebenklage

Im Gegensatz zur Nebenklage sind alle Delikte, bei denen den Opfern ein Schaden entsteht, geeignet für das Adhäsionsverfahren. Damit die Nebenklage zugelassen werden kann, muss es sich um ein sogenanntes nebenklagefähiges Delikt aus § 395 StPO handeln. Eine Kombination von Nebenklage und Adhäsionsverfahren ist unproblematisch möglich.

Zu berücksichtigen ist zwar, dass auch der Adhäsionskläger gewisse prozessuale Rechte hat, diese gehen jedoch nicht so weit wie die eines Nebenklägers. Beispielsweise kann der Adhäsionskläger nur Beweisanträge dahingehend stellen, was seinen Anspruch betrifft. Dagegen ist es ihm unter anderem nicht möglich, Anträge zu stellen wie beispielsweise die Wortprotokollierung, die insbesondere in Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen relevant ist.

Achtung! Sofern für die Beiordnung eines Beistands der Nebenklage Prozesskostenhilfe bewilligt wird, gilt diese nicht automatisch für das Adhäsionsverfahren. Dazu muss separat Prozesskostenhilfe beim Gericht beantragt werden.

Vergleich

Ratsam ist es, im Adhäsionsverfahren eine Einigung zu erzielen. Dies kann sich im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs für den Angeklagten deutlich strafmildernd auswirken. Sofern der Angeklagte jedoch aufgrund seiner Haft nicht leistungsfähig ist, ist dies unbedingt in der Einigung anzugeben. Andernfalls droht eine Strafbarkeit wegen Betruges.

Es kann auch eine sogenannte Ehrenerklärung angestrebt werden, der Abschluss eines Vergleichs ist deswegen nicht auf vermögensrechtliche Gegenstände beschränkt. Die Einigung wird durch das Gericht protokolliert. Dies kann dann als Vollstreckungstitel gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) genutzt werden.

Adhäsionsverfahren: Kosten

Der Verletzte kann Prozesskostenhilfe für das Adhäsionsverfahren beantragen, sofern er aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage ist, die Kosten des Adhäsionsverfahrens aufzubringen. Daneben muss – genauso wie im zivilgerichtlichen Rechtsstreit – eine hinreichende Erfolgsaussicht gemäß § 114 ZPO bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn der Anspruch schlüssig dargelegt ist und die Beweismittel zur Verfügung stehen. Auch darf keine Mutwilligkeit vorliegen. Dies bedeutet, dass der Anspruch auch leichter durchsetzbar wäre oder ein vernünftiger durchschnittlicher Mensch den Anspruch nicht geltend machen würde. Ansonsten richten sich die Anwaltskosten nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und sind streitwertabhängig. Sofern eine Rechtschutzversicherung besteht, trägt diese oftmals auch die Kosten. Wird ein Vergleich erzielt, fällt neben der Verfahrensgebühr VV 4143 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) auch noch die sogenannte Einigungsgebühr nach VV 1003.1 RVG an.

Der Angeklagte wird – sofern er durch einen Pflichtverteidiger vertreten ist – zunächst keine zusätzlichen Anwaltskosten zu tragen haben. Hintergrund ist, dass die Beiordnung eines Pflichtverteidigers auch die Vertretung im Adhäsionsverfahren umfasst. In der Regel wird jedoch im Falle einer Verurteilung der Angeklagte später auch die Kosten des Adhäsionsverfahrens zu tragen haben. Im Falle eines Freispruchs trägt der Verletzte die Kosten, genauso wie im zivilgerichtlichen Rechtsstreit.

Absehen von einer Entscheidung

Gemäß § 406 Abs. 1 S. 3–6 StPO kann das Gericht von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag in den folgenden Fällen absehen:

  • Der Antrag ist unzulässig.
  • Der Antrag ist unbegründet.
  • Der Antrag ist für die Erledigung im Strafverfahren nicht geeignet.

Gemäß § 406 Abs. 1 S. 5 StPO ist der Antrag insbesondere dann zur Erledigung im Strafverfahren nicht geeignet, wenn seine weitere Prüfung, auch soweit eine Entscheidung nur über den Grund oder einen Teil des Anspruchs in Betracht kommt, das Verfahren erheblich verzögern würde. Soweit der Antragsteller Anspruch auf ein Schmerzensgeld geltend macht, ist eine Ablehnung aus diesem Grund jedoch unzulässig.

Adhäsionsverfahren: Nachteile

Da die Strafgerichte nicht schwerpunktmäßig mit der Verhängung von Schmerzensgeldern befasst sind, ist eine Bezifferung des Schmerzensgeldes oft nicht so präzise möglich wie im zivilgerichtlichen Verfahren. Das kann dazu führen, dass ein zu geringer, aber auch ein zu hoher Betrag ausgeurteilt wird. Daneben wird in der Regel kein separates medizinisches Sachverständigengutachten zur Frage der Verletzungen eingeholt. Das Adhäsionsverfahren ist damit etwas oberflächlicher als ein zivilgerichtlicher Rechtsstreit.

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Schmerzensgeldanspruch aus einer sogenannten deliktischen Handlung besteht. Dieser erhöht das Schmerzensgeld entsprechend.

Fazit

Das Adhäsionsverfahren bietet sowohl für Opfer als auch für Angeklagte Vorteile. Es lohnt sich, sich hierzu anwaltlich beraten zu lassen.

Foto(s): ©Adobe Stock/Piman Khrutmuang, ©Adobe Stock/Birgit Reitz-Hofmann

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