Strafverfolgungshindernisse oder: welche Umstände verbieten dem Staat ein Strafverfahren?

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Dem Staat ist es bei den nachstehenden Umständen gesetzlich verboten, ein Strafverfahren aufzunehmen:

- Strafunmündigkeit 

§ 19 StGB regelt, dass strafunmündig ist, wer bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist. Davon zu unterscheiden ist die Möglichkeit eines pädagogischen Gesprächs z.B. der Polizei mit den Eltern des/der unter 14-Jährigen und/ oder die Meldung eines Vorgangs über Strafunmündige zum Jugendamt.

Gegen einen zur Tatzeit unter 14- Jährigen darf ein Strafverfahren nicht aufgenommen werden.

- Verjährung 

Wenn eine Straftat verjährt ist, darf sie nicht mehr verfolgt werden, § 78 StGB

§ 78 Absatz 2 regelt die Verjährungsfristen; Mord verjährt nicht. Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind, zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind, fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind, drei Jahre bei den übrigen Taten.

Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.

- Fehlender (oder späterer Wegfall) des Strafantrags bei Antragsdelikten 

Im Falle bestimmter Vergehen erfordert das Strafgesetz, das der Geschädigte selbst immer einen Strafantrag schriftlich stellt, was nach § 77 StGB fristgebunden ist (Frist: 3 Monate ab Kenntnis von Täter von Tat). Andernfalls kann ein Verfahren nicht aufgenommen werden, die einmal gestellte Strafanzeige bei der Polizei ändert daran nichts.

Straftaten, die ohne Strafantrag nicht verfolgt werden können, sind:

Die Beleidigung nach § 185 StGB, welche nach 194 StGB Antrag erfordert.

Der Hausfriedensbruch nach § 123 StGB, welcher nach § 123 Abs. 2 StGB Antrag erfordert.

Der Haus-, Familiendiebstahl nach § 247 StGB, denn wenn durch einen Diebstahl oder eine Unterschlagung ein Angehöriger, der Vormund oder der Betreuer verletzt oder der Verletzte mit dem Täter in häuslicher Gemeinschaft lebt, so wird die Tat nur auf Antrag verfolgt.

Anwendbar ist dies auch für den Betrug innerhalb o. g. Familie § 263 StGB, für die Unterschlagung innerhalb o. g. Familie § 246 StGB, für die Untreue (Erbunterschlagung, Erbveruntreuung) § 266 StGB.

Die Entziehung elektrischer Energie § 248 c StGB, deren modifizierte Begehung nach § 248 c StGB einen Strafantrag nach § 248 c Abs. 4 StGB erfordert.

Wenn in Fällen benannter absoluten Antragsdelikte kein Strafantrag seitens des/der Geschädigten gestellt ist oder später (noch in der Beweisaufnahme der Hauptverhandlung möglich) zurückgenommen wird (z. B. gegen Zahlung), kann ein Strafverfahren nicht aufgenommen bzw. (bei Rücknahme in der Verhandlung) auf Strafe nicht erkannt werden.

- Immunität

§§ 18-20 GVG regeln, dass mangels Unterworfenheit unter die deutsche Gerichtsbarkeit wegen diplomatischer Beziehungen und Unanwendbarkeit des deutschen Strafrechts nach §§ 3 ff StGB keine Strafe verhängt und kein Verfahren aufgenommen werden darf.

Die Mitglieder der im Geltungsbereich dieses Gesetzes errichteten diplomatischen Missionen, ihre Familienmitglieder und auch ihre privaten Hausangestellten sind nach Maßgabe des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961 (WÜK, Bundesgesetzblatt 1964 II S. 957ff.) von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit.

Gegen einen Diplomaten oder dessen Familienangehörige oder dessen (private Haus-)Angestellte darf ein Strafverfahren nicht aufgenommen werden.

Gegen Bundestagsabgeordnete (Art. 46 GG) darf ebenso wenig ein Strafverfahren aufgenommen werden, die Aufhebung der Immunität kann per 2-3 Mehrheit im Bundestag beschlossen werden.

- Exterritorialität

Straftaten, die von Deutschen außerhalb des Geltungsbereiches des deutschen Strafrechts begangen wurden, können nicht verfolgt werden. Nach dem Tatortprinzip des § 7 StPO ist der Gerichtsstand immer bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk die Straftat begangen wurde.

Bei Auslandstaten auf Schiffen, die berechtigt sind, die Bundesflagge zu führen (Carola Rakete) oder in Luftfahrzeugen ist nach § 10 StPO das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Heimathafen oder der Hafen im Geltungsbereich dieses Gesetzes liegt, den das Schiff nach der Tat zuerst erreicht. Dasselbe gilt für Luftfahrzeuge, die berechtigt sind, das Staatszugehörigkeitszeichen der Bundesrepublik Deutschland zu führen.

Nach § 10 a StPO ist für eine Straftat, die außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes im Bereich des Meeres begangen wird und ein anderer Gerichtsstand nicht begründet ist, Hamburg Gerichtsstand; zuständiges Amtsgericht ist dann das Amtsgericht Hamburg.

Wenn einer der oben benannten Umstände vorliegt, darf ein Strafverfahren nicht aufgenommen werden. D. Lehnert RA, FAStR, PDoz



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