Streik am 27. März 2023 - die Rechte von Reisenden und Fluggästen

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Am 27. März 2023 droht ein großer Streik, ausgerufen von den Gewerkschaften EVG und Ver.di, mit dem Ziel, den gesamten Schienen- und Luftverkehr lahmzulegen.  Betreiber von Flughäfen fordern Passagiere, die Flüge für diesen Tag gebucht haben, auf, gar nicht erst zum Flughafen anzureisen. Reiseveranstalter hingegen fordern ihre Reisenden auf, zum Flughafen zu fahren und sich an die Fluggesellschaft zu wenden. Der Verkehrsflughafen Frankfurt am Main hat bereits mitgeteilt,  dass am 27. März 2023 keine Flüge abgefertigt werden können.

Ver.di zufolge betreffen die Warnstreiks an den Flughäfen die Verhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, der Bodenverkehrsdienste sowie die Beschäftigten der Luftsicherheit.

Welche Rechte entwickeln sich aus dieser besonderen Situation für Pauschalreisetouristen bzw. Fluggäste?

Die Rechte der Fluggäste

 Fluggäste haben Anspruch darauf, dass die Fluggesellschaft nach einer Annullierung von Flügen einen möglichst zeitnahen Ersatzflug anbietet oder aber  nach Wunsch des Fluggastes den Ticketpreis zurückzahlt, wenn kein  Interesse an der verspäteten Beförderung besteht.

 Sollte sich der Fluggast für die Forderung einer Ersatzbeförderung entscheiden, so muss diese im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten des Luftfahrtunternehmens unverzüglich angeboten werden.

Bietet  das Luftfahrtunternehmen trotz Aufforderung des Fluggastes keinen zeitnahen Ersatzflug an, können Ansprüche auf Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechte-Verordnung zwischen 250,00 €  bis zu 600,00 €  – je nach Flugentfernung – entstehen. 

Fluggäste, die für den 27. März 2023 einen Flug gebucht haben, sollten sich möglichst umgehend an ihr Luftfahrtunternehmen wenden, um die Beförderungsmöglichkeiten in Erfahrung zu bringen.

 Bietet das Luftfahrtunternehmen keinen zeitnahen Ersatzflug an, besteht  für den Fluggast die Möglichkeit, eigenverantwortlich einen Ersatz zu buchen und die hierfür entstehenden Mehrkosten von den Luftfahrtunternehmen, mit dem er der einen Vertrag geschlossen hat, zurückzufordern. Allerdings ist  hier eine vorherige Fristsetzung vor Buchung des Ersatzfluges notwendig.

Anders als beim Streik der Beschäftigten der Luftfahrtunternehmen ist in diesem Arbeitskampf ein außergewöhnlicher Umstand zu sehen, der die Luftfahrtunternehmen von der Verpflichtung, eine Ausgleichszahlung leisten zu müssen, befreit. Zwar hatte der Gerichtshof der Europäischen Union am 23. März 2021 entschieden ( Rechtssache C-28/20), dass der Streikaufruf einer Gewerkschaft von Beschäftigten eines ausführenden Luftfahrtunternehmens, der zur Durchsetzung von Forderungen der Beschäftigten dieses Unternehmens dient, nicht als außergewöhnlicher Umstand anzusehen ist. Das Gericht hat aber hervorgehoben, dass diese die Rechte der Fluggesellschaft einschränkende Vorschrift nur dann greift, wenn eigenes Personal, auf das Luftfahrtunternehmen Einfluss nehmen können, streikt. Der aktuelle Streik betrifft aber in erster Linie Personal, das am Flughafen angestellt ist (Bodenabfertigungsdienste/Luftsicherheit), sodass die Fluggesellschaften auf die Tarifverhandlungen keinen Einfluss nehmen können. Dieser Streik ist daher als außergewöhnlicher Umstand zu werten, sodass die Luftfahrtunternehmen keine pauschale Ausgleichszahlung (je nach Flugentfernung zwischen 250 und 600 €) leisten müssen.
Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn das Luftfahrtunternehmen seiner Verpflichtung zur zeitnahen Bereitstellung eines Ersatzfluges (im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten) nicht nachkommt. Dann könnte trotz Vorliegens eines außergewöhnlichen Umstandes die Ausgleichszahlung fällig werden, da dem Luftfahrtunternehmen entgegengehalten werden kann, dass es nicht alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Auswirkungen der Annullierung zu vermeiden.

Die Rechte der Pauschalreisenden 

 Flugreisende, deren Flüge Bestandteil einer Pauschalreise sind,  sollten sich unverzüglich  bei dem Reiseveranstalter, mit dem sie den Pauschalreisevertrag schlossen haben, melden, um Informationen über die Beförderungsmöglichkeiten zu erhalten. Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, für seine Kunden umgehend Ersatzflüge im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten bereitzustellen. Lehnt der Reiseveranstalter die Bereitstellung eines Ersatzfluges ab, kann der Reisende den Rücktritt vom Pauschalreisevertrag erklären, den Reisepreis zurückfordern sowie eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit verlangen. Wenn der Reiseveranstalter allerdings zeitnah einen  Ersatzflug organisiert und der Kunde die Reise "nur"  verspätet antritt, bestehen dennoch Ansprüche auf Minderung des Reisepreises, d. h. eine Erstattung des Reisepreises für die nicht in Anspruch genommenen Urlaubstage. Wichtig ist, dass sich Reisende an ihren Reiseveranstalter wenden und die möglichst umgehende Beförderung verlangen, idealerweise unter Fristsetzung. 

 So besteht beispielsweise auch das Recht, dass der Flugreisende eigenständig einen Ersatzflug bucht, um seine Urlaubsreise antreten zu können. Auch hier muss der Reiseveranstalter nach entsprechender Fristsetzung vor Buchung eines Ersatzfluges dessen Kosten erstatten.

Welche Rechte sich in der jeweiligen Situation entwickeln,  hängt stets vom konkreten Einzelfall ab.

Was können Sie von uns erwarten?

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Foto(s): Holger Hopperdietzel

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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