Streitwert bei einer Scheidung

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Der Streitwert bei einer Scheidung bestimmt, wie hoch die Gebühren für das Scheidungsverfahren ausfallen. Sie haben es teils selbst in der Hand, den Kostenaufwand für Ihre Scheidung gering zu halten. Wenn Sie wissen, wie Sie dabei viel Geld sparen, stellen Sie die Weichen, dass Sie Ihre Scheidung nicht nur zügig, sondern auch kostensparend abwickeln. Jeder Euro, den Sie insoweit sparen, ist eine gute Investition in Ihre Zukunft.

Streitwert, Verfahrenswert, Gegenstandswert - was bedeuten diese Begriffe?

Ist ein Gericht berufen, in einem Rechtsstreit oder in einem rechtlichen Verfahren eine Entscheidung zu treffen, benötigt es einen Ansatz, um die Gerichts- und Anwaltsgebühren festzusetzen. Das ist der so genannte Streitwert.

In familienrechtlichen Verfahren, sei es Scheidung, Zugewinnausgleich, Sorgerecht oder Ehegattenunterhalt werden die Streitwerte ausdrücklich als Verfahrenswerte bezeichnet. Grund ist, dass der Gesetzgeber bewusst darauf abstellt, dass Ihre Scheidung nach Möglichkeit nicht als rechtlichen Auseinandersetzung, sondern als Verfahren unter angemessener Berücksichtigung der Interessen beider Ehepartner geführt wird. Deshalb heißt der Streitwert im Scheidungsrecht speziell Verfahrenswert. Das Familiengericht entscheidet hier nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss. Beantragen Sie die Scheidung, werden Sie auch nicht als Kläger und Beklagter, sondern als Antragsteller und Antragsgegner bezeichnet.

Der Gegenstandswert bei der Scheidung kommt zum Ansatz, wenn ein Rechtsanwalt außergerichtlich tätig wird und seine Dienstleistung wertmäßig erfasst. Vertritt Sie der Anwalt dann gerichtlich, bestimmt sich der Streitwert oder der Verfahrenswert nach den gleichen Grundsätzen, nach denen auch der Gegenstandswert erfasst wird.

Wie berechnet sich der Streitwert bei einer Scheidung?

Der Verfahrenswert für Ihre Scheidung bestimmt sich nach dem „Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen“ (§ 43 FamGKG). Danach soll das Familiengericht den Verfahrenswert „unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten nach eigenem Ermessen“ bestimmen. Allerdings darf der Verfahrenswert nicht unter 3.000 EUR angesetzt werden.

Die Festsetzung des Verfahrenswertes vollzieht sich in mehreren Schritten. Dabei ist immer darauf abzustellen, was das Gericht zu beurteilen hat. Unterscheiden Sie also unter anderem den Verfahrenswert für das Scheidungsverfahren, den Versorgungsausgleich, das Sorgerecht oder den Verfahrenswert, falls Sie Unterhalt fordern oder Unterhalt zahlen müssen.

  • Sind Sie Arbeitnehmer, bestimmen sich die Einkommensverhältnisse nach dem in den letzten drei Monaten erzielten Nettoeinkommen beider Ehegatten. Beantragen Sie die Scheidung, bestimmt also nicht nur Ihr eigenes Einkommen, sondern auch das Einkommen Ihres Ehepartners den Verfahrenswert für Ihre Scheidung.
  • Sind Sie selbstständig, freiberuflich oder unternehmerisch tätig, kommt es auf Ihre Einnahmen-Überschussrechnung, Ihre Bilanzen oder Ihre Einkommensteuerbescheide ein.
  • Außerdem fließen auch eventuelle Kapitaleinnahmen und Mieteinkünfte aus der Vermietung einer Immobilie oder Steuerrückzahlungen in die Berechnung Ihres Einkommens ein.

Rechenbeispiel für den Verfahrenswert

Sie verdienen netto 1.500 EUR im Monat. Ihr Ehepartner verdient 2.000 EUR. Sie haben zwei gemeinsame Kinder. Ihr Gesamteinkommen beträgt also 3500 EUR.

Dieser Betrag wird mit der Zahl 3 multipliziert. Es ergibt sich ein Verfahrenswert von 10.500 EUR.

Da Sie für Ihre Kinder einen Freibetrag von jeweils 250 EUR abziehen dürfen, reduziert sich der Verfahrenswert auf 10.000 EUR.

Dieser Verfahrenswert gilt aber nur für die Scheidung als solche. Muss das Familiengericht noch weitere Entscheidungen treffen, kommen weitere Verfahrenswerte hinzu. Dadurch erhöht sich der Gesamtverfahrenswert für Scheidung.

Eigenheim und Bankguthaben

Besitzen Sie Vermögenswerte, erhöht sich der Verfahrenswert für Ihre Scheidung um den Wert Ihres Vermögens. Bargeld lässt sich einfach beziffern. Sachwerte sind nach dem Verkehrswert zu schätzen. Dabei dürfen Sie Verbindlichkeiten weitgehend berücksichtigen. Der sich ergebende Vermögenswert wird aber erst berücksichtigt, wenn dieser eine bestimmte Freigrenze überschreitet.

Die Gerichte gewähren je nach Gerichtsbezirk unterschiedlich hohe Freibeträge. Diese liegen zwischen 15.000 EUR und 30.000 EUR, teils aber auch noch höher. Davon wiederum fließen nur 5 % bis 10 % in die Berechnung des Verfahrenswertes ein.

Zum Beispiel:

  • Verkehrswert Ihres Einfamilienhauses: 200.000 EUR
  • Bankguthaben: 50.000 EUR
  • Baufinanzierung Restdarlehen: 100.000 EUR
  • Freibetrag Ehepartner 1: 30.000 EUR
  • Freibetrag Ehepartner 2: 30.000 EUR
  • Es ergeben sich anrechenbare Vermögenswerte von: 90.000 EUR
  • Davon sind mindestens 5 % = 4.500 EUR anrechnungsfähig und fließen in die Berechnung des Verfahrenswertes ein.

Verfahrenswert für die rechtlichen Folgen der Scheidung

Wir haben bislang nur den Verfahrenswert für Ihr Scheidungsverfahren berücksichtigt. Je mehr es zu regeln gibt, desto höher fällt der Verfahrenswert am Ende aus.

Muss das Familiengericht von Amts wegen den Versorgungsausgleich durchführen, kommt ein zusätzlicher Verfahrenswert hinzu. Der Verfahrenswert für den Versorgungsausgleich beträgt für jedes Anrecht 10 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens beider Ehepartner, beträgt jedoch mindestens 1.000 EUR. Der Verfahrenswert für die Durchführung des Versorgungsausgleichs erhöht also den Gesamtverfahrenswert für Ihre Scheidung.

Weitere Beispiele:

  • Aufteilung Ihres Hausrats: 2.000 EUR (Regelwert)
  • Regelung der Nutzungsverhältnisse an Ihrer ehelichen Wohnung: 3.000 EUR (Regelwert)
  • Regelung des Sorge- und Umgangsrechts für Ihr gemeinsames Kind: 3.000 EUR (Regelwert)
  • Regelung des Ehegattenunterhalts: 12-fache Höhe Ihrer Forderung (z.B. 12 x 300 EUR = 3.600 EUR)
  • Regelung des Zugewinnausgleichs: Betrag Ihrer Forderung (z.B. 20.000 EUR)

Scheidungskosten sparen

Wahrscheinlich haben Sie nunmehr den Eindruck, dass Ihre Scheidung eine kostenträchtige Angelegenheit sein wird. Das muss sie aber nicht. Zwar fallen immer Gerichts- und Anwaltskosten an, doch so können Sie diese möglichst gering halten:

Einvernehmliche Scheidung

Möchten Sie Ihre Scheidung kostengünstig gestalten, müssen Sie den Verfahrenswert so gering wie möglich halten. Ihr Ziel sollte also darin bestehen, dass Sie Ihre Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen mit Ihrem Ehepartner abwickeln. Vermeiden Sie dazu möglichst die streitige Scheidung und lassen Sie es nicht darauf ankommen, dass das Familiengericht Ihren Streit entscheiden muss. gibt es selten echte Sieger oder Verlierer.

Scheidungsfolgenvereinbarung

Stimmen Sie mit Ihrem Ehepartner wegen der Voraussetzungen der Scheidung (z.B. Trennungsjahr) und der Regelung der Scheidungsfolgen überein, können Sie die streitige Scheidung leicht vermeiden. Soweit Sie eine Scheidungsfolgen dennoch rechtsverbindlich geregelt wissen möchten, sollten Sie eine Scheidungsfolgenvereinbarung verhandeln und dokumentieren. Darin regeln Sie alle Rechte und Pflichten, die Sie im Hinblick auf Ihre Trennung und Scheidung klären möchten. Vornehmlich dann, wenn es um finanzielle Absprachen geht, müssen Sie die Scheidungsfolgenvereinbarung notariell bei einem Notar Ihrer Wahl beurkunden lassen. Nur dann ist die Vereinbarung rechtlich verbindlich und lässt sich notfalls auch zwangsweise durchsetzen.

Anwaltliche Vertretung

Bei einer streitigen Scheidung muss jeder Ehepartner seine eigene anwaltliche Vertretung beauftragen. Es versteht sich, dass dadurch die Kosten steigen. Lassen Sie sich im Einvernehmen scheiden, genügt es völlig, wenn Sie als Antragsteller einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin beauftragen, den Scheidungsantrag beim Familiengericht einzureichen. Bei dieser einvernehmlichen Scheidung braucht sich der andere Ehepartner nicht selbst anwaltlich vertreten zu lassen, da er keine Anträge stellen muss. Es fallen also keine Gebühren für einen zweiten Anwalt an. Im Idealfall verständigen Sie sich mit Ihrem Ehepartner, dass Sie sich die Verfahrenskosten für Ihre Scheidung untereinander aufteilen.

Alles in allem

Scheidungskosten fallen immer an, doch mit etwas Kompromissbereitschaft und Vorarbeit können Sie viel Geld sparen. Bemühen Sie sich um eine einvernehmliche Scheidung. Gerne unterstütze ich Sie dabei.  


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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